Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

aus dieser Beschwerung machten, und auch dieserwegen wieder sie inquirirten, und sie nach geschehener mündlicher und schrifftlicher poenal citation über gewisse Articul examinirten, nachhero aber einen in anzüglichen terminis concipirten Bericht an die Cantzeley oder Regierung abgehen liessen, worinnen der Gerichts-Herr sein factum justificiren, und daß ihm als Patrono & Magiftratui Besage der Kirchen-Ordnung capite 12. §. 2. die cura coemeterii zu käme, auch das falsum ohne dem ein delictum seculare wäre, anführete, dabey aber negirte, daß er 100. Fl. Straffe dictirt, und durch einige beygelegete Schrifften bescheinigte, daß Inquisitin die Auffschrifft auf den Leichstein anders als NB. ihr der Pfarrer vorgeschrieben, (hincillae lacrymae) machen lassen, auch einen nicht erklährten Leichen-Text genommen, ingleichen nach ihrer Trauung 15. Wochen zu zeitig ins Kindbette kommen. Hierauf wurde der Bäuerin befohlen den ärgerlichen Leichenstein wegzuschaffen, oder dessen Gerichtlicher Aufhebung gewärtig zu seyn; wogegen aber die Wittib sich von neuen bey der Regierung beklagte und eine anderwärtige inhibition an ihren Gerichts-Herrn erhielt, der jedoch dawieder appellirte, und nach eingewendeter Appellation den Leichstein wegnehmen und auf das Schloß bringen liesse. Als dieses geschehen, wurden uns die von ihm gehaltenen Acta zu geschickt, und zugleich daß wir über die zwey Punckte: Ob und wie die Inquisita wegen des falsi und Setzung des unzuläßlichen Leichensteins zu bestraffen? Und dnnn: Ob und wie weit ihm die Cantzeley hierinnen zu wiedersprechen, oder er sich in exercitio jurisdictionis zu mainteniren befugt wäre? Nach fleißiger Lesung der Acten ihm unsere rechtliche Meynung eröffneten, gebeten.

Welches aber unsere Facultät pro cri mine nicht erkennen können.

§. IV. Dieweil er aber keine rationes decidendi von uns begehret, und wenn solches nicht geschiehet, wir auch dieselbe nicht beyzusetzen pflegen; Als bekame Er auch nur eine kurtze Sententz wieder zurücke, des Inhalts: Daß die von besagter Wittib auff Ihres Mannes Leichstein gesetzte Auffschrifft gestalten Sachen nach pro falso nicht zu achten und Sie demnach von der wie der Sie angestellten Inquisition zu entbinden, auch ist was Cantzler und Räthe zu N. fol. 5. & fol. 25. in Schrifften an denselben gelangen lassen, denen Rechren gemäß, und Sie dessen wohl befugt gewesen V. R. W. Jedoch befinde ich in meinen privat excerptis daß a Facultate haupisächlich darauff reffectiret worden. Die Kirchen-Ordnung, darauff die Adelichen Gerichte Ihre Befugnüß gründen, und Ihr factum daraus justificiren wollen, lauten also: Darumb soll ie-

aus dieser Beschwerung machten, und auch dieserwegen wieder sie inquirirten, und sie nach geschehener mündlicher und schrifftlicher poenal citation über gewisse Articul examinirten, nachhero aber einen in anzüglichen terminis concipirten Bericht an die Cantzeley oder Regierung abgehen liessen, worinnen der Gerichts-Herr sein factum justificiren, und daß ihm als Patrono & Magiftratui Besage der Kirchen-Ordnung capite 12. §. 2. die cura coemeterii zu käme, auch das falsum ohne dem ein delictum seculare wäre, anführete, dabey aber negirte, daß er 100. Fl. Straffe dictirt, und durch einige beygelegete Schrifften bescheinigte, daß Inquisitin die Auffschrifft auf den Leichstein anders als NB. ihr der Pfarrer vorgeschrieben, (hincillae lacrymae) machen lassen, auch einen nicht erklährten Leichen-Text genommen, ingleichen nach ihrer Trauung 15. Wochen zu zeitig ins Kindbette kommen. Hierauf wurde der Bäuerin befohlen den ärgerlichen Leichenstein wegzuschaffen, oder dessen Gerichtlicher Aufhebung gewärtig zu seyn; wogegen aber die Wittib sich von neuen bey der Regierung beklagte und eine anderwärtige inhibition an ihren Gerichts-Herrn erhielt, der jedoch dawieder appellirte, und nach eingewendeter Appellation den Leichstein wegnehmen und auf das Schloß bringen liesse. Als dieses geschehen, wurden uns die von ihm gehaltenen Acta zu geschickt, und zugleich daß wir über die zwey Punckte: Ob und wie die Inquisita wegen des falsi und Setzung des unzuläßlichen Leichensteins zu bestraffen? Und dnnn: Ob und wie weit ihm die Cantzeley hierinnen zu wiedersprechen, oder er sich in exercitio jurisdictionis zu mainteniren befugt wäre? Nach fleißiger Lesung der Acten ihm unsere rechtliche Meynung eröffneten, gebeten.

Welches aber unsere Facultät pro cri mine nicht erkennen können.

§. IV. Dieweil er aber keine rationes decidendi von uns begehret, und wenn solches nicht geschiehet, wir auch dieselbe nicht beyzusetzen pflegen; Als bekame Er auch nur eine kurtze Sententz wieder zurücke, des Inhalts: Daß die von besagter Wittib auff Ihres Mannes Leichstein gesetzte Auffschrifft gestalten Sachen nach pro falso nicht zu achten und Sie demnach von der wie der Sie angestellten Inquisition zu entbinden, auch ist was Cantzler und Räthe zu N. fol. 5. & fol. 25. in Schrifften an denselben gelangen lassen, denen Rechren gemäß, und Sie dessen wohl befugt gewesen V. R. W. Jedoch befinde ich in meinen privat excerptis daß a Facultate haupisächlich darauff reffectiret worden. Die Kirchen-Ordnung, darauff die Adelichen Gerichte Ihre Befugnüß gründen, und Ihr factum daraus justificiren wollen, lauten also: Darumb soll ie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0298" n="292"/>
aus dieser Beschwerung machten, und                      auch dieserwegen wieder sie inquirirten, und sie nach geschehener mündlicher und                      schrifftlicher poenal citation über gewisse Articul examinirten, nachhero aber                      einen in anzüglichen terminis concipirten Bericht an die Cantzeley oder                      Regierung abgehen liessen, worinnen der Gerichts-Herr sein factum justificiren,                      und daß ihm als Patrono &amp; Magiftratui Besage der Kirchen-Ordnung capite                      12. §. 2. die cura coemeterii zu käme, auch das falsum ohne dem ein delictum                      seculare wäre, anführete, dabey aber negirte, daß er 100. Fl. Straffe dictirt,                      und durch einige beygelegete Schrifften bescheinigte, daß Inquisitin die                      Auffschrifft auf den Leichstein anders als NB. ihr der Pfarrer vorgeschrieben,                      (hincillae lacrymae) machen lassen, auch einen nicht erklährten Leichen-Text                      genommen, ingleichen nach ihrer Trauung 15. Wochen zu zeitig ins Kindbette                      kommen. Hierauf wurde der Bäuerin befohlen den ärgerlichen Leichenstein                      wegzuschaffen, oder dessen Gerichtlicher Aufhebung gewärtig zu seyn; wogegen                      aber die Wittib sich von neuen bey der Regierung beklagte und eine anderwärtige                      inhibition an ihren Gerichts-Herrn erhielt, der jedoch dawieder appellirte, und                      nach eingewendeter Appellation den Leichstein wegnehmen und auf das Schloß                      bringen liesse. Als dieses geschehen, wurden uns die von ihm gehaltenen Acta zu                      geschickt, und zugleich daß wir über die zwey Punckte: Ob und wie die Inquisita                      wegen des falsi und Setzung des unzuläßlichen Leichensteins zu bestraffen? Und                      dnnn: Ob und wie weit ihm die Cantzeley hierinnen zu wiedersprechen, oder er                      sich in exercitio jurisdictionis zu mainteniren befugt wäre? Nach fleißiger                      Lesung der Acten ihm unsere rechtliche Meynung eröffneten, gebeten.</p>
        <note place="left">Welches aber unsere <hi rendition="#i">Facul</hi>tät <hi rendition="#i">pro cri mine</hi> nicht erkennen können.</note>
        <p>§. IV. Dieweil er aber keine rationes decidendi von uns begehret, und wenn                      solches nicht geschiehet, wir auch dieselbe nicht beyzusetzen pflegen; Als                      bekame Er auch nur eine kurtze Sententz wieder zurücke, des Inhalts: Daß die von                      besagter Wittib auff Ihres Mannes Leichstein gesetzte Auffschrifft gestalten                      Sachen nach <hi rendition="#i">pro falso</hi> nicht zu achten und Sie demnach                      von der wie der Sie angestellten <hi rendition="#i">Inquisition</hi> zu                      entbinden, auch ist was Cantzler und Räthe zu <hi rendition="#i">N. fol. 5.                          &amp; fol. 25</hi>. in Schrifften an denselben gelangen lassen, denen                      Rechren gemäß, und Sie dessen wohl befugt gewesen V. R. W. Jedoch befinde ich in                      meinen privat excerptis daß a Facultate haupisächlich darauff reffectiret                      worden. Die Kirchen-Ordnung, darauff die Adelichen Gerichte Ihre Befugnüß                      gründen, und Ihr factum daraus justificiren wollen, lauten also: Darumb soll                              ie-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0298] aus dieser Beschwerung machten, und auch dieserwegen wieder sie inquirirten, und sie nach geschehener mündlicher und schrifftlicher poenal citation über gewisse Articul examinirten, nachhero aber einen in anzüglichen terminis concipirten Bericht an die Cantzeley oder Regierung abgehen liessen, worinnen der Gerichts-Herr sein factum justificiren, und daß ihm als Patrono & Magiftratui Besage der Kirchen-Ordnung capite 12. §. 2. die cura coemeterii zu käme, auch das falsum ohne dem ein delictum seculare wäre, anführete, dabey aber negirte, daß er 100. Fl. Straffe dictirt, und durch einige beygelegete Schrifften bescheinigte, daß Inquisitin die Auffschrifft auf den Leichstein anders als NB. ihr der Pfarrer vorgeschrieben, (hincillae lacrymae) machen lassen, auch einen nicht erklährten Leichen-Text genommen, ingleichen nach ihrer Trauung 15. Wochen zu zeitig ins Kindbette kommen. Hierauf wurde der Bäuerin befohlen den ärgerlichen Leichenstein wegzuschaffen, oder dessen Gerichtlicher Aufhebung gewärtig zu seyn; wogegen aber die Wittib sich von neuen bey der Regierung beklagte und eine anderwärtige inhibition an ihren Gerichts-Herrn erhielt, der jedoch dawieder appellirte, und nach eingewendeter Appellation den Leichstein wegnehmen und auf das Schloß bringen liesse. Als dieses geschehen, wurden uns die von ihm gehaltenen Acta zu geschickt, und zugleich daß wir über die zwey Punckte: Ob und wie die Inquisita wegen des falsi und Setzung des unzuläßlichen Leichensteins zu bestraffen? Und dnnn: Ob und wie weit ihm die Cantzeley hierinnen zu wiedersprechen, oder er sich in exercitio jurisdictionis zu mainteniren befugt wäre? Nach fleißiger Lesung der Acten ihm unsere rechtliche Meynung eröffneten, gebeten. §. IV. Dieweil er aber keine rationes decidendi von uns begehret, und wenn solches nicht geschiehet, wir auch dieselbe nicht beyzusetzen pflegen; Als bekame Er auch nur eine kurtze Sententz wieder zurücke, des Inhalts: Daß die von besagter Wittib auff Ihres Mannes Leichstein gesetzte Auffschrifft gestalten Sachen nach pro falso nicht zu achten und Sie demnach von der wie der Sie angestellten Inquisition zu entbinden, auch ist was Cantzler und Räthe zu N. fol. 5. & fol. 25. in Schrifften an denselben gelangen lassen, denen Rechren gemäß, und Sie dessen wohl befugt gewesen V. R. W. Jedoch befinde ich in meinen privat excerptis daß a Facultate haupisächlich darauff reffectiret worden. Die Kirchen-Ordnung, darauff die Adelichen Gerichte Ihre Befugnüß gründen, und Ihr factum daraus justificiren wollen, lauten also: Darumb soll ie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/298
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/298>, abgerufen am 21.11.2024.