Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

des Lancelotti Autorität nicht etwa passiren lassen wolte, auch an Lutherischen und zwar sehr berühmten Juristen nicht mangeln, die da behaupten wollen, daß auch das Jus Civile die ewige Seeligkeit zum Endzweck habe, und ich also nach derer ihrer Meynung sowohl tanquam Doctor Juris Civilis als Juris Canonici Responsa über Fragen, die die ewige Seeligkeit angehen, zu ertheilen, und selbige unter denen Juristischen Händeln zu publiciren befugt sey. (Siehe Titii Probe des Geistlichen Rechts lib. 1. c. 2. §. 10. p. 27.) Zum wenigsten werden doch Lutherische Theologi mit denen Juristen nicht härter verfahren, als die Römischen Theologi, die doch sonst gewiß sehr vigilant auf ihren Sprenckel sind, und sich von keiner andern Facultät gerne einen Eingriff thun lassen.

§. XXV. Ich muß aber ehe ich noch weiter gehe, nun auch fürbringen, Neuer Einwurff aus dem Hostiensi, daß die Theologi vortrefliche Rosse, die Legisten aber Esel, und die Canonisten Maul-Esel wären. was etwa meine Gegenpart wider den Discurs des vorigen §. repliciren möchte. Sie werden vielleicht sagen, daß ich zu selbigen Anlaß genommen aus Lesung dessen, was bey dem Autore Differentiarum juris Civilis & Canonici (der bey Schilters Institutionibus Juris Canonici angedruckt ist) und zwar in dessen Thesi I. §. 7. circa finem zu besinden: ich hätte aber das Beste ausgelassen, was eben daselbst aus dem Hostiensi angeführet worden, daß ein Canoniste mit einem Maul-Esel zu vergleichen sey: denn gleichwie dieser ein Mischmasch von einen Pferd und Esel sey; also sey auch ein Canoniste ein Mischmasch von einen Theologo und Legisten oder Juristen. Und hieraus wäre leicht zu begreiffen, warum ich mit dem Phantasten den Lancelotto alleine aufgezogen kommen, der ein Schulfuchs und Pedante gewesen, auch wie bekant, als selbst ein Canonist, und Autor Institutionum Juris Canonici in propria causa kein Zeugnüß ablegen könne: Hostiensis hingegen wäre ein kluger Politicus und Cardinal, ja in beyderley Rechten so berühmt gewesen, daß man ihm (wie Pancirollus de claris legum interpretibus angemerckt) gar Juris utriusque Monarcham genennet. Aber dieses berühmten Römischen Scribentens Passage hätte mir nicht angestanden, weil er nicht undeutlich darinnen die Juristen als Esel, und die Canonisten als Maul-Esel tractiret hätte. Man dörffe also ihrer Seits anders nichts thun, als daß man, wenn ich mit meinen Dicentes aus dem vorigen §. fertig wäre, ohne sich deswegen mit mir weiter einzulassen, nur die besagte Passage des Hostiensis vorläse, und nach gemachten tieffen Reverenz mit einer lächlenden Mine mir den Rücken zukehrete.

des Lancelotti Autorität nicht etwa passiren lassen wolte, auch an Lutherischen und zwar sehr berühmten Juristen nicht mangeln, die da behaupten wollen, daß auch das Jus Civile die ewige Seeligkeit zum Endzweck habe, und ich also nach derer ihrer Meynung sowohl tanquam Doctor Juris Civilis als Juris Canonici Responsa über Fragen, die die ewige Seeligkeit angehen, zu ertheilen, und selbige unter denen Juristischen Händeln zu publiciren befugt sey. (Siehe Titii Probe des Geistlichen Rechts lib. 1. c. 2. §. 10. p. 27.) Zum wenigsten werden doch Lutherische Theologi mit denen Juristen nicht härter verfahren, als die Römischen Theologi, die doch sonst gewiß sehr vigilant auf ihren Sprenckel sind, und sich von keiner andern Facultät gerne einen Eingriff thun lassen.

§. XXV. Ich muß aber ehe ich noch weiter gehe, nun auch fürbringen, Neuer Einwurff aus dem Hostiensi, daß die Theologi vortrefliche Rosse, die Legisten aber Esel, und die Canonisten Maul-Esel wären. was etwa meine Gegenpart wider den Discurs des vorigen §. repliciren möchte. Sie werden vielleicht sagen, daß ich zu selbigen Anlaß genommen aus Lesung dessen, was bey dem Autore Differentiarum juris Civilis & Canonici (der bey Schilters Institutionibus Juris Canonici angedruckt ist) und zwar in dessen Thesi I. §. 7. circa finem zu besinden: ich hätte aber das Beste ausgelassen, was eben daselbst aus dem Hostiensi angeführet worden, daß ein Canoniste mit einem Maul-Esel zu vergleichen sey: denn gleichwie dieser ein Mischmasch von einen Pferd und Esel sey; also sey auch ein Canoniste ein Mischmasch von einen Theologo und Legisten oder Juristen. Und hieraus wäre leicht zu begreiffen, warum ich mit dem Phantasten den Lancelotto alleine aufgezogen kommen, der ein Schulfuchs und Pedante gewesen, auch wie bekant, als selbst ein Canonist, und Autor Institutionum Juris Canonici in propria causa kein Zeugnüß ablegen könne: Hostiensis hingegen wäre ein kluger Politicus und Cardinal, ja in beyderley Rechten so berühmt gewesen, daß man ihm (wie Pancirollus de claris legum interpretibus angemerckt) gar Juris utriusque Monarcham genennet. Aber dieses berühmten Römischen Scribentens Passage hätte mir nicht angestanden, weil er nicht undeutlich darinnen die Juristen als Esel, und die Canonisten als Maul-Esel tractiret hätte. Man dörffe also ihrer Seits anders nichts thun, als daß man, wenn ich mit meinen Dicentes aus dem vorigen §. fertig wäre, ohne sich deswegen mit mir weiter einzulassen, nur die besagte Passage des Hostiensis vorläse, und nach gemachten tieffen Reverenz mit einer lächlenden Mine mir den Rücken zukehrete.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0107" n="99"/>
des Lancelotti                      Autorität nicht etwa passiren lassen wolte, auch an Lutherischen und zwar sehr                      berühmten Juristen nicht mangeln, die da behaupten wollen, daß auch das Jus                      Civile die ewige Seeligkeit zum Endzweck habe, und ich also nach derer ihrer                      Meynung sowohl tanquam Doctor Juris Civilis als Juris Canonici Responsa über                      Fragen, die die ewige Seeligkeit angehen, zu ertheilen, und selbige unter denen                      Juristischen Händeln zu publiciren befugt sey. (Siehe Titii Probe des                      Geistlichen Rechts lib. 1. c. 2. §. 10. p. 27.) Zum wenigsten werden doch                      Lutherische Theologi mit denen Juristen nicht härter verfahren, als die                      Römischen Theologi, die doch sonst gewiß sehr vigilant auf ihren Sprenckel sind,                      und sich von keiner andern Facultät gerne einen Eingriff thun lassen.</p>
        <p>§. XXV. Ich muß aber ehe ich noch weiter gehe, nun auch fürbringen, <note place="right">Neuer Einwurff aus dem <hi rendition="#i">Hostiensi</hi>, daß                          die <hi rendition="#i">Theologi</hi> vortrefliche Rosse, die <hi rendition="#i">Legist</hi>en aber Esel, und die <hi rendition="#i">Canonisten</hi> Maul-Esel wären.</note> was etwa meine Gegenpart wider                      den Discurs des vorigen §. repliciren möchte. Sie werden vielleicht sagen, daß                      ich zu selbigen Anlaß genommen aus Lesung dessen, was bey dem Autore                      Differentiarum juris Civilis &amp; Canonici (der bey Schilters Institutionibus                      Juris Canonici angedruckt ist) und zwar in dessen Thesi I. §. 7. circa finem zu                      besinden: ich hätte aber das Beste ausgelassen, was eben daselbst aus dem                      Hostiensi angeführet worden, daß ein Canoniste mit einem Maul-Esel zu                      vergleichen sey: denn gleichwie dieser ein Mischmasch von einen Pferd und Esel                      sey; also sey auch ein Canoniste ein Mischmasch von einen Theologo und Legisten                      oder Juristen. Und hieraus wäre leicht zu begreiffen, warum ich mit dem                      Phantasten den Lancelotto alleine aufgezogen kommen, der ein Schulfuchs und                      Pedante gewesen, auch wie bekant, als selbst ein Canonist, und Autor                      Institutionum Juris Canonici in propria causa kein Zeugnüß ablegen könne:                      Hostiensis hingegen wäre ein kluger Politicus und Cardinal, ja in beyderley                      Rechten so berühmt gewesen, daß man ihm (wie Pancirollus de claris legum                      interpretibus angemerckt) gar Juris utriusque Monarcham genennet. Aber dieses                      berühmten Römischen Scribentens Passage hätte mir nicht angestanden, weil er                      nicht undeutlich darinnen die Juristen als Esel, und die Canonisten als                      Maul-Esel tractiret hätte. Man dörffe also ihrer Seits anders nichts thun, als                      daß man, wenn ich mit meinen Dicentes aus dem vorigen §. fertig wäre, ohne sich                      deswegen mit mir weiter einzulassen, nur die besagte Passage des Hostiensis                      vorläse, und nach gemachten tieffen Reverenz mit einer lächlenden Mine mir den                      Rücken zukehrete.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0107] des Lancelotti Autorität nicht etwa passiren lassen wolte, auch an Lutherischen und zwar sehr berühmten Juristen nicht mangeln, die da behaupten wollen, daß auch das Jus Civile die ewige Seeligkeit zum Endzweck habe, und ich also nach derer ihrer Meynung sowohl tanquam Doctor Juris Civilis als Juris Canonici Responsa über Fragen, die die ewige Seeligkeit angehen, zu ertheilen, und selbige unter denen Juristischen Händeln zu publiciren befugt sey. (Siehe Titii Probe des Geistlichen Rechts lib. 1. c. 2. §. 10. p. 27.) Zum wenigsten werden doch Lutherische Theologi mit denen Juristen nicht härter verfahren, als die Römischen Theologi, die doch sonst gewiß sehr vigilant auf ihren Sprenckel sind, und sich von keiner andern Facultät gerne einen Eingriff thun lassen. §. XXV. Ich muß aber ehe ich noch weiter gehe, nun auch fürbringen, was etwa meine Gegenpart wider den Discurs des vorigen §. repliciren möchte. Sie werden vielleicht sagen, daß ich zu selbigen Anlaß genommen aus Lesung dessen, was bey dem Autore Differentiarum juris Civilis & Canonici (der bey Schilters Institutionibus Juris Canonici angedruckt ist) und zwar in dessen Thesi I. §. 7. circa finem zu besinden: ich hätte aber das Beste ausgelassen, was eben daselbst aus dem Hostiensi angeführet worden, daß ein Canoniste mit einem Maul-Esel zu vergleichen sey: denn gleichwie dieser ein Mischmasch von einen Pferd und Esel sey; also sey auch ein Canoniste ein Mischmasch von einen Theologo und Legisten oder Juristen. Und hieraus wäre leicht zu begreiffen, warum ich mit dem Phantasten den Lancelotto alleine aufgezogen kommen, der ein Schulfuchs und Pedante gewesen, auch wie bekant, als selbst ein Canonist, und Autor Institutionum Juris Canonici in propria causa kein Zeugnüß ablegen könne: Hostiensis hingegen wäre ein kluger Politicus und Cardinal, ja in beyderley Rechten so berühmt gewesen, daß man ihm (wie Pancirollus de claris legum interpretibus angemerckt) gar Juris utriusque Monarcham genennet. Aber dieses berühmten Römischen Scribentens Passage hätte mir nicht angestanden, weil er nicht undeutlich darinnen die Juristen als Esel, und die Canonisten als Maul-Esel tractiret hätte. Man dörffe also ihrer Seits anders nichts thun, als daß man, wenn ich mit meinen Dicentes aus dem vorigen §. fertig wäre, ohne sich deswegen mit mir weiter einzulassen, nur die besagte Passage des Hostiensis vorläse, und nach gemachten tieffen Reverenz mit einer lächlenden Mine mir den Rücken zukehrete. Neuer Einwurff aus dem Hostiensi, daß die Theologi vortrefliche Rosse, die Legisten aber Esel, und die Canonisten Maul-Esel wären.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/107
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/107>, abgerufen am 21.11.2024.