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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Ob auch wohl ein neuerer Scribent, Joh. Barthold. Nimeyer inAnmerckungen über Nimeyers Tractat von der Kirchen-Disciplin. tractatu de disciplina Ecclesiastica den gemeinen Irrthum zu defendiren, auch die bißher erzehlten Explicationes zu refutiren sich unterstanden, so sind doch bey selbigen nur lauter Contradictiones oder Petitiones Principii, oder Mutationes Status controversiae an statt gegründeter und vernünfftiger Rationum anzutreffen. Denn 1) da er dissert. 1. §. 12. & 13. des Seldeni Auslegung von Binden und Lösen refutiven will, vergißt er die rationes Seldeni aufrichtig anzuführen und zu beantworten, und hält sich nur an etliche neben Umstände, die Limborch Theol. Christ. lib. 7. c. 18. §. 26. dieser Explication mit angehängt hatte, und die an sich selbst dem Grund der wahren Auslegung weder etwas geben noch nehmen. Ferner gestehet er 2) ead. disp. 1. §. 17. p. 13. daß aus dem Dicto: Haltet ihn vor einen Heyden und Zöllner, aus oben erzehlter Ursache directo keine Excommunication bewiesen werden könne; was er aber darbey ibid. & disp. 2. §. 19. p. 50. de probatione indirecta anhänget, ist als eine mera petitio principii, oder auf das glimpflichste zu reden als ein argumentum tantum illustrans, non probans anzusehen. 3) Hat er d. exerc. 1. passim, maxime v. §. 39. p. 27. seq. vieles de clave errante eingemischt nemlich wenn der Prediger unschuldige Leute in der Beichte bände, und die Ubelthäter lösete- Wo aber dieser clavis errans in der heiligen Schrifft oder gesunder Vernunfft gegründet sey hat er nirgends gewiesen, wird auch solches nimmer thun können, weil clavis errans nicht so gut als ein Dietrich oder Diebsschlüssel, sondern ein untüchtiger nichtstaugender Schlüssel ist, und mag dannenhero der Autor zusehen, wie er solches gegen das heilige Predig-Amt sich zu verantworten getraue, daß er dieselben mit so einen untüchtigen & in cerebro otiosorum hominum verfertigten Schlüssel beschencket. 4) Hält er zwar das Anathema Concilii Tridentini wider diejenigen die da fürgäben, daß die Absolution in der Beichte kein Actus judicalus sey d. disp. 1. §. 47. p. 32. gantz recht mit unsern Theologis für verwegen; nichts destoweniger aber schreiber er dem Evangelischen Binde-Schlüssel disp. 2. §. 6. p. 41. vim & potestatem in foro Ecclesiae externo zu. Ob nun aber potestas fori externi sine actu judiciali concipiret werden könne, und er also in der That nicht papentze, lasse ich einen jeden vernünfftigen Juristen beurtheilen, zumahl da er alsbald §. 7. p. 42. mit dürren Worten sagt, quod ligatio & solutio in foro externo exerceatur potentia jurisdictionis und bald §. 9. p. 43. gestehet, quod appellatio jurisdictionis in Ecclesia nonnihil recentior sit (das heist auf gut Deutsch, es ist diese Juris-

Ob auch wohl ein neuerer Scribent, Joh. Barthold. Nimeyer inAnmerckungen über Nimeyers Tractat von der Kirchen-Disciplin. tractatu de disciplina Ecclesiastica den gemeinen Irrthum zu defendiren, auch die bißher erzehlten Explicationes zu refutiren sich unterstanden, so sind doch bey selbigen nur lauter Contradictiones oder Petitiones Principii, oder Mutationes Status controversiae an statt gegründeter und vernünfftiger Rationum anzutreffen. Denn 1) da er dissert. 1. §. 12. & 13. des Seldeni Auslegung von Binden und Lösen refutiven will, vergißt er die rationes Seldeni aufrichtig anzuführen und zu beantworten, und hält sich nur an etliche neben Umstände, die Limborch Theol. Christ. lib. 7. c. 18. §. 26. dieser Explication mit angehängt hatte, und die an sich selbst dem Grund der wahren Auslegung weder etwas geben noch nehmen. Ferner gestehet er 2) ead. disp. 1. §. 17. p. 13. daß aus dem Dicto: Haltet ihn vor einen Heyden und Zöllner, aus oben erzehlter Ursache directo keine Excommunication bewiesen werden könne; was er aber darbey ibid. & disp. 2. §. 19. p. 50. de probatione indirecta anhänget, ist als eine mera petitio principii, oder auf das glimpflichste zu reden als ein argumentum tantum illustrans, non probans anzusehen. 3) Hat er d. exerc. 1. passim, maxime v. §. 39. p. 27. seq. vieles de clave errante eingemischt nemlich wenn der Prediger unschuldige Leute in der Beichte bände, und die Ubelthäter lösete- Wo aber dieser clavis errans in der heiligen Schrifft oder gesunder Vernunfft gegründet sey hat er nirgends gewiesen, wird auch solches nimmer thun können, weil clavis errans nicht so gut als ein Dietrich oder Diebsschlüssel, sondern ein untüchtiger nichtstaugender Schlüssel ist, und mag dannenhero der Autor zusehen, wie er solches gegen das heilige Predig-Amt sich zu verantworten getraue, daß er dieselben mit so einen untüchtigen & in cerebro otiosorum hominum verfertigten Schlüssel beschencket. 4) Hält er zwar das Anathema Concilii Tridentini wider diejenigen die da fürgäben, daß die Absolution in der Beichte kein Actus judicalus sey d. disp. 1. §. 47. p. 32. gantz recht mit unsern Theologis für verwegen; nichts destoweniger aber schreiber er dem Evangelischen Binde-Schlüssel disp. 2. §. 6. p. 41. vim & potestatem in foro Ecclesiae externo zu. Ob nun aber potestas fori externi sine actu judiciali concipiret werden könne, und er also in der That nicht papentze, lasse ich einen jeden vernünfftigen Juristen beurtheilen, zumahl da er alsbald §. 7. p. 42. mit dürren Worten sagt, quod ligatio & solutio in foro externo exerceatur potentia jurisdictionis und bald §. 9. p. 43. gestehet, quod appellatio jurisdictionis in Ecclesia nonnihil recentior sit (das heist auf gut Deutsch, es ist diese Juris-

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[171/0179] Ob auch wohl ein neuerer Scribent, Joh. Barthold. Nimeyer in tractatu de disciplina Ecclesiastica den gemeinen Irrthum zu defendiren, auch die bißher erzehlten Explicationes zu refutiren sich unterstanden, so sind doch bey selbigen nur lauter Contradictiones oder Petitiones Principii, oder Mutationes Status controversiae an statt gegründeter und vernünfftiger Rationum anzutreffen. Denn 1) da er dissert. 1. §. 12. & 13. des Seldeni Auslegung von Binden und Lösen refutiven will, vergißt er die rationes Seldeni aufrichtig anzuführen und zu beantworten, und hält sich nur an etliche neben Umstände, die Limborch Theol. Christ. lib. 7. c. 18. §. 26. dieser Explication mit angehängt hatte, und die an sich selbst dem Grund der wahren Auslegung weder etwas geben noch nehmen. Ferner gestehet er 2) ead. disp. 1. §. 17. p. 13. daß aus dem Dicto: Haltet ihn vor einen Heyden und Zöllner, aus oben erzehlter Ursache directo keine Excommunication bewiesen werden könne; was er aber darbey ibid. & disp. 2. §. 19. p. 50. de probatione indirecta anhänget, ist als eine mera petitio principii, oder auf das glimpflichste zu reden als ein argumentum tantum illustrans, non probans anzusehen. 3) Hat er d. exerc. 1. passim, maxime v. §. 39. p. 27. seq. vieles de clave errante eingemischt nemlich wenn der Prediger unschuldige Leute in der Beichte bände, und die Ubelthäter lösete- Wo aber dieser clavis errans in der heiligen Schrifft oder gesunder Vernunfft gegründet sey hat er nirgends gewiesen, wird auch solches nimmer thun können, weil clavis errans nicht so gut als ein Dietrich oder Diebsschlüssel, sondern ein untüchtiger nichtstaugender Schlüssel ist, und mag dannenhero der Autor zusehen, wie er solches gegen das heilige Predig-Amt sich zu verantworten getraue, daß er dieselben mit so einen untüchtigen & in cerebro otiosorum hominum verfertigten Schlüssel beschencket. 4) Hält er zwar das Anathema Concilii Tridentini wider diejenigen die da fürgäben, daß die Absolution in der Beichte kein Actus judicalus sey d. disp. 1. §. 47. p. 32. gantz recht mit unsern Theologis für verwegen; nichts destoweniger aber schreiber er dem Evangelischen Binde-Schlüssel disp. 2. §. 6. p. 41. vim & potestatem in foro Ecclesiae externo zu. Ob nun aber potestas fori externi sine actu judiciali concipiret werden könne, und er also in der That nicht papentze, lasse ich einen jeden vernünfftigen Juristen beurtheilen, zumahl da er alsbald §. 7. p. 42. mit dürren Worten sagt, quod ligatio & solutio in foro externo exerceatur potentia jurisdictionis und bald §. 9. p. 43. gestehet, quod appellatio jurisdictionis in Ecclesia nonnihil recentior sit (das heist auf gut Deutsch, es ist diese Juris- Anmerckungen über Nimeyers Tractat von der Kirchen-Disciplin.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/179>, abgerufen am 25.11.2024.