Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.der folgende Casus ein merckwürdig Exempel geben wird. Es wurdevieler Dinge beschuldiget worden nebst dessen erster Abfertigung. in eben demselben 1696. Jahre in November uns eine Frage zugeschickt: wie zwey Bürgemeister in einer gewissen Stadt zu bestraffen wären. Die-Burgemeister und die Stadt waren zwar deutlich mit Nahmen benennet, aber der Herr Quaerente hatte Bedencken getragen semen Nahmen zu nennen, sondern hatte sich Johann Augustum Holletto betittelt, und das datum seines Schreibens gesetzet, als wenn es zu Leipzig verfertiget worden. So hatte er auch die Cautel gebraucht, daß er uns nur Excerpta aus etlicher Zeugen Aussagen, nehmlich diejenigen, welche die beyden Burgemeister zu graviren scheinen, zugeschickt, und dabey nicht gemeldet, wer dieselben abgehöret hätte, und aus was für Macht und Autorität solches geschehen. Dannenhero muste er sich auch gefallen lassen, daß unser Collegium sich einer andern Cautel bediente, und ihm folgendes responsum zurück schickte: Als derselbe uns einen Bericht sammt Beylagen sub und 2. Fragen zugeschicket etc. Werden Bürgemeister Johann George V. Burgemeister Daniel A. zu E. nach Inhalt des überschickten Berichts beschuldiget, daß sie wieder ihre Pflicht bey denen Raths-Wahlen auch sonsten verschiedentlich gehandelt, und es haben einige Zeugen in denen beygelegten Rotulis sub & daß Burgemeister V. bey jüngster Rath-Wahl sein votum suspendiret gehabt, hiernechst vielfältig Advocat und Judex zugleich gewesen sey, nicht weniger mit denen Gefangenen colludiret, und Geschencke angenommen, beyde Bürgemeister aber, des Fisci Interesse geschwächet, unnöthige Proceße und Baue angefangen, auch falsche attestata unter des Raths-Siegel gemachet hätten, eydlich ausgesaget, daher derselbe, wie sie beyderseits dieser Begünstigungen halber zu bestraffen seyen? berichtet seyn will. Ob nun wohl Juristen Collegia auf die ihnen vorgelegten Fragen zu antworten und die Fragenden des Rechtens zu belehren verbunden, auch nicht ungewöhnlich, solche Fragen sub nominibus fictis vorzutragen. Dieweil aber dennoch die Collegia, daß man nicht etwa ihres Spruchs sich mißbrauchen und ad infamiam anderer bedienen möge, Achtung zu geben haben, auch zu dem Ende, wann ja nomina ficta eingebracht werden, wenigstens von wem die Frage herkomme, beyläufftig bekannt seyn muß, und dann daß in gegenwärtigem Fall der Quaerent eine nicht allzugute intention haben müsse, sondern einen andern zu graviren trachte, einiger Verdacht daher erwächset, daß, da er die Personen wieder welche unsere rechtliche Meynung verlanget wird, ausdrücklich benennet, sich alleine einen erdichteten Nahmen beyleget, hiernechst die acta incomplet und nicht derer Zeugen sämmtliche Aussage auf die in denen beygelegten Rotulis enthaltene articul überschicket, und also ob nicht etwas, so denenjenigen, wieder welche die Zeugen abgehöret worden, zur der folgende Casus ein merckwürdig Exempel geben wird. Es wurdevieler Dinge beschuldiget worden nebst dessen erster Abfertigung. in eben demselben 1696. Jahre in November uns eine Frage zugeschickt: wie zwey Bürgemeister in einer gewissen Stadt zu bestraffen wären. Die-Burgemeister und die Stadt waren zwar deutlich mit Nahmen benennet, aber der Herr Quaerente hatte Bedencken getragen semen Nahmen zu nennen, sondern hatte sich Johann Augustum Holletto betittelt, und das datum seines Schreibens gesetzet, als wenn es zu Leipzig verfertiget worden. So hatte er auch die Cautel gebraucht, daß er uns nur Excerpta aus etlicher Zeugen Aussagen, nehmlich diejenigen, welche die beyden Burgemeister zu graviren scheinen, zugeschickt, und dabey nicht gemeldet, wer dieselben abgehöret hätte, und aus was für Macht und Autorität solches geschehen. Dannenhero muste er sich auch gefallen lassen, daß unser Collegium sich einer andern Cautel bediente, und ihm folgendes responsum zurück schickte: Als derselbe uns einen Bericht sammt Beylagen sub und 2. Fragen zugeschicket etc. Werden Bürgemeister Johann George V. Burgemeister Daniel A. zu E. nach Inhalt des überschickten Berichts beschuldiget, daß sie wieder ihre Pflicht bey denen Raths-Wahlen auch sonsten verschiedentlich gehandelt, und es haben einige Zeugen in denen beygelegten Rotulis sub & daß Burgemeister V. bey jüngster Rath-Wahl sein votum suspendiret gehabt, hiernechst vielfältig Advocat und Judex zugleich gewesen sey, nicht weniger mit denen Gefangenen colludiret, und Geschencke angenommen, beyde Bürgemeister aber, des Fisci Interesse geschwächet, unnöthige Proceße und Baue angefangen, auch falsche attestata unter des Raths-Siegel gemachet hätten, eydlich ausgesaget, daher derselbe, wie sie beyderseits dieser Begünstigungen halber zu bestraffen seyen? berichtet seyn will. Ob nun wohl Juristen Collegia auf die ihnen vorgelegten Fragen zu antworten und die Fragenden des Rechtens zu belehren verbunden, auch nicht ungewöhnlich, solche Fragen sub nominibus fictis vorzutragen. Dieweil aber dennoch die Collegia, daß man nicht etwa ihres Spruchs sich mißbrauchen und ad infamiam anderer bedienen möge, Achtung zu geben haben, auch zu dem Ende, wann ja nomina ficta eingebracht werden, wenigstens von wem die Frage herkomme, beyläufftig bekannt seyn muß, und dann daß in gegenwärtigem Fall der Quaerent eine nicht allzugute intention haben müsse, sondern einen andern zu graviren trachte, einiger Verdacht daher erwächset, daß, da er die Personen wieder welche unsere rechtliche Meynung verlanget wird, ausdrücklich benennet, sich alleine einen erdichteten Nahmen beyleget, hiernechst die acta incomplet und nicht derer Zeugen sämmtliche Aussage auf die in denen beygelegten Rotulis enthaltene articul überschicket, und also ob nicht etwas, so denenjenigen, wieder welche die Zeugen abgehöret worden, zur <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0263" n="257"/> der folgende Casus ein merckwürdig Exempel geben wird. 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Dannenhero muste er sich auch gefallen lassen, daß unser Collegium sich einer andern Cautel bediente, und ihm folgendes responsum zurück schickte:</p> <p>Als derselbe uns einen Bericht sammt Beylagen sub und 2. Fragen zugeschicket etc. Werden Bürgemeister Johann George V. Burgemeister Daniel A. zu E. nach Inhalt des überschickten Berichts beschuldiget, daß sie wieder ihre Pflicht bey denen Raths-Wahlen auch sonsten verschiedentlich gehandelt, und es haben einige Zeugen in denen beygelegten Rotulis sub & daß Burgemeister V. bey jüngster Rath-Wahl sein votum suspendiret gehabt, hiernechst vielfältig Advocat und Judex zugleich gewesen sey, nicht weniger mit denen Gefangenen colludiret, und Geschencke angenommen, beyde Bürgemeister aber, des Fisci Interesse geschwächet, unnöthige Proceße und Baue angefangen, auch falsche attestata unter des Raths-Siegel gemachet hätten, eydlich ausgesaget, daher derselbe, wie sie beyderseits dieser Begünstigungen halber zu bestraffen seyen? berichtet seyn will. Ob nun wohl Juristen Collegia auf die ihnen vorgelegten Fragen zu antworten und die Fragenden des Rechtens zu belehren verbunden, auch nicht ungewöhnlich, solche Fragen sub nominibus fictis vorzutragen. Dieweil aber dennoch die Collegia, daß man nicht etwa ihres Spruchs sich mißbrauchen und ad infamiam anderer bedienen möge, Achtung zu geben haben, auch zu dem Ende, wann ja nomina ficta eingebracht werden, wenigstens von wem die Frage herkomme, beyläufftig bekannt seyn muß, und dann daß in gegenwärtigem Fall der Quaerent eine nicht allzugute intention haben müsse, sondern einen andern zu graviren trachte, einiger Verdacht daher erwächset, daß, da er die Personen wieder welche unsere rechtliche Meynung verlanget wird, ausdrücklich benennet, sich alleine einen erdichteten Nahmen beyleget, hiernechst die acta incomplet und nicht derer Zeugen sämmtliche Aussage auf die in denen beygelegten Rotulis enthaltene articul überschicket, und also ob nicht etwas, so denenjenigen, wieder welche die Zeugen abgehöret worden, zur </p> </div> </body> </text> </TEI> [257/0263]
der folgende Casus ein merckwürdig Exempel geben wird. Es wurde in eben demselben 1696. Jahre in November uns eine Frage zugeschickt: wie zwey Bürgemeister in einer gewissen Stadt zu bestraffen wären. Die-Burgemeister und die Stadt waren zwar deutlich mit Nahmen benennet, aber der Herr Quaerente hatte Bedencken getragen semen Nahmen zu nennen, sondern hatte sich Johann Augustum Holletto betittelt, und das datum seines Schreibens gesetzet, als wenn es zu Leipzig verfertiget worden. So hatte er auch die Cautel gebraucht, daß er uns nur Excerpta aus etlicher Zeugen Aussagen, nehmlich diejenigen, welche die beyden Burgemeister zu graviren scheinen, zugeschickt, und dabey nicht gemeldet, wer dieselben abgehöret hätte, und aus was für Macht und Autorität solches geschehen. Dannenhero muste er sich auch gefallen lassen, daß unser Collegium sich einer andern Cautel bediente, und ihm folgendes responsum zurück schickte:
vieler Dinge beschuldiget worden nebst dessen erster Abfertigung. Als derselbe uns einen Bericht sammt Beylagen sub und 2. Fragen zugeschicket etc. Werden Bürgemeister Johann George V. Burgemeister Daniel A. zu E. nach Inhalt des überschickten Berichts beschuldiget, daß sie wieder ihre Pflicht bey denen Raths-Wahlen auch sonsten verschiedentlich gehandelt, und es haben einige Zeugen in denen beygelegten Rotulis sub & daß Burgemeister V. bey jüngster Rath-Wahl sein votum suspendiret gehabt, hiernechst vielfältig Advocat und Judex zugleich gewesen sey, nicht weniger mit denen Gefangenen colludiret, und Geschencke angenommen, beyde Bürgemeister aber, des Fisci Interesse geschwächet, unnöthige Proceße und Baue angefangen, auch falsche attestata unter des Raths-Siegel gemachet hätten, eydlich ausgesaget, daher derselbe, wie sie beyderseits dieser Begünstigungen halber zu bestraffen seyen? berichtet seyn will. Ob nun wohl Juristen Collegia auf die ihnen vorgelegten Fragen zu antworten und die Fragenden des Rechtens zu belehren verbunden, auch nicht ungewöhnlich, solche Fragen sub nominibus fictis vorzutragen. Dieweil aber dennoch die Collegia, daß man nicht etwa ihres Spruchs sich mißbrauchen und ad infamiam anderer bedienen möge, Achtung zu geben haben, auch zu dem Ende, wann ja nomina ficta eingebracht werden, wenigstens von wem die Frage herkomme, beyläufftig bekannt seyn muß, und dann daß in gegenwärtigem Fall der Quaerent eine nicht allzugute intention haben müsse, sondern einen andern zu graviren trachte, einiger Verdacht daher erwächset, daß, da er die Personen wieder welche unsere rechtliche Meynung verlanget wird, ausdrücklich benennet, sich alleine einen erdichteten Nahmen beyleget, hiernechst die acta incomplet und nicht derer Zeugen sämmtliche Aussage auf die in denen beygelegten Rotulis enthaltene articul überschicket, und also ob nicht etwas, so denenjenigen, wieder welche die Zeugen abgehöret worden, zur
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/263>, abgerufen am 27.07.2024. |