Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

für wenig Jahren zu Leipzig in Gebrauch gewesen, und Herr Rivinus bey Anfang meiner Monaten in einer damahls öffentlichen Thee- und Caffee Conversation, den Januarium und Februarium mit grossen Vergnügen durchlesen, und der übrigen Compagnie vieles daraus mit approbation vorgelesen hatte, unerachtet man damahls noch nicht wuste, daß ich Autor war. So ware auch über dieses Herr M. Wagner mein naher Schwager, indem er mit meiner Halb-Schwester verheyrathet war u. s. w. Nichts destoweniger geschahe es, daß das gesamte Ministerium Lipsiense Zeit währender Tractaten zwischen Herrn D. A. und mir folgende Supplique an das Ober. Consistorium zu Dreßden einsendete.

P. P. Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit berichten wir unterthänigst, was massen Christian Thomasius eine geraume Zeit her unterschiedene Satyrische Schrifften monathlich evulgiret, darinnen er sich nicht allein, so viel die Religion betrifft, sehr profan erwiesen, sondern auch männiglich ohne Unterscheid, absonderlich aber seine vormahls gewesene Praeceptores schmählich und lästerlich angegriffen, auch dabey unserer gutentheils, ja des gantzen Ministerii nicht verschonet, sondern mit allerhand schimpfflichen und nachtheiligen Bildern, Gleichnüssen, Durchhechlung unserer Predigten und injuriösen Auflagen beschweret, wie solches notorisch ist, und jedermann beydes allhier und andern Orten gelehrt und ungelehrt sich mit seinen Schmäh-Schrifften träget, und sowohl unserer in Ministerio, als derer andern, so er übel tractiret / zu verlachen und zu verspotten, Materie bekömmet, welches offentliche Scandalum und schwere Sünden, wir ihn durch seinen Beicht-Vater unsers Mittels (die gradus admonitionum zu adhibiren) zu Gemüth führen, und zur Erkäntniß und Bereuung seiner so grossen Verbrechen, und daß er von dergleichen bösen Beginnen forthin abstehen und sich bessern möchte, bringen wollen, mitlerweiln aber und ehe solches geschehen, entblödet er sich nicht, insonderheit an seinen Beicht-Vater mit vielen groben unverschuldeten Schmähungen, Beschuldigungen und Lästerungen sich zu machen, u. das wenig Tage vorher, als er Sontags darauf des Heil. Abendmahls sich gebrauchet, und von demselben, der damahls von dessen wieder ihn publicirten Schmähe-Schrifft noch nicht gewust, die absolution gesuchet und erhalten.

Wann dann, Gnädigster Churfürst und Herr, aus dieser des Thomasii Begünstigung wir leichtlich erachten können, daß unsre treue Erinnerung bey ihm nichts fruchten, sondern zu mehrern Calumnien ver-

für wenig Jahren zu Leipzig in Gebrauch gewesen, und Herr Rivinus bey Anfang meiner Monaten in einer damahls öffentlichen Thée- und Caffée Conversation, den Januarium und Februarium mit grossen Vergnügen durchlesen, und der übrigen Compagnie vieles daraus mit approbation vorgelesen hatte, unerachtet man damahls noch nicht wuste, daß ich Autor war. So ware auch über dieses Herr M. Wagner mein naher Schwager, indem er mit meiner Halb-Schwester verheyrathet war u. s. w. Nichts destoweniger geschahe es, daß das gesamte Ministerium Lipsiense Zeit währender Tractaten zwischen Herrn D. A. und mir folgende Supplique an das Ober. Consistorium zu Dreßden einsendete.

P. P. Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit berichten wir unterthänigst, was massen Christian Thomasius eine geraume Zeit her unterschiedene Satyrische Schrifften monathlich evulgiret, darinnen er sich nicht allein, so viel die Religion betrifft, sehr profan erwiesen, sondern auch männiglich ohne Unterscheid, absonderlich aber seine vormahls gewesene Praeceptores schmählich und lästerlich angegriffen, auch dabey unserer gutentheils, ja des gantzen Ministerii nicht verschonet, sondern mit allerhand schimpfflichen und nachtheiligen Bildern, Gleichnüssen, Durchhechlung unserer Predigten und injuriösen Auflagen beschweret, wie solches notorisch ist, und jedermann beydes allhier und andern Orten gelehrt und ungelehrt sich mit seinen Schmäh-Schrifften träget, und sowohl unserer in Ministerio, als derer andern, so er übel tractiret / zu verlachen und zu verspotten, Materie bekömmet, welches offentliche Scandalum und schwere Sünden, wir ihn durch seinen Beicht-Vater unsers Mittels (die gradus admonitionum zu adhibiren) zu Gemüth führen, und zur Erkäntniß und Bereuung seiner so grossen Verbrechen, und daß er von dergleichen bösen Beginnen forthin abstehen und sich bessern möchte, bringen wollen, mitlerweiln aber und ehe solches geschehen, entblödet er sich nicht, insonderheit an seinen Beicht-Vater mit vielen groben unverschuldeten Schmähungen, Beschuldigungen und Lästerungen sich zu machen, u. das wenig Tage vorher, als er Sontags darauf des Heil. Abendmahls sich gebrauchet, und von demselben, der damahls von dessen wieder ihn publicirten Schmähe-Schrifft noch nicht gewust, die absolution gesuchet und erhalten.

Wann dann, Gnädigster Churfürst und Herr, aus dieser des Thomasii Begünstigung wir leichtlich erachten können, daß unsre treue Erinnerung bey ihm nichts fruchten, sondern zu mehrern Calumnien ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0051" n="45"/>
für wenig Jahren zu                      Leipzig in Gebrauch gewesen, und Herr Rivinus bey Anfang meiner Monaten in einer                      damahls öffentlichen Thée- und Caffée Conversation, den Januarium und Februarium                      mit grossen Vergnügen durchlesen, und der übrigen Compagnie vieles daraus mit                      approbation vorgelesen hatte, unerachtet man damahls noch nicht wuste, daß ich                      Autor war. So ware auch über dieses Herr M. Wagner mein naher Schwager, indem er                      mit meiner Halb-Schwester verheyrathet war u. s. w. Nichts destoweniger geschahe                      es, daß das gesamte Ministerium Lipsiense Zeit währender Tractaten zwischen                      Herrn D. A. und mir folgende Supplique an das Ober. Consistorium zu Dreßden                      einsendete.</p>
        <p>P. P. Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit berichten wir unterthänigst, was massen                      Christian Thomasius eine geraume Zeit her unterschiedene Satyrische Schrifften                      monathlich evulgiret, darinnen er sich nicht allein, so viel die Religion                      betrifft, sehr profan erwiesen, sondern auch männiglich ohne Unterscheid,                      absonderlich aber seine vormahls gewesene Praeceptores schmählich und lästerlich                      angegriffen, auch dabey unserer gutentheils, ja des gantzen Ministerii nicht                      verschonet, sondern mit allerhand schimpfflichen und nachtheiligen Bildern,                      Gleichnüssen, Durchhechlung unserer Predigten und injuriösen Auflagen                      beschweret, wie solches notorisch ist, und jedermann beydes allhier und andern                      Orten gelehrt und ungelehrt sich mit seinen Schmäh-Schrifften träget, und sowohl                      unserer in Ministerio, als derer andern, so er übel tractiret / zu verlachen und                      zu verspotten, Materie bekömmet, welches offentliche Scandalum und schwere                      Sünden, wir ihn durch seinen Beicht-Vater unsers Mittels (die gradus                      admonitionum zu adhibiren) zu Gemüth führen, und zur Erkäntniß und Bereuung                      seiner so grossen Verbrechen, und daß er von dergleichen bösen Beginnen forthin                      abstehen und sich bessern möchte, bringen wollen, mitlerweiln aber und ehe                      solches geschehen, entblödet er sich nicht, insonderheit an seinen Beicht-Vater                      mit vielen groben unverschuldeten Schmähungen, Beschuldigungen und Lästerungen                      sich zu machen, u. das wenig Tage vorher, als er Sontags darauf des Heil.                      Abendmahls sich gebrauchet, und von demselben, der damahls von dessen wieder ihn                      publicirten Schmähe-Schrifft noch nicht gewust, die absolution gesuchet und                      erhalten.</p>
        <p>Wann dann, Gnädigster Churfürst und Herr, aus dieser des Thomasii Begünstigung                      wir leichtlich erachten können, daß unsre treue Erinnerung bey ihm nichts                      fruchten, sondern zu mehrern Calumnien ver-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0051] für wenig Jahren zu Leipzig in Gebrauch gewesen, und Herr Rivinus bey Anfang meiner Monaten in einer damahls öffentlichen Thée- und Caffée Conversation, den Januarium und Februarium mit grossen Vergnügen durchlesen, und der übrigen Compagnie vieles daraus mit approbation vorgelesen hatte, unerachtet man damahls noch nicht wuste, daß ich Autor war. So ware auch über dieses Herr M. Wagner mein naher Schwager, indem er mit meiner Halb-Schwester verheyrathet war u. s. w. Nichts destoweniger geschahe es, daß das gesamte Ministerium Lipsiense Zeit währender Tractaten zwischen Herrn D. A. und mir folgende Supplique an das Ober. Consistorium zu Dreßden einsendete. P. P. Ew. Churfürstl. Durchlauchtigkeit berichten wir unterthänigst, was massen Christian Thomasius eine geraume Zeit her unterschiedene Satyrische Schrifften monathlich evulgiret, darinnen er sich nicht allein, so viel die Religion betrifft, sehr profan erwiesen, sondern auch männiglich ohne Unterscheid, absonderlich aber seine vormahls gewesene Praeceptores schmählich und lästerlich angegriffen, auch dabey unserer gutentheils, ja des gantzen Ministerii nicht verschonet, sondern mit allerhand schimpfflichen und nachtheiligen Bildern, Gleichnüssen, Durchhechlung unserer Predigten und injuriösen Auflagen beschweret, wie solches notorisch ist, und jedermann beydes allhier und andern Orten gelehrt und ungelehrt sich mit seinen Schmäh-Schrifften träget, und sowohl unserer in Ministerio, als derer andern, so er übel tractiret / zu verlachen und zu verspotten, Materie bekömmet, welches offentliche Scandalum und schwere Sünden, wir ihn durch seinen Beicht-Vater unsers Mittels (die gradus admonitionum zu adhibiren) zu Gemüth führen, und zur Erkäntniß und Bereuung seiner so grossen Verbrechen, und daß er von dergleichen bösen Beginnen forthin abstehen und sich bessern möchte, bringen wollen, mitlerweiln aber und ehe solches geschehen, entblödet er sich nicht, insonderheit an seinen Beicht-Vater mit vielen groben unverschuldeten Schmähungen, Beschuldigungen und Lästerungen sich zu machen, u. das wenig Tage vorher, als er Sontags darauf des Heil. Abendmahls sich gebrauchet, und von demselben, der damahls von dessen wieder ihn publicirten Schmähe-Schrifft noch nicht gewust, die absolution gesuchet und erhalten. Wann dann, Gnädigster Churfürst und Herr, aus dieser des Thomasii Begünstigung wir leichtlich erachten können, daß unsre treue Erinnerung bey ihm nichts fruchten, sondern zu mehrern Calumnien ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/51
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/51>, abgerufen am 24.11.2024.