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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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thun und beschweren könne, indem sie sich solchergestalt erklären muß, die Ohren-Beicht, das Feg-Feuer, die Anruffung der Heiligen, 7. Sacramenten, die Infallibilität des Römischen Pabsts etc. zu gläuben Rs. Eine andere Bewandnüß hat es mit dem Glauben, eine andere mit der Praxi, oder Ausübung, der Glaube ist vor Menschen Augen verborgen, was man aber practiciret oder thut, solches ist anderer Menschen Wissenschafft und Urtheil unterworffen; die Ohren-Beicht und Erzehlung aller Sünden ist zwar zur Seeligkeit nicht nöthig, doch auch nicht schädlich. Und ist unter den Papisten die gemeine Sage, daß man den Pfaffen ein mehrers nicht, als er wissen soll, sagen müste. Das Feg-Feuer hält sich indifferenter, wer es gläubt, leidet an der Seeligkeit so wenig Schaden, als der, welcher es nicht gläubet. Die Anruffung der Heiligen ist zwar vergeblich, jedennoch lieget darunter keine Idololatrie verborgen, wenn sie nur nicht um etwas, welches GOtt allein geben kan, angeruffen werden. Der Streit von der Zahl der Sacramenten laufft auf einen Wort-Streit hinaus. Die Infallibilität des Pabsts ist wohl eines von denen Dingen, welche im Pabstthum hervorleuchten; allein ich habe ihrer viel in Italien gekannt, welche dieselbe nicht glaubten.

§. V. Die beyden Prediger hatten obige andre Beylage, und dieDritte Beylage. eigenhändige Hochfürstliche Resolution nicht so bald erhalten, so wurden sie noch muthiger und vermeyneten, man fange an, sich etwas für sie zu fürchten; also brachen sie nun alsbald in einen neuen Schreiben sub dato 4. Septembris 1705. aus, in welchen sie denn ihre Intention eröffneten, die bißhero in unserer Lutherischen Kirchen leider überbliebene plumpe und handgreifliche Reliquien des politischen Pabstthums unter den so genannten Binde-Schlüssel an ihren Fürsten auszuüben, zuförderst aber, um denen Unverständigen eine blaue Dunst vorzumachen, den Beyfall vieler andern ihnen gleichenden Gern-Päbste, (davon damahls noch alles allenthalben voll gribbelte und wibbelte) vorher einzuhohlen.

Ew. Hochfürstliche Durchlauchtigkeit auf unser unterthänigstesAnderer Brieff der beyden Prediger, darinnen sie more [fremdsprachliches Material] Papizante, mit der zweyfaches Petitum den 2. Septembr. mit eigener Hand abgefassete Resolution ist uns folgendes als gestriges Tages worden, daraus wir mit unterthänigstem Respect ablesend vernommen, daß uns quoad 1) der betrübte Bescheid werde gegeben: Es sey solch unser Begehren (die Printzeßin zu sprechen, und mit GOttes Wort zu stärcken) impracticable. Ob wir nun zwar unsers geringen Orts nicht finden können, wie und warum das impracticable sey, was weder naturaliter noch vielweni-

thun und beschweren könne, indem sie sich solchergestalt erklären muß, die Ohren-Beicht, das Feg-Feuer, die Anruffung der Heiligen, 7. Sacramenten, die Infallibilität des Römischen Pabsts etc. zu gläuben Rs. Eine andere Bewandnüß hat es mit dem Glauben, eine andere mit der Praxi, oder Ausübung, der Glaube ist vor Menschen Augen verborgen, was man aber practiciret oder thut, solches ist anderer Menschen Wissenschafft und Urtheil unterworffen; die Ohren-Beicht und Erzehlung aller Sünden ist zwar zur Seeligkeit nicht nöthig, doch auch nicht schädlich. Und ist unter den Papisten die gemeine Sage, daß man den Pfaffen ein mehrers nicht, als er wissen soll, sagen müste. Das Feg-Feuer hält sich indifferenter, wer es gläubt, leidet an der Seeligkeit so wenig Schaden, als der, welcher es nicht gläubet. Die Anruffung der Heiligen ist zwar vergeblich, jedennoch lieget darunter keine Idololatrie verborgen, wenn sie nur nicht um etwas, welches GOtt allein geben kan, angeruffen werden. Der Streit von der Zahl der Sacramenten laufft auf einen Wort-Streit hinaus. Die Infallibilität des Pabsts ist wohl eines von denen Dingen, welche im Pabstthum hervorleuchten; allein ich habe ihrer viel in Italien gekannt, welche dieselbe nicht glaubten.

§. V. Die beyden Prediger hatten obige andre Beylage, und dieDritte Beylage. eigenhändige Hochfürstliche Resolution nicht so bald erhalten, so wurden sie noch muthiger und vermeyneten, man fange an, sich etwas für sie zu fürchten; also brachen sie nun alsbald in einen neuen Schreiben sub dato 4. Septembris 1705. aus, in welchen sie denn ihre Intention eröffneten, die bißhero in unserer Lutherischen Kirchen leider überbliebene plumpe und handgreifliche Reliquien des politischen Pabstthums unter den so genannten Binde-Schlüssel an ihren Fürsten auszuüben, zuförderst aber, um denen Unverständigen eine blaue Dunst vorzumachen, den Beyfall vieler andern ihnen gleichenden Gern-Päbste, (davon damahls noch alles allenthalben voll gribbelte und wibbelte) vorher einzuhohlen.

Ew. Hochfürstliche Durchlauchtigkeit auf unser unterthänigstesAnderer Brieff der beyden Prediger, darinnen sie more [fremdsprachliches Material] Papizante, mit der zweyfaches Petitum den 2. Septembr. mit eigener Hand abgefassete Resolution ist uns folgendes als gestriges Tages worden, daraus wir mit unterthänigstem Respect ablesend vernommen, daß uns quoad 1) der betrübte Bescheid werde gegeben: Es sey solch unser Begehren (die Printzeßin zu sprechen, und mit GOttes Wort zu stärcken) impracticable. Ob wir nun zwar unsers geringen Orts nicht finden können, wie und warum das impracticable sey, was weder naturaliter noch vielweni-

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[113/0121] thun und beschweren könne, indem sie sich solchergestalt erklären muß, die Ohren-Beicht, das Feg-Feuer, die Anruffung der Heiligen, 7. Sacramenten, die Infallibilität des Römischen Pabsts etc. zu gläuben Rs. Eine andere Bewandnüß hat es mit dem Glauben, eine andere mit der Praxi, oder Ausübung, der Glaube ist vor Menschen Augen verborgen, was man aber practiciret oder thut, solches ist anderer Menschen Wissenschafft und Urtheil unterworffen; die Ohren-Beicht und Erzehlung aller Sünden ist zwar zur Seeligkeit nicht nöthig, doch auch nicht schädlich. Und ist unter den Papisten die gemeine Sage, daß man den Pfaffen ein mehrers nicht, als er wissen soll, sagen müste. Das Feg-Feuer hält sich indifferenter, wer es gläubt, leidet an der Seeligkeit so wenig Schaden, als der, welcher es nicht gläubet. Die Anruffung der Heiligen ist zwar vergeblich, jedennoch lieget darunter keine Idololatrie verborgen, wenn sie nur nicht um etwas, welches GOtt allein geben kan, angeruffen werden. Der Streit von der Zahl der Sacramenten laufft auf einen Wort-Streit hinaus. Die Infallibilität des Pabsts ist wohl eines von denen Dingen, welche im Pabstthum hervorleuchten; allein ich habe ihrer viel in Italien gekannt, welche dieselbe nicht glaubten. §. V. Die beyden Prediger hatten obige andre Beylage, und die eigenhändige Hochfürstliche Resolution nicht so bald erhalten, so wurden sie noch muthiger und vermeyneten, man fange an, sich etwas für sie zu fürchten; also brachen sie nun alsbald in einen neuen Schreiben sub dato 4. Septembris 1705. aus, in welchen sie denn ihre Intention eröffneten, die bißhero in unserer Lutherischen Kirchen leider überbliebene plumpe und handgreifliche Reliquien des politischen Pabstthums unter den so genannten Binde-Schlüssel an ihren Fürsten auszuüben, zuförderst aber, um denen Unverständigen eine blaue Dunst vorzumachen, den Beyfall vieler andern ihnen gleichenden Gern-Päbste, (davon damahls noch alles allenthalben voll gribbelte und wibbelte) vorher einzuhohlen. Dritte Beylage. Ew. Hochfürstliche Durchlauchtigkeit auf unser unterthänigstes zweyfaches Petitum den 2. Septembr. mit eigener Hand abgefassete Resolution ist uns folgendes als gestriges Tages worden, daraus wir mit unterthänigstem Respect ablesend vernommen, daß uns quoad 1) der betrübte Bescheid werde gegeben: Es sey solch unser Begehren (die Printzeßin zu sprechen, und mit GOttes Wort zu stärcken) impracticable. Ob wir nun zwar unsers geringen Orts nicht finden können, wie und warum das impracticable sey, was weder naturaliter noch vielweni- Anderer Brieff der beyden Prediger, darinnen sie more _ Papizante, mit der

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/121>, abgerufen am 21.11.2024.