Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
XVII. Handel. Von der Freyheit der Gelehrten die hämmernden und pochenden Handwercker aus der Nachbarschafft zu treiben.
§. I.

IN Junio 1695. wurden uns von Görlitz acta zugeschicht ein UrtheilUmbstände des Handels / die dem Beklagten zu statten kommen. darüber zu fällen. Die Sache bestand kürtzlich darinnen. Der dortige Rector, Pro-rector und Sub-Rector hatten sich über einen benachbarten Goldschmid, der vor kurtzer Zeit ein Hauß in der Nachbarschafft erhandelt hatte, beklaget, daß er bey Treibung seines Handwercks mit seinen schlagen und hämmern sie dergestalt incommodire, daß weder in ihren Studierstuben sie ihre Schul meditationes haben, noch in dem Auditorio die praeceptores und Schüler einander verstehen könten. Die Kläger gründeten sich auf l. un. C. de stud. liber. urb. Rom. und baten den Goldschmid dahin zu condemniren, daß er das hämmern bleiben lassen, oder weichen müste, Beklagter excipirte, daß Klägere es gewust, daß er das Hauß gekaufft, und repariren lassen, hätten aber dazu stille geschwiegen, ja des Rectoris Ehefrau hätte Beklagtens Schwieger Mutter Glück dazu gewünschet, deferirte auch wegen dieser Wissenschafft denen Klägern das Jurament; so sey es auch ferner bereit über ein Jahr, daß er seine Arbeit darinnen getrieben. Ferner wäre der allegirte l. un. Cod. in Görlitz nicht in observanz, inmassen in der Stadt hin und wieder Handwercker mitten unter denen Gelehrten wohneten, die mit hämmern und pochen ihr Handwerck täglich trieben, davon er etliche Exempel angeführet und bescheiniget: so hatte er auch über dieses durch eydlicher Zeugen Aussage beygebracht, daß ehedessen in dem Gäßgen wo er wohnete ein Huffschmid gewohnet, und sein Handwerck daselbst getrieben, ingleichen daß in dem Hause quaestionis selbst ein Bötticher und ein Rothgiesser gewohnet und Ihre Handwercke exerciret hätten.

§. II. Nichts destoweniger fiel das Urtheil dahinaus, daß BeklagterDeren Beantwortung nebst unsern Urtheil. sich des Gebrauchs seines Handwercks in so weit solches ohne hämmern nnd schlagen nicht geschehen kan, in dem quaestionirten Hause gestalten Sachen nach zu enthalten schuldig, jedoch compensatis ex-

XVII. Handel. Von der Freyheit der Gelehrten die hämmernden und pochenden Handwercker aus der Nachbarschafft zu treiben.
§. I.

IN Junio 1695. wurden uns von Görlitz acta zugeschicht ein UrtheilUmbstände des Handels / die dem Beklagten zu statten kommen. darüber zu fällen. Die Sache bestand kürtzlich darinnen. Der dortige Rector, Pro-rector und Sub-Rector hatten sich über einen benachbarten Goldschmid, der vor kurtzer Zeit ein Hauß in der Nachbarschafft erhandelt hatte, beklaget, daß er bey Treibung seines Handwercks mit seinen schlagen und hämmern sie dergestalt incommodire, daß weder in ihren Studierstuben sie ihre Schul meditationes haben, noch in dem Auditorio die praeceptores und Schüler einander verstehen könten. Die Kläger gründeten sich auf l. un. C. de stud. liber. urb. Rom. und baten den Goldschmid dahin zu condemniren, daß er das hämmern bleiben lassen, oder weichen müste, Beklagter excipirte, daß Klägere es gewust, daß er das Hauß gekaufft, und repariren lassen, hätten aber dazu stille geschwiegen, ja des Rectoris Ehefrau hätte Beklagtens Schwieger Mutter Glück dazu gewünschet, deferirte auch wegen dieser Wissenschafft denen Klägern das Jurament; so sey es auch ferner bereit über ein Jahr, daß er seine Arbeit darinnen getrieben. Ferner wäre der allegirte l. un. Cod. in Görlitz nicht in observanz, inmassen in der Stadt hin und wieder Handwercker mitten unter denen Gelehrten wohneten, die mit hämmern und pochen ihr Handwerck täglich trieben, davon er etliche Exempel angeführet und bescheiniget: so hatte er auch über dieses durch eydlicher Zeugen Aussage beygebracht, daß ehedessen in dem Gäßgen wo er wohnete ein Huffschmid gewohnet, und sein Handwerck daselbst getrieben, ingleichen daß in dem Hause quaestionis selbst ein Bötticher und ein Rothgiesser gewohnet und Ihre Handwercke exerciret hätten.

§. II. Nichts destoweniger fiel das Urtheil dahinaus, daß BeklagterDeren Beantwortung nebst unsern Urtheil. sich des Gebrauchs seines Handwercks in so weit solches ohne hämmern nnd schlagen nicht geschehen kan, in dem quaestionirten Hause gestalten Sachen nach zu enthalten schuldig, jedoch compensatis ex-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0365" n="359"/>
      </div>
      <div>
        <head>XVII. Handel. Von der Freyheit der Gelehrten die hämmernden und pochenden                      Handwercker aus der Nachbarschafft zu treiben.</head><lb/>
      </div>
      <div>
        <head>§. I.</head><lb/>
        <p>IN Junio 1695. wurden uns von Görlitz acta zugeschicht ein Urtheil<note place="right">Umbstände des Handels / die dem Beklagten zu statten                          kommen.</note> darüber zu fällen. Die Sache bestand kürtzlich darinnen. Der                      dortige Rector, Pro-rector und Sub-Rector hatten sich über einen benachbarten                      Goldschmid, der vor kurtzer Zeit ein Hauß in der Nachbarschafft erhandelt hatte,                      beklaget, daß er bey Treibung seines Handwercks mit seinen schlagen und hämmern                      sie dergestalt incommodire, daß weder in ihren Studierstuben sie ihre Schul                      meditationes haben, noch in dem Auditorio die praeceptores und Schüler einander                      verstehen könten. Die Kläger gründeten sich auf l. un. C. de stud. liber. urb.                      Rom. und baten den Goldschmid dahin zu condemniren, daß er das hämmern bleiben                      lassen, oder weichen müste, Beklagter excipirte, daß Klägere es gewust, daß er                      das Hauß gekaufft, und repariren lassen, hätten aber dazu stille geschwiegen, ja                      des Rectoris Ehefrau hätte Beklagtens Schwieger Mutter Glück dazu gewünschet,                      deferirte auch wegen dieser Wissenschafft denen Klägern das Jurament; so sey es                      auch ferner bereit über ein Jahr, daß er seine Arbeit darinnen getrieben. Ferner                      wäre der allegirte l. un. Cod. in Görlitz nicht in observanz, inmassen in der                      Stadt hin und wieder Handwercker mitten unter denen Gelehrten wohneten, die mit                      hämmern und pochen ihr Handwerck täglich trieben, davon er etliche Exempel                      angeführet und bescheiniget: so hatte er auch über dieses durch eydlicher Zeugen                      Aussage beygebracht, daß ehedessen in dem Gäßgen wo er wohnete ein Huffschmid                      gewohnet, und sein Handwerck daselbst getrieben, ingleichen daß in dem Hause                      quaestionis selbst ein Bötticher und ein Rothgiesser gewohnet und Ihre                      Handwercke exerciret hätten.</p>
        <p>§. II. Nichts destoweniger fiel das Urtheil dahinaus, daß Beklagter<note place="right">Deren Beantwortung nebst unsern Urtheil.</note> sich                      des Gebrauchs seines Handwercks in so weit solches ohne hämmern nnd schlagen                      nicht geschehen kan, in dem quaestionirten Hause gestalten Sachen nach zu                      enthalten schuldig, jedoch compensatis ex-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0365] XVII. Handel. Von der Freyheit der Gelehrten die hämmernden und pochenden Handwercker aus der Nachbarschafft zu treiben. §. I. IN Junio 1695. wurden uns von Görlitz acta zugeschicht ein Urtheil darüber zu fällen. Die Sache bestand kürtzlich darinnen. Der dortige Rector, Pro-rector und Sub-Rector hatten sich über einen benachbarten Goldschmid, der vor kurtzer Zeit ein Hauß in der Nachbarschafft erhandelt hatte, beklaget, daß er bey Treibung seines Handwercks mit seinen schlagen und hämmern sie dergestalt incommodire, daß weder in ihren Studierstuben sie ihre Schul meditationes haben, noch in dem Auditorio die praeceptores und Schüler einander verstehen könten. Die Kläger gründeten sich auf l. un. C. de stud. liber. urb. Rom. und baten den Goldschmid dahin zu condemniren, daß er das hämmern bleiben lassen, oder weichen müste, Beklagter excipirte, daß Klägere es gewust, daß er das Hauß gekaufft, und repariren lassen, hätten aber dazu stille geschwiegen, ja des Rectoris Ehefrau hätte Beklagtens Schwieger Mutter Glück dazu gewünschet, deferirte auch wegen dieser Wissenschafft denen Klägern das Jurament; so sey es auch ferner bereit über ein Jahr, daß er seine Arbeit darinnen getrieben. Ferner wäre der allegirte l. un. Cod. in Görlitz nicht in observanz, inmassen in der Stadt hin und wieder Handwercker mitten unter denen Gelehrten wohneten, die mit hämmern und pochen ihr Handwerck täglich trieben, davon er etliche Exempel angeführet und bescheiniget: so hatte er auch über dieses durch eydlicher Zeugen Aussage beygebracht, daß ehedessen in dem Gäßgen wo er wohnete ein Huffschmid gewohnet, und sein Handwerck daselbst getrieben, ingleichen daß in dem Hause quaestionis selbst ein Bötticher und ein Rothgiesser gewohnet und Ihre Handwercke exerciret hätten. Umbstände des Handels / die dem Beklagten zu statten kommen. §. II. Nichts destoweniger fiel das Urtheil dahinaus, daß Beklagter sich des Gebrauchs seines Handwercks in so weit solches ohne hämmern nnd schlagen nicht geschehen kan, in dem quaestionirten Hause gestalten Sachen nach zu enthalten schuldig, jedoch compensatis ex- Deren Beantwortung nebst unsern Urtheil.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/365
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/365>, abgerufen am 24.11.2024.