Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

ter zur Ehe zu geben, da Titius ihm seine Einwilligung durch Betrug gefährlichermerckung auf gegenwärtigen Handel / nebst unsern Responso. Weise abgelistet hätte, denn er bekame zwar zur Antwort, daß er solches zu thun nicht schuldig wäre, wir setzten aber mit Fleiß die clausul dazu, wenn er nehmlich den vorgegebenen Betrug würde gebührend beweisen können, damit ihn nicht sein Advocate verleiten möchte, sich mit Schaden in einen Proceß einzulassen, und in Ermangelung des Beweises dem Kläger die Unkosten zu erstatten. Die hierzu gehörige Umstände werden aus dem Responso selbst an füglichsten zu erkennen seyn.

Hat J. W. H. umb sich aus seinen Schulden zu retten, H. M. Tochter zur Ehe gesuchet und umb dazu zu gelangen, sothanem H. M. daß er mehr nicht als etwa 1100. Rthl. auf sein väterlich Brauhauß schuldig sey, jedoch seine Mitgifft oder Ehrenhülffe an 400. Rthlr. daran zu fordern hätte, durch andere beybringen laßen; Hat H. M. sowohl in Gerichten als sonsten, ob dieses sich also verhalte, sich erkundiget; jedoch den rechten Grund nie erfahren können, ausser daß er aus denen Fürstl. Gerichten, daß die Schulden auf den Hause sich wohl in die 14. bis 1700. Rthlr. belieffen, Nachricht erhalten, und es hat H. M. daß er, wann J. W. H. mehr nicht als 1700. Thlr. schuldig wäre, demselben seine Tochter nicht versagen wolle, sich erklähret: Hat J. W. H. hierauf daß er mehr nicht schuldig sey, H. M. in öffentlicher Gesellschafft versichert, auf welche Condition dieser auch, daß J. W. H. das Jawort hohlen möchte, bewilliget, und es ist hierzu ein gewisser Tag ernennet und sodann daß Verlöbniß öffentlich, wiewohl ohne Wiederholung der berührten Condition vollzogen worden. Hat sich nachhero gefunden, daß J. W. H. mit weit höhern Schulden beladen sey, und lauter Unwahrheit sich bedienet, dahero H. M. demselben seine Tochter zu geben sich nunmehro weigert, und es will derselbe hierunter des Rechtens berichtet seyn: Ob nun wohl dasjenige was von der Desponsatae Unmündigkeit in dem Berichte angeführet worden, in keine Consideration kommen möchte, in Betracht dieselbe das 12te Jahr bereits überschritten und mithin die pubertät erlanget, hiernechst aus dem jure Canonico, bekannt, daß der error circa accidentalia, dahin die bona fortunae, als Reichthum und dergleichen gehören, dem Consensu sponsalitio nicht zuwieder sey, sondern desselben ungeachtet, die aufgerichtete Verlöbnisse bey ihren Kräfften bleiben; ferner angeführet werden möchte, daß die von H. M. anfänglich gesetzte Condition bey nachhero gehaltenen öffentlichen sponsalibus nicht wiederholet, und also von sothaner Condition tacite abgewichen worden, im übrigen ohne dem der favor matrimonii haben will, daß mehr pro contrahendo als dissolvendo matrimonio ein judex bemühet seyn solle, daher dem Ansehen nach die quaestionirte sponsalia nicht zu dissolviren seyn möchten. Dieweiln aber dennoch es auf einen bloßen errorem allhier nicht ankommt, sondern derselbe in seinem Be-

ter zur Ehe zu geben, da Titius ihm seine Einwilligung durch Betrug gefährlichermerckung auf gegenwärtigen Handel / nebst unsern Responso. Weise abgelistet hätte, denn er bekame zwar zur Antwort, daß er solches zu thun nicht schuldig wäre, wir setzten aber mit Fleiß die clausul dazu, wenn er nehmlich den vorgegebenen Betrug würde gebührend beweisen können, damit ihn nicht sein Advocate verleiten möchte, sich mit Schaden in einen Proceß einzulassen, und in Ermangelung des Beweises dem Kläger die Unkosten zu erstatten. Die hierzu gehörige Umstände werden aus dem Responso selbst an füglichsten zu erkennen seyn.

Hat J. W. H. umb sich aus seinen Schulden zu retten, H. M. Tochter zur Ehe gesuchet und umb dazu zu gelangen, sothanem H. M. daß er mehr nicht als etwa 1100. Rthl. auf sein väterlich Brauhauß schuldig sey, jedoch seine Mitgifft oder Ehrenhülffe an 400. Rthlr. daran zu fordern hätte, durch andere beybringen laßen; Hat H. M. sowohl in Gerichten als sonsten, ob dieses sich also verhalte, sich erkundiget; jedoch den rechten Grund nie erfahren können, ausser daß er aus denen Fürstl. Gerichten, daß die Schulden auf den Hause sich wohl in die 14. bis 1700. Rthlr. belieffen, Nachricht erhalten, und es hat H. M. daß er, wann J. W. H. mehr nicht als 1700. Thlr. schuldig wäre, demselben seine Tochter nicht versagen wolle, sich erklähret: Hat J. W. H. hierauf daß er mehr nicht schuldig sey, H. M. in öffentlicher Gesellschafft versichert, auf welche Condition dieser auch, daß J. W. H. das Jawort hohlen möchte, bewilliget, und es ist hierzu ein gewisser Tag ernennet und sodann daß Verlöbniß öffentlich, wiewohl ohne Wiederholung der berührten Condition vollzogen worden. Hat sich nachhero gefunden, daß J. W. H. mit weit höhern Schulden beladen sey, und lauter Unwahrheit sich bedienet, dahero H. M. demselben seine Tochter zu geben sich nunmehro weigert, und es will derselbe hierunter des Rechtens berichtet seyn: Ob nun wohl dasjenige was von der Desponsatae Unmündigkeit in dem Berichte angeführet worden, in keine Consideration kommen möchte, in Betracht dieselbe das 12te Jahr bereits überschritten und mithin die pubertät erlanget, hiernechst aus dem jure Canonico, bekannt, daß der error circa accidentalia, dahin die bona fortunae, als Reichthum und dergleichen gehören, dem Consensu sponsalitio nicht zuwieder sey, sondern desselben ungeachtet, die aufgerichtete Verlöbnisse bey ihren Kräfften bleiben; ferner angeführet werden möchte, daß die von H. M. anfänglich gesetzte Condition bey nachhero gehaltenen öffentlichen sponsalibus nicht wiederholet, und also von sothaner Condition tacite abgewichen worden, im übrigen ohne dem der favor matrimonii haben will, daß mehr pro contrahendo als dissolvendo matrimonio ein judex bemühet seyn solle, daher dem Ansehen nach die quaestionirte sponsalia nicht zu dissolviren seyn möchten. Dieweiln aber dennoch es auf einen bloßen errorem allhier nicht ankommt, sondern derselbe in seinem Be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0347" n="341"/>
ter zur                      Ehe zu geben, da Titius ihm seine Einwilligung durch Betrug gefährlicher<note place="right">merckung auf gegenwärtigen Handel / nebst unsern <hi rendition="#i">Responso.</hi></note> Weise abgelistet hätte, denn er                      bekame zwar zur Antwort, daß er solches zu thun nicht schuldig wäre, wir setzten                      aber mit Fleiß die clausul dazu, wenn er nehmlich den vorgegebenen Betrug würde                      gebührend beweisen können, damit ihn nicht sein Advocate verleiten möchte, sich                      mit Schaden in einen Proceß einzulassen, und in Ermangelung des Beweises dem                      Kläger die Unkosten zu erstatten. Die hierzu gehörige Umstände werden aus dem                      Responso selbst an füglichsten zu erkennen seyn.</p>
        <p>Hat J. W. H. umb sich aus seinen Schulden zu retten, H. M. Tochter zur Ehe                      gesuchet und umb dazu zu gelangen, sothanem H. M. daß er mehr nicht als etwa                      1100. Rthl. auf sein väterlich Brauhauß schuldig sey, jedoch seine Mitgifft oder                      Ehrenhülffe an 400. Rthlr. daran zu fordern hätte, durch andere beybringen                      laßen; Hat H. M. sowohl in Gerichten als sonsten, ob dieses sich also verhalte,                      sich erkundiget; jedoch den rechten Grund nie erfahren können, ausser daß er aus                      denen Fürstl. Gerichten, daß die Schulden auf den Hause sich wohl in die 14. bis                      1700. Rthlr. belieffen, Nachricht erhalten, und es hat H. M. daß er, wann J. W.                      H. mehr nicht als 1700. Thlr. schuldig wäre, demselben seine Tochter nicht                      versagen wolle, sich erklähret: Hat J. W. H. hierauf daß er mehr nicht schuldig                      sey, H. M. in öffentlicher Gesellschafft versichert, auf welche Condition dieser                      auch, daß J. W. H. das Jawort hohlen möchte, bewilliget, und es ist hierzu ein                      gewisser Tag ernennet und sodann daß Verlöbniß öffentlich, wiewohl ohne                      Wiederholung der berührten Condition vollzogen worden. Hat sich nachhero                      gefunden, daß J. W. H. mit weit höhern Schulden beladen sey, und lauter                      Unwahrheit sich bedienet, dahero H. M. demselben seine Tochter zu geben sich                      nunmehro weigert, und es will derselbe hierunter des Rechtens berichtet seyn: Ob                      nun wohl dasjenige was von der Desponsatae Unmündigkeit in dem Berichte                      angeführet worden, in keine Consideration kommen möchte, in Betracht dieselbe                      das 12te Jahr bereits überschritten und mithin die pubertät erlanget, hiernechst                      aus dem jure Canonico, bekannt, daß der error circa accidentalia, dahin die bona                      fortunae, als Reichthum und dergleichen gehören, dem Consensu sponsalitio nicht                      zuwieder sey, sondern desselben ungeachtet, die aufgerichtete Verlöbnisse bey                      ihren Kräfften bleiben; ferner angeführet werden möchte, daß die von H. M.                      anfänglich gesetzte Condition bey nachhero gehaltenen öffentlichen sponsalibus                      nicht wiederholet, und also von sothaner Condition tacite abgewichen worden, im                      übrigen ohne dem der favor matrimonii haben will, daß mehr pro contrahendo als                      dissolvendo matrimonio ein judex bemühet seyn solle, daher dem Ansehen nach die                      quaestionirte sponsalia nicht zu dissolviren seyn möchten. Dieweiln aber dennoch                      es auf einen bloßen errorem allhier nicht ankommt, sondern derselbe in seinem                              Be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0347] ter zur Ehe zu geben, da Titius ihm seine Einwilligung durch Betrug gefährlicher Weise abgelistet hätte, denn er bekame zwar zur Antwort, daß er solches zu thun nicht schuldig wäre, wir setzten aber mit Fleiß die clausul dazu, wenn er nehmlich den vorgegebenen Betrug würde gebührend beweisen können, damit ihn nicht sein Advocate verleiten möchte, sich mit Schaden in einen Proceß einzulassen, und in Ermangelung des Beweises dem Kläger die Unkosten zu erstatten. Die hierzu gehörige Umstände werden aus dem Responso selbst an füglichsten zu erkennen seyn. merckung auf gegenwärtigen Handel / nebst unsern Responso. Hat J. W. H. umb sich aus seinen Schulden zu retten, H. M. Tochter zur Ehe gesuchet und umb dazu zu gelangen, sothanem H. M. daß er mehr nicht als etwa 1100. Rthl. auf sein väterlich Brauhauß schuldig sey, jedoch seine Mitgifft oder Ehrenhülffe an 400. Rthlr. daran zu fordern hätte, durch andere beybringen laßen; Hat H. M. sowohl in Gerichten als sonsten, ob dieses sich also verhalte, sich erkundiget; jedoch den rechten Grund nie erfahren können, ausser daß er aus denen Fürstl. Gerichten, daß die Schulden auf den Hause sich wohl in die 14. bis 1700. Rthlr. belieffen, Nachricht erhalten, und es hat H. M. daß er, wann J. W. H. mehr nicht als 1700. Thlr. schuldig wäre, demselben seine Tochter nicht versagen wolle, sich erklähret: Hat J. W. H. hierauf daß er mehr nicht schuldig sey, H. M. in öffentlicher Gesellschafft versichert, auf welche Condition dieser auch, daß J. W. H. das Jawort hohlen möchte, bewilliget, und es ist hierzu ein gewisser Tag ernennet und sodann daß Verlöbniß öffentlich, wiewohl ohne Wiederholung der berührten Condition vollzogen worden. Hat sich nachhero gefunden, daß J. W. H. mit weit höhern Schulden beladen sey, und lauter Unwahrheit sich bedienet, dahero H. M. demselben seine Tochter zu geben sich nunmehro weigert, und es will derselbe hierunter des Rechtens berichtet seyn: Ob nun wohl dasjenige was von der Desponsatae Unmündigkeit in dem Berichte angeführet worden, in keine Consideration kommen möchte, in Betracht dieselbe das 12te Jahr bereits überschritten und mithin die pubertät erlanget, hiernechst aus dem jure Canonico, bekannt, daß der error circa accidentalia, dahin die bona fortunae, als Reichthum und dergleichen gehören, dem Consensu sponsalitio nicht zuwieder sey, sondern desselben ungeachtet, die aufgerichtete Verlöbnisse bey ihren Kräfften bleiben; ferner angeführet werden möchte, daß die von H. M. anfänglich gesetzte Condition bey nachhero gehaltenen öffentlichen sponsalibus nicht wiederholet, und also von sothaner Condition tacite abgewichen worden, im übrigen ohne dem der favor matrimonii haben will, daß mehr pro contrahendo als dissolvendo matrimonio ein judex bemühet seyn solle, daher dem Ansehen nach die quaestionirte sponsalia nicht zu dissolviren seyn möchten. Dieweiln aber dennoch es auf einen bloßen errorem allhier nicht ankommt, sondern derselbe in seinem Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/347
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/347>, abgerufen am 27.11.2024.