Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.er die Inquifitin in die 49. Jahr zur Ehe gehabt, aber nichts verdächtiges an ihr gemercket; inzwischen hatte ein von ihr selbst angegebener defensional Zeuge fol. 88. ausgesagt, daß sie gewohnet gewesen viel Brandewein zu trincken, und darauff hier und dar herumb zu gehen.) Kurtz von der Sache zu kommen, der Herr Gerichts Director vermeynte obige neue Indicia dergestalt beschaffen zu seyn, daß er das Leipziger Urtheil der Inquisitin nicht publiciret, sondern Inquisitin über die daraus von neuen formirte Artickel verhöret und confrontiret, auch hernach die Acta hieher verschicket: da dann a Facultate nostra folgendes Urtheil gesprochen worden: Daß es der von neuen beygebrachten unzulänglichen indicien unerachtet bey dem fol. 138. befindlichen Leipziger Urtheil billich verbleibet: dannenhero dasselbe der Inquisitin ohne fernern Verzug zu publiciren, und es überall seinen Innhalt nach zur execution zu bringen. §. VII. Ob aber der Herr Gerichts-Director solches auch gethan,Allerhand Anmerckungen / sonderlich von der Würckung einer starcken Einbildung und grossen Schreckens. und die Inquisitin dadurch in Sicherheit gesetzet, oder ob nicht nachhero neue indicia wieder sie vorgesucht worden, kan ich nicht berichten, weil ich davon nichts erfahren. Die rationes decidendi unsers Urtheils betreffend, waren keine von uns begehret worden, und überlasse ich dieselbe zu errathen des geneigten Lesers eigenen Nachdencken, zumahlen selbige aus dem was bißher excerpiret und bey einen und andern indicio kürtzlich in parenthesi angemercket worden, leicht abzunehmen sind. Wenn ich bedencke, daß allbereit anno 1621. ein berühmter Tubingischer Theologus und Professor D. Theodorius Thummius in einer Disputation, de sagarum impietate, nocendi imbe cilitate, & poenae gravitate, (die nachhero anno 1667. zu Tubingen wieder auffgelegt worden,) die gemeinen errores von Hexen-Wesen grösten theils (obschon nach dem Zustand damahliger Zeiten nicht alle) angemercket, kan ich mich nicht genung verwundern, daß die Juristen insgemein dennoch so hartnäckigt geblieben, und dieselben zu vertheydigen sich so hertzlich angelegen seyn lassen; massen denn Anno 1689. Herr D. Joh. Henr. Pott damahliger Regierungs-Advocat einen Tractat de nefando Lamiarum cum Diabolo coitu zu Jena drucken lassen, und in demselben sich bemühet, in specie Doct. Thummium zu refutiren. In übrigen bescheide ich mich, daß das bey gegenwärtigen casu angegebene indicum 20. von der Möllerschen wunderbahren Kranckheit bey vielen einen Zweiffel erwecken werde; aber so wenig dieser Zweiffel die Herren Lipsienses zu bewegen fähig war, daß sie nicht hätten er die Inquifitin in die 49. Jahr zur Ehe gehabt, aber nichts verdächtiges an ihr gemercket; inzwischen hatte ein von ihr selbst angegebener defensional Zeuge fol. 88. ausgesagt, daß sie gewohnet gewesen viel Brandewein zu trincken, und darauff hier und dar herumb zu gehen.) Kurtz von der Sache zu kommen, der Herr Gerichts Director vermeynte obige neue Indicia dergestalt beschaffen zu seyn, daß er das Leipziger Urtheil der Inquisitin nicht publiciret, sondern Inquisitin über die daraus von neuen formirte Artickel verhöret und confrontiret, auch hernach die Acta hieher verschicket: da dann a Facultate nostra folgendes Urtheil gesprochen worden: Daß es der von neuen beygebrachten unzulänglichen indicien unerachtet bey dem fol. 138. befindlichen Leipziger Urtheil billich verbleibet: dannenhero dasselbe der Inquisitin ohne fernern Verzug zu publiciren, und es überall seinen Innhalt nach zur execution zu bringen. §. VII. Ob aber der Herr Gerichts-Director solches auch gethan,Allerhand Anmerckungen / sonderlich von der Würckung einer starcken Einbildung und grossen Schreckens. und die Inquisitin dadurch in Sicherheit gesetzet, oder ob nicht nachhero neue indicia wieder sie vorgesucht worden, kan ich nicht berichten, weil ich davon nichts erfahren. Die rationes decidendi unsers Urtheils betreffend, waren keine von uns begehret worden, und überlasse ich dieselbe zu errathen des geneigten Lesers eigenen Nachdencken, zumahlen selbige aus dem was bißher excerpiret und bey einen und andern indicio kürtzlich in parenthesi angemercket worden, leicht abzunehmen sind. Wenn ich bedencke, daß allbereit anno 1621. ein berühmter Tubingischer Theologus und Professor D. Theodorius Thummius in einer Disputation, de sagarum impietate, nocendi imbe cilitate, & poenae gravitate, (die nachhero anno 1667. zu Tubingen wieder auffgelegt worden,) die gemeinen errores von Hexen-Wesen grösten theils (obschon nach dem Zustand damahliger Zeiten nicht alle) angemercket, kan ich mich nicht genung verwundern, daß die Juristen insgemein dennoch so hartnäckigt geblieben, und dieselben zu vertheydigen sich so hertzlich angelegen seyn lassen; massen denn Anno 1689. Herr D. Joh. Henr. Pott damahliger Regierungs-Advocat einen Tractat de nefando Lamiarum cum Diabolo coitu zu Jena drucken lassen, und in demselben sich bemühet, in specie Doct. Thummium zu refutiren. In übrigen bescheide ich mich, daß das bey gegenwärtigen casu angegebene indicum 20. von der Möllerschen wunderbahren Kranckheit bey vielen einen Zweiffel erwecken werde; aber so wenig dieser Zweiffel die Herren Lipsienses zu bewegen fähig war, daß sie nicht hätten <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0237" n="231"/> er die Inquifitin in die 49. Jahr zur Ehe gehabt, aber nichts verdächtiges an ihr gemercket; inzwischen hatte ein von ihr selbst angegebener defensional Zeuge fol. 88. ausgesagt, daß sie gewohnet gewesen viel Brandewein zu trincken, und darauff hier und dar herumb zu gehen.) Kurtz von der Sache zu kommen, der Herr Gerichts Director vermeynte obige neue Indicia dergestalt beschaffen zu seyn, daß er das Leipziger Urtheil der Inquisitin nicht publiciret, sondern Inquisitin über die daraus von neuen formirte Artickel verhöret und confrontiret, auch hernach die Acta hieher verschicket: da dann a Facultate nostra folgendes Urtheil gesprochen worden: Daß es der von neuen beygebrachten unzulänglichen indicien unerachtet bey dem fol. 138. befindlichen Leipziger Urtheil billich verbleibet: dannenhero dasselbe der Inquisitin ohne fernern Verzug zu publiciren, und es überall seinen Innhalt nach zur execution zu bringen.</p> <p>§. VII. 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Theodorius Thummius in einer Disputation, de sagarum impietate, nocendi imbe cilitate, & poenae gravitate, (die nachhero anno 1667. zu Tubingen wieder auffgelegt worden,) die gemeinen errores von Hexen-Wesen grösten theils (obschon nach dem Zustand damahliger Zeiten nicht alle) angemercket, kan ich mich nicht genung verwundern, daß die Juristen insgemein dennoch so hartnäckigt geblieben, und dieselben zu vertheydigen sich so hertzlich angelegen seyn lassen; massen denn Anno 1689. Herr D. Joh. Henr. Pott damahliger Regierungs-Advocat einen Tractat de nefando Lamiarum cum Diabolo coitu zu Jena drucken lassen, und in demselben sich bemühet, in specie Doct. Thummium zu refutiren. In übrigen bescheide ich mich, daß das bey gegenwärtigen casu angegebene indicum 20. von der Möllerschen wunderbahren Kranckheit bey vielen einen Zweiffel erwecken werde; aber so wenig dieser Zweiffel die Herren Lipsienses zu bewegen fähig war, daß sie nicht hätten </p> </div> </body> </text> </TEI> [231/0237]
er die Inquifitin in die 49. Jahr zur Ehe gehabt, aber nichts verdächtiges an ihr gemercket; inzwischen hatte ein von ihr selbst angegebener defensional Zeuge fol. 88. ausgesagt, daß sie gewohnet gewesen viel Brandewein zu trincken, und darauff hier und dar herumb zu gehen.) Kurtz von der Sache zu kommen, der Herr Gerichts Director vermeynte obige neue Indicia dergestalt beschaffen zu seyn, daß er das Leipziger Urtheil der Inquisitin nicht publiciret, sondern Inquisitin über die daraus von neuen formirte Artickel verhöret und confrontiret, auch hernach die Acta hieher verschicket: da dann a Facultate nostra folgendes Urtheil gesprochen worden: Daß es der von neuen beygebrachten unzulänglichen indicien unerachtet bey dem fol. 138. befindlichen Leipziger Urtheil billich verbleibet: dannenhero dasselbe der Inquisitin ohne fernern Verzug zu publiciren, und es überall seinen Innhalt nach zur execution zu bringen.
§. VII. Ob aber der Herr Gerichts-Director solches auch gethan, und die Inquisitin dadurch in Sicherheit gesetzet, oder ob nicht nachhero neue indicia wieder sie vorgesucht worden, kan ich nicht berichten, weil ich davon nichts erfahren. Die rationes decidendi unsers Urtheils betreffend, waren keine von uns begehret worden, und überlasse ich dieselbe zu errathen des geneigten Lesers eigenen Nachdencken, zumahlen selbige aus dem was bißher excerpiret und bey einen und andern indicio kürtzlich in parenthesi angemercket worden, leicht abzunehmen sind. Wenn ich bedencke, daß allbereit anno 1621. ein berühmter Tubingischer Theologus und Professor D. Theodorius Thummius in einer Disputation, de sagarum impietate, nocendi imbe cilitate, & poenae gravitate, (die nachhero anno 1667. zu Tubingen wieder auffgelegt worden,) die gemeinen errores von Hexen-Wesen grösten theils (obschon nach dem Zustand damahliger Zeiten nicht alle) angemercket, kan ich mich nicht genung verwundern, daß die Juristen insgemein dennoch so hartnäckigt geblieben, und dieselben zu vertheydigen sich so hertzlich angelegen seyn lassen; massen denn Anno 1689. Herr D. Joh. Henr. Pott damahliger Regierungs-Advocat einen Tractat de nefando Lamiarum cum Diabolo coitu zu Jena drucken lassen, und in demselben sich bemühet, in specie Doct. Thummium zu refutiren. In übrigen bescheide ich mich, daß das bey gegenwärtigen casu angegebene indicum 20. von der Möllerschen wunderbahren Kranckheit bey vielen einen Zweiffel erwecken werde; aber so wenig dieser Zweiffel die Herren Lipsienses zu bewegen fähig war, daß sie nicht hätten
Allerhand Anmerckungen / sonderlich von der Würckung einer starcken Einbildung und grossen Schreckens.
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