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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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stille und ruhig leben solte, mit Bestande zur emigration nicht gehalten werden, es wäre aber doch der Magistrat auf solchen Fall, wo anders die Obrigkeitlichen Aembter jedesmahl eintzig und alleine mit Evangelischen Personen besetzet, vielmehr aber, wenn von der Person bey Antretung derselben, wie vermuthlich, das juramentum religionis abgeleget worden, selbige der obhabenden Dienste und Aembter, honesto modo, und daß ja wieder den §. 35. art. V. Instrum. pacis in modo nicht verfahren werde, zu erlassen wohl befugt. Auf die andere Frage erachten wir vor recht: Obwohl scheinen möchte, daß die Eröffnung anderer Leute Brieffe an sich selbst eben keine verbothene Sache, sondern nach Gelegenheit der Umbstände wohl zugelassen sey, absonderlich zu der in Rechten zugelassenen Defension und wieder die von einem andern, dessen feindlich Gemüthe sattsam schon bekannt, besorgende Gefahr sich derselben wohl bedienet werden möge, um so vielmehr aber die hohe Landes-Obrigkeit um hinter eines wiederspenstigen Unterthanen gefährliche Consilia zu kommen, und dawieder in Zeiten gute Anstalt zu machen, hiezu berechtiget seyn müsse; endlich auch in der Frage angeführet wird, daß selbige nach des Michaelis Meynung in Resp. 21. qu. 1. pro quaerentibus ausgemachet sey; Dieweiln aber dennoch die Eröffnung frembder Brieffe, wo nicht durch sonderbahre Ursachen solches entschuldiget werden kan, adres prohibitas und zwar ad crimen stellionatus gerechnet zu werden pfleget, in gegenwärtigen Fall auch dergleichen Noth, und daß das gemeine Wesen anderer gestalt aus einer bevorstehenden Noth nicht gerettet werden könne, nicht vorhanden, inmassen dann wie bey der Haupt-Frage ausgeführet, die quaestionirte Person noch zur Zeit weder pro hoste noch auch der das gemeine Wesen zu ruiniren gedächte, nicht gehalten werden mag, weniger dahero, was de potestate Principis contra subditum seditiosum angeführet worden, allhier statt findet, zumahl die von sothaner Person einlauffende Brieffe nicht so wohl mit einer der Stadt zustehenden, als vtelmehr der Käyserl. Post ankommen, und daher um so vielweniger sich daran zu vergreiffen ist; im übrigen aber was des Michaelis allegirtes Responsum betrifft, der daselbst angeführte Casus von diesem gegenwärtigen gantz und gar unterschieden, die daselbst befindlichen rationes (wieder die doch ex jure noch wohl eines und das andere erinnert werden könte, mehr auf impunitatem aut mitigationem poenae, als auf plenam licentiam & honestatem ihr Absehen richten, auch der Autor daselbstiges factum nicht so wohl gäntzlich zu rechtfertigen, als vielmehr von dem dolo & poena zu entschuldigen suchet: So ist auch noch zur Zeit der Magistrat die von der offter wehnten Person an die seinigen, oder von dieser an denselben ablauffende Brieffe auf der Käyserl. Post zu intercipiren und zu eröffnen nicht befugt V. R. W.

§. IIX. Eben so war es auch mit dem andern Postscripto undDer dritte Neben- der daselbst von neuen angehengten Frage beschaffen, weshalben nicht nö-

stille und ruhig leben solte, mit Bestande zur emigration nicht gehalten werden, es wäre aber doch der Magistrat auf solchen Fall, wo anders die Obrigkeitlichen Aembter jedesmahl eintzig und alleine mit Evangelischen Personen besetzet, vielmehr aber, wenn von der Person bey Antretung derselben, wie vermuthlich, das juramentum religionis abgeleget worden, selbige der obhabenden Dienste und Aembter, honesto modo, und daß ja wieder den §. 35. art. V. Instrum. pacis in modo nicht verfahren werde, zu erlassen wohl befugt. Auf die andere Frage erachten wir vor recht: Obwohl scheinen möchte, daß die Eröffnung anderer Leute Brieffe an sich selbst eben keine verbothene Sache, sondern nach Gelegenheit der Umbstände wohl zugelassen sey, absonderlich zu der in Rechten zugelassenen Defension und wieder die von einem andern, dessen feindlich Gemüthe sattsam schon bekannt, besorgende Gefahr sich derselben wohl bedienet werden möge, um so vielmehr aber die hohe Landes-Obrigkeit um hinter eines wiederspenstigen Unterthanen gefährliche Consilia zu kommen, und dawieder in Zeiten gute Anstalt zu machen, hiezu berechtiget seyn müsse; endlich auch in der Frage angeführet wird, daß selbige nach des Michaelis Meynung in Resp. 21. qu. 1. pro quaerentibus ausgemachet sey; Dieweiln aber dennoch die Eröffnung frembder Brieffe, wo nicht durch sonderbahre Ursachen solches entschuldiget werden kan, adres prohibitas und zwar ad crimen stellionatus gerechnet zu werden pfleget, in gegenwärtigen Fall auch dergleichen Noth, und daß das gemeine Wesen anderer gestalt aus einer bevorstehenden Noth nicht gerettet werden könne, nicht vorhanden, inmassen dann wie bey der Haupt-Frage ausgeführet, die quaestionirte Person noch zur Zeit weder pro hoste noch auch der das gemeine Wesen zu ruiniren gedächte, nicht gehalten werden mag, weniger dahero, was de potestate Principis contra subditum seditiosum angeführet worden, allhier statt findet, zumahl die von sothaner Person einlauffende Brieffe nicht so wohl mit einer der Stadt zustehenden, als vtelmehr der Käyserl. Post ankommen, und daher um so vielweniger sich daran zu vergreiffen ist; im übrigen aber was des Michaelis allegirtes Responsum betrifft, der daselbst angeführte Casus von diesem gegenwärtigen gantz und gar unterschieden, die daselbst befindlichen rationes (wieder die doch ex jure noch wohl eines und das andere erinnert werden könte, mehr auf impunitatem aut mitigationem poenae, als auf plenam licentiam & honestatem ihr Absehen richten, auch der Autor daselbstiges factum nicht so wohl gäntzlich zu rechtfertigen, als vielmehr von dem dolo & poena zu entschuldigen suchet: So ist auch noch zur Zeit der Magistrat die von der offter wehnten Person an die seinigen, oder von dieser an denselben ablauffende Brieffe auf der Käyserl. Post zu intercipiren und zu eröffnen nicht befugt V. R. W.

§. IIX. Eben so war es auch mit dem andern Postscripto undDer dritte Neben- der daselbst von neuen angehengten Frage beschaffen, weshalben nicht nö-

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[255/0261] stille und ruhig leben solte, mit Bestande zur emigration nicht gehalten werden, es wäre aber doch der Magistrat auf solchen Fall, wo anders die Obrigkeitlichen Aembter jedesmahl eintzig und alleine mit Evangelischen Personen besetzet, vielmehr aber, wenn von der Person bey Antretung derselben, wie vermuthlich, das juramentum religionis abgeleget worden, selbige der obhabenden Dienste und Aembter, honesto modo, und daß ja wieder den §. 35. art. V. Instrum. pacis in modo nicht verfahren werde, zu erlassen wohl befugt. Auf die andere Frage erachten wir vor recht: Obwohl scheinen möchte, daß die Eröffnung anderer Leute Brieffe an sich selbst eben keine verbothene Sache, sondern nach Gelegenheit der Umbstände wohl zugelassen sey, absonderlich zu der in Rechten zugelassenen Defension und wieder die von einem andern, dessen feindlich Gemüthe sattsam schon bekannt, besorgende Gefahr sich derselben wohl bedienet werden möge, um so vielmehr aber die hohe Landes-Obrigkeit um hinter eines wiederspenstigen Unterthanen gefährliche Consilia zu kommen, und dawieder in Zeiten gute Anstalt zu machen, hiezu berechtiget seyn müsse; endlich auch in der Frage angeführet wird, daß selbige nach des Michaelis Meynung in Resp. 21. qu. 1. pro quaerentibus ausgemachet sey; Dieweiln aber dennoch die Eröffnung frembder Brieffe, wo nicht durch sonderbahre Ursachen solches entschuldiget werden kan, adres prohibitas und zwar ad crimen stellionatus gerechnet zu werden pfleget, in gegenwärtigen Fall auch dergleichen Noth, und daß das gemeine Wesen anderer gestalt aus einer bevorstehenden Noth nicht gerettet werden könne, nicht vorhanden, inmassen dann wie bey der Haupt-Frage ausgeführet, die quaestionirte Person noch zur Zeit weder pro hoste noch auch der das gemeine Wesen zu ruiniren gedächte, nicht gehalten werden mag, weniger dahero, was de potestate Principis contra subditum seditiosum angeführet worden, allhier statt findet, zumahl die von sothaner Person einlauffende Brieffe nicht so wohl mit einer der Stadt zustehenden, als vtelmehr der Käyserl. Post ankommen, und daher um so vielweniger sich daran zu vergreiffen ist; im übrigen aber was des Michaelis allegirtes Responsum betrifft, der daselbst angeführte Casus von diesem gegenwärtigen gantz und gar unterschieden, die daselbst befindlichen rationes (wieder die doch ex jure noch wohl eines und das andere erinnert werden könte, mehr auf impunitatem aut mitigationem poenae, als auf plenam licentiam & honestatem ihr Absehen richten, auch der Autor daselbstiges factum nicht so wohl gäntzlich zu rechtfertigen, als vielmehr von dem dolo & poena zu entschuldigen suchet: So ist auch noch zur Zeit der Magistrat die von der offter wehnten Person an die seinigen, oder von dieser an denselben ablauffende Brieffe auf der Käyserl. Post zu intercipiren und zu eröffnen nicht befugt V. R. W. §. IIX. Eben so war es auch mit dem andern Postscripto und der daselbst von neuen angehengten Frage beschaffen, weshalben nicht nö- Der dritte Neben-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/261>, abgerufen am 21.11.2024.