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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Ziegl. ad Lancell. lib. 4. tit. 13. §. 1. p. 1015. Idem de Episc. lib. 3. c. 11. §. 72. p. 621. Grotius de jure summ. potest. circa sacra c. 9. §. 18.

Daß aber (V.) absonderlich in dem Falle, wenn ein Fürst etwas(V) Zumahl wenn der Fürst dem Pabstthum favorisiret. begehet, das zum Praejudiz der wahren Lutherischen Religion gereichet und dem Pabstthum favorisiret, ein Prediger mit diesen kleinern Kirchen-Bann wider ihn verfahren könne, ist daraus nicht unschwer zu behaupten; daß das Pabstthum eine der greulichsten Ketzereyen ist und der Pabst von unsern Lehrern vor den Anti-Christ gehalten wird. Da nun sonsten ordentlich niemand mit den Kirchen-Bann beleget werden kan, der nicht unter des Bischoffs Dioeces oder des Predigers Parochie ist, so ist doch eine Ausnahme zu machen von denen Ketzern, als welche von allen Predigern auch ausser ihren Dioeces und Parochie excommuniciret werden mögen, zumahlen wenn diejenigen, denen der Bann hauptsächlich zukömmt, ihnen durch die Finger sehen und ihr Amt nicht gebührend verrichten. Hülsem. de corrept. Fraterna a p. 255. ad p. 259.

Und ob wohl (VI.) auch unsere Theologen selbst rathen daß sich(VI.) Jedoch wenn es füglich geschehen kan. Prediger hüten sollen, damit sie nicht mit unzeitigen Eyffer durch den Bann ansehnlicher Leute, absonderlich aber der Könige und Fürsten, der Kirche selbst mehr Schaden zu fügen als Vortheil bringen; so geben sie doch deutlich zu verstehen daß diese Erinnerung nicht de regulis justitiae oder von dem, was Prediger zu thun befugt seyn, handele, als wovon in der vorgelegten Frage eigentlich gehandelt wird, sondern de regulis prudentiae, oder was sich füglich und geschicklich thun und practiciren lasse. Hülsemann. d. l. a p. 274. ad p. 308.

Diesen allen aber ungeachtet halte ich dafür in der gesunden VernunfftEin Prediger kan seinen Fürsten nicht von Gebrauch des Heil. Abendmahls ausschliessen. und heiligen Schrifft gegründet zu seyn, daß kein Evangelischer Prediger befugt sey, einen Evangelischen Fürsten, geschweige denn seinen eigenen Fürsten dessen Unterthan er ist, von dem Gebrauch des heiligen Abendmahls auszuschliessen und ihn die Absolution zu versagen, und zwar dieses aus folgenden trifftigen Ursachen. Denn (1.) ist ausgemacht und gantz deutlich zu erweisen, daß der so genannte Kirchen-Bann oder Excommunication entweder eine pur lautere weltliche und bürgerliche Straffe(1.) Weil der Kirchen-Bann mehr eine weltliche als geistliche Bestrafung ist. sey, oder doch zum wenigsten mit einer weltlichen und bürgerlichen Straffe, zumahl in solchen Staaten, die aus lauter Christen bestehen, dergestalt verknüfft sey, daß die geistliche Bestraffung von der mitverknüpfften weltlichen Straffe nicht mag abgesondert werden, und ihre Würckungen für sich haben ohne die weltliche Bestraffung mit zu wür-

Ziegl. ad Lancell. lib. 4. tit. 13. §. 1. p. 1015. Idem de Episc. lib. 3. c. 11. §. 72. p. 621. Grotius de jure summ. potest. circa sacra c. 9. §. 18.

Daß aber (V.) absonderlich in dem Falle, wenn ein Fürst etwas(V) Zumahl wenn der Fürst dem Pabstthum favorisiret. begehet, das zum Praejudiz der wahren Lutherischen Religion gereichet und dem Pabstthum favorisiret, ein Prediger mit diesen kleinern Kirchen-Bann wider ihn verfahren könne, ist daraus nicht unschwer zu behaupten; daß das Pabstthum eine der greulichsten Ketzereyen ist und der Pabst von unsern Lehrern vor den Anti-Christ gehalten wird. Da nun sonsten ordentlich niemand mit den Kirchen-Bann beleget werden kan, der nicht unter des Bischoffs Dioeces oder des Predigers Parochie ist, so ist doch eine Ausnahme zu machen von denen Ketzern, als welche von allen Predigern auch ausser ihren Dioeces und Parochie excommuniciret werden mögen, zumahlen wenn diejenigen, denen der Bann hauptsächlich zukömmt, ihnen durch die Finger sehen und ihr Amt nicht gebührend verrichten. Hülsem. de corrept. Fraterna a p. 255. ad p. 259.

Und ob wohl (VI.) auch unsere Theologen selbst rathen daß sich(VI.) Jedoch wenn es füglich geschehen kan. Prediger hüten sollen, damit sie nicht mit unzeitigen Eyffer durch den Bann ansehnlicher Leute, absonderlich aber der Könige und Fürsten, der Kirche selbst mehr Schaden zu fügen als Vortheil bringen; so geben sie doch deutlich zu verstehen daß diese Erinnerung nicht de regulis justitiae oder von dem, was Prediger zu thun befugt seyn, handele, als wovon in der vorgelegten Frage eigentlich gehandelt wird, sondern de regulis prudentiae, oder was sich füglich und geschicklich thun und practiciren lasse. Hülsemann. d. l. a p. 274. ad p. 308.

Diesen allen aber ungeachtet halte ich dafür in der gesunden VernunfftEin Prediger kan seinen Fürsten nicht von Gebrauch des Heil. Abendmahls ausschliessen. und heiligen Schrifft gegründet zu seyn, daß kein Evangelischer Prediger befugt sey, einen Evangelischen Fürsten, geschweige denn seinen eigenen Fürsten dessen Unterthan er ist, von dem Gebrauch des heiligen Abendmahls auszuschliessen und ihn die Absolution zu versagen, und zwar dieses aus folgenden trifftigen Ursachen. Denn (1.) ist ausgemacht und gantz deutlich zu erweisen, daß der so genannte Kirchen-Bann oder Excommunication entweder eine pur lautere weltliche und bürgerliche Straffe(1.) Weil der Kirchen-Bann mehr eine weltliche als geistliche Bestrafung ist. sey, oder doch zum wenigsten mit einer weltlichen und bürgerlichen Straffe, zumahl in solchen Staaten, die aus lauter Christen bestehen, dergestalt verknüfft sey, daß die geistliche Bestraffung von der mitverknüpfften weltlichen Straffe nicht mag abgesondert werden, und ihre Würckungen für sich haben ohne die weltliche Bestraffung mit zu wür-

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[129/0137] Ziegl. ad Lancell. lib. 4. tit. 13. §. 1. p. 1015. Idem de Episc. lib. 3. c. 11. §. 72. p. 621. Grotius de jure summ. potest. circa sacra c. 9. §. 18. Daß aber (V.) absonderlich in dem Falle, wenn ein Fürst etwas begehet, das zum Praejudiz der wahren Lutherischen Religion gereichet und dem Pabstthum favorisiret, ein Prediger mit diesen kleinern Kirchen-Bann wider ihn verfahren könne, ist daraus nicht unschwer zu behaupten; daß das Pabstthum eine der greulichsten Ketzereyen ist und der Pabst von unsern Lehrern vor den Anti-Christ gehalten wird. Da nun sonsten ordentlich niemand mit den Kirchen-Bann beleget werden kan, der nicht unter des Bischoffs Dioeces oder des Predigers Parochie ist, so ist doch eine Ausnahme zu machen von denen Ketzern, als welche von allen Predigern auch ausser ihren Dioeces und Parochie excommuniciret werden mögen, zumahlen wenn diejenigen, denen der Bann hauptsächlich zukömmt, ihnen durch die Finger sehen und ihr Amt nicht gebührend verrichten. Hülsem. de corrept. Fraterna a p. 255. ad p. 259. (V) Zumahl wenn der Fürst dem Pabstthum favorisiret. Und ob wohl (VI.) auch unsere Theologen selbst rathen daß sich Prediger hüten sollen, damit sie nicht mit unzeitigen Eyffer durch den Bann ansehnlicher Leute, absonderlich aber der Könige und Fürsten, der Kirche selbst mehr Schaden zu fügen als Vortheil bringen; so geben sie doch deutlich zu verstehen daß diese Erinnerung nicht de regulis justitiae oder von dem, was Prediger zu thun befugt seyn, handele, als wovon in der vorgelegten Frage eigentlich gehandelt wird, sondern de regulis prudentiae, oder was sich füglich und geschicklich thun und practiciren lasse. Hülsemann. d. l. a p. 274. ad p. 308. (VI.) Jedoch wenn es füglich geschehen kan. Diesen allen aber ungeachtet halte ich dafür in der gesunden Vernunfft und heiligen Schrifft gegründet zu seyn, daß kein Evangelischer Prediger befugt sey, einen Evangelischen Fürsten, geschweige denn seinen eigenen Fürsten dessen Unterthan er ist, von dem Gebrauch des heiligen Abendmahls auszuschliessen und ihn die Absolution zu versagen, und zwar dieses aus folgenden trifftigen Ursachen. Denn (1.) ist ausgemacht und gantz deutlich zu erweisen, daß der so genannte Kirchen-Bann oder Excommunication entweder eine pur lautere weltliche und bürgerliche Straffe sey, oder doch zum wenigsten mit einer weltlichen und bürgerlichen Straffe, zumahl in solchen Staaten, die aus lauter Christen bestehen, dergestalt verknüfft sey, daß die geistliche Bestraffung von der mitverknüpfften weltlichen Straffe nicht mag abgesondert werden, und ihre Würckungen für sich haben ohne die weltliche Bestraffung mit zu wür- Ein Prediger kan seinen Fürsten nicht von Gebrauch des Heil. Abendmahls ausschliessen. (1.) Weil der Kirchen-Bann mehr eine weltliche als geistliche Bestrafung ist.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/137>, abgerufen am 21.11.2024.