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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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um der Ordnung willen ein Geistlicher keinen höhern Geistlichen, auch nicht einmahl seine eingepfarrte Leyen mit dem Bann belegen könne, geschweige denn daß er seinen vorgesetzten Bischoff von Abendmahl auszuschliessen sich unterfangen solte: u. s. w. Was replicirt nun unser vortreflicher Methaphysicus hier wieder? Er sagt sehr dreiste p. 46. Hie redet der Autor ungeräumt, wenn er das Argument von der FORMA und Beschaffenheit des Kirchen-Bannes, welche darinnen bestehet, daß einer als ein faul Glied von dem geistlichen Leibe abgeschnitten wird, nehmen will, und dabey auf das OBIECTUM und andre Dinge verfällt, welche die NATUR dieser Handlung nicht ausmachen: Aber ein jeder, der nur prima elementa der heiligen Methaphysic gehöret hat, siehet gar deutlich, daß der arme Socius seine Methaphysic nicht recht gelernet, indem ein grosser Unterscheid zwischen der Natur und Form, zwischen den Eigenschafften und Beschaffenheiten eines Dinges ist, und daß derjenige sehr ungereimt denjenigen der von dem ersten redet beschuldige, daß er ungereimt die Form und das Objectum eines Dinges vermischet. Was wolte der Autor demjenigen antworten, dem er etwa eine gute Lehre gegeben; Er solle sich für der Heucheley hüten, weil nach derselben Natur und Eigenschafften sie den Menschen verführte, daß er nicht alleine gegen sich selbst, sondern auch gegen alle Menschen, absonderlich aber gegen die Gewaltigen an Hoffe, und fürnemlich diejenigen, so weiblichen Geschlechts wären, heuchelte, etc. wenn dieser an statt daß er ihn für die gute Lehre dancken solte; ihn anführe wie die - - - den Bettelsack: Er der Autor rede sehr ungereimt, weil er die Methaphysic nicht verstünde, sondern die Form und das Objectum der Heucheley so unverantwortlich confundirt hätte, welches noch von keinen Jünger des HErrn geschehen wäre? etc.

(IV) Entlarvter Pharisäischer Hochmuth.

§. XVII. (IV) Damit es ferner nicht an einen Exempel des Pharisäischen Hochmuths mangele, mit welchen der Autor sich hin und wieder in dieser seiner Schrifft prostituiret, so ist selbiges sonderlich p. 47. und seq. zu finden. Ich hatte in Bedencken p. 112. gesagt, daß wenn ein Hoff-Prediger so unverschämt seyn solte, daß er seinen Fürsten nur mit den Bindeschlüssel bedrohen wolte, würde solches eben so unverschämt, ja noch unförmlicher heraus kommen, als wenn ein armer Praeceptor, den ein ehrlicher Bürger angenommen hätte, ihm und seinen Kindern und Gesinde die Postille zu lesen, oder auch aus seinen eigenen Kopffe die Evangelia zu erklähren, sich eines Straff-Amts gegen diesen ehrli-

um der Ordnung willen ein Geistlicher keinen höhern Geistlichen, auch nicht einmahl seine eingepfarrte Leyen mit dem Bann belegen könne, geschweige denn daß er seinen vorgesetzten Bischoff von Abendmahl auszuschliessen sich unterfangen solte: u. s. w. Was replicirt nun unser vortreflicher Methaphysicus hier wieder? Er sagt sehr dreiste p. 46. Hie redet der Autor ungeräumt, wenn er das Argument von der FORMA und Beschaffenheit des Kirchen-Bannes, welche darinnen bestehet, daß einer als ein faul Glied von dem geistlichen Leibe abgeschnitten wird, nehmen will, und dabey auf das OBIECTUM und andre Dinge verfällt, welche die NATUR dieser Handlung nicht ausmachen: Aber ein jeder, der nur prima elementa der heiligen Methaphysic gehöret hat, siehet gar deutlich, daß der arme Socius seine Methaphysic nicht recht gelernet, indem ein grosser Unterscheid zwischen der Natur und Form, zwischen den Eigenschafften und Beschaffenheiten eines Dinges ist, und daß derjenige sehr ungereimt denjenigen der von dem ersten redet beschuldige, daß er ungereimt die Form und das Objectum eines Dinges vermischet. Was wolte der Autor demjenigen antworten, dem er etwa eine gute Lehre gegeben; Er solle sich für der Heucheley hüten, weil nach derselben Natur und Eigenschafften sie den Menschen verführte, daß er nicht alleine gegen sich selbst, sondern auch gegen alle Menschen, absonderlich aber gegen die Gewaltigen an Hoffe, und fürnemlich diejenigen, so weiblichen Geschlechts wären, heuchelte, etc. wenn dieser an statt daß er ihn für die gute Lehre dancken solte; ihn anführe wie die - - - den Bettelsack: Er der Autor rede sehr ungereimt, weil er die Methaphysic nicht verstünde, sondern die Form und das Objectum der Heucheley so unverantwortlich confundirt hätte, welches noch von keinen Jünger des HErrn geschehen wäre? etc.

(IV) Entlarvter Pharisäischer Hochmuth.

§. XVII. (IV) Damit es ferner nicht an einen Exempel des Pharisäischen Hochmuths mangele, mit welchen der Autor sich hin und wieder in dieser seiner Schrifft prostituiret, so ist selbiges sonderlich p. 47. und seq. zu finden. Ich hatte in Bedencken p. 112. gesagt, daß wenn ein Hoff-Prediger so unverschämt seyn solte, daß er seinen Fürsten nur mit den Bindeschlüssel bedrohen wolte, würde solches eben so unverschämt, ja noch unförmlicher heraus kommen, als wenn ein armer Praeceptor, den ein ehrlicher Bürger angenommen hätte, ihm und seinen Kindern und Gesinde die Postille zu lesen, oder auch aus seinen eigenen Kopffe die Evangelia zu erklähren, sich eines Straff-Amts gegen diesen ehrli-

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[202/0210] um der Ordnung willen ein Geistlicher keinen höhern Geistlichen, auch nicht einmahl seine eingepfarrte Leyen mit dem Bann belegen könne, geschweige denn daß er seinen vorgesetzten Bischoff von Abendmahl auszuschliessen sich unterfangen solte: u. s. w. Was replicirt nun unser vortreflicher Methaphysicus hier wieder? Er sagt sehr dreiste p. 46. Hie redet der Autor ungeräumt, wenn er das Argument von der FORMA und Beschaffenheit des Kirchen-Bannes, welche darinnen bestehet, daß einer als ein faul Glied von dem geistlichen Leibe abgeschnitten wird, nehmen will, und dabey auf das OBIECTUM und andre Dinge verfällt, welche die NATUR dieser Handlung nicht ausmachen: Aber ein jeder, der nur prima elementa der heiligen Methaphysic gehöret hat, siehet gar deutlich, daß der arme Socius seine Methaphysic nicht recht gelernet, indem ein grosser Unterscheid zwischen der Natur und Form, zwischen den Eigenschafften und Beschaffenheiten eines Dinges ist, und daß derjenige sehr ungereimt denjenigen der von dem ersten redet beschuldige, daß er ungereimt die Form und das Objectum eines Dinges vermischet. Was wolte der Autor demjenigen antworten, dem er etwa eine gute Lehre gegeben; Er solle sich für der Heucheley hüten, weil nach derselben Natur und Eigenschafften sie den Menschen verführte, daß er nicht alleine gegen sich selbst, sondern auch gegen alle Menschen, absonderlich aber gegen die Gewaltigen an Hoffe, und fürnemlich diejenigen, so weiblichen Geschlechts wären, heuchelte, etc. wenn dieser an statt daß er ihn für die gute Lehre dancken solte; ihn anführe wie die - - - den Bettelsack: Er der Autor rede sehr ungereimt, weil er die Methaphysic nicht verstünde, sondern die Form und das Objectum der Heucheley so unverantwortlich confundirt hätte, welches noch von keinen Jünger des HErrn geschehen wäre? etc. §. XVII. (IV) Damit es ferner nicht an einen Exempel des Pharisäischen Hochmuths mangele, mit welchen der Autor sich hin und wieder in dieser seiner Schrifft prostituiret, so ist selbiges sonderlich p. 47. und seq. zu finden. Ich hatte in Bedencken p. 112. gesagt, daß wenn ein Hoff-Prediger so unverschämt seyn solte, daß er seinen Fürsten nur mit den Bindeschlüssel bedrohen wolte, würde solches eben so unverschämt, ja noch unförmlicher heraus kommen, als wenn ein armer Praeceptor, den ein ehrlicher Bürger angenommen hätte, ihm und seinen Kindern und Gesinde die Postille zu lesen, oder auch aus seinen eigenen Kopffe die Evangelia zu erklähren, sich eines Straff-Amts gegen diesen ehrli-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/210>, abgerufen am 28.11.2024.