Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.kan geantwortet werden. Obs. 1. Ist die Ecclesia privative falsa und irrigKirche sterben, wird unter allerhand distinctionen theils bejahet, theils verneinet. im Fundamento selbst, so kan keiner den Glauben behalten, der sich zu ihr bekennet, und also auch nicht seelig darinn werden, es wäre denn, daß er nicht gewust hätte, um die Unrichtigkeiten derselben, wie vornemlich Thesi XIV. erwiesen. Obs. 2. Ist sie positive falsa, und man hat ex conscientia erronea theil an ihren Abusibus, so ist am Ende nächster Frage erwiesen, daß die, in welche der Glaube wahrhafftig eingewurtzelt, durch eine solche Impurität (die ihnen anklebet, weil sie meynen, daß es GOtt so erfodere) ihre Seeligkeit nicht verlieren. Doch kan der Abusus so groß seyn, daß ihn auch conscientia erronea nicht entschuldiget. Also war es ein Unglaube, da Paulus die Christen ex conscientia erronea verfolgte, und wäre er nicht erleuchtet, so wäre er drinn verdammet. In so grossen Abusibus nun verlieret sich der Glaube, denn da könnte man leicht conscientiam erroneam besser examiniren, wenn man nur seinen eigenen Hertzen Gehör giebt, und den Eyffer fahren lassen wolte. Obs. 3. Ist aber keine conscientia erronea vorhanden, sondern die Rede ist von einer Person, welche gnugsam in den irrigen Lehr-Puncten derselben Kirchen weiß, was die rechte Wahrheit ist, (oder, welches auf eines hinaus laufft, offenbare Gelegenheit hat gehabt, es füglich zu lernen) ein solcher muß nothwendig von der verirrten Kirchen abtreten, sie mag seyn positive oder privative falsa, wo er indessen, da er in diesem Coetu lebet, nicht das Kleinod des Glaubens verliehren will. Obs. 4. Diese Abtretung aber ist zweyerley, eine euserliche, da man sich von aller Gemeinschafft wegbegiebet, und eine innerliche, da man in übrigen Stücken bey einer irrigen Gemeine bleibet, und nur in denen Sachen, darinn man ihren Irrthum erkennet, sich von ihnen absondert. Obs. 5. Die euserliche Abtretung wird nicht einmahl erfodert in einem Coetu, welcher die beneficia Fcclesiae universalis behält, wie die Römische Kirche ist; es wäre denn, daß sie uns in Römischer Clerisey nicht gestatten wolten, die innerliche Abtretung zu üben. Obs. 6. Von einer Ecclesia, die nicht mehr die Thesi XIII. erzehlte Beneficia behält, als da ist die Socinianische, muß man auch eusserlich abtreten, wiewohl auch hierinn Dispensation statt haben kan, wenn sich so bald kein füglicher Weg findet, in einem Coetum zu kommen, da man solche Beneficia geniessen kan. Solche Leute sind, wie oben gemeldet, als im Exilio. Daß aber die eusserliche Abtretung nicht unumgänglich erfordert werde, ist aus folgenden Exempeln zu ersehen. [fremdsprachliches Material].) Die Samariter, so Joh. IV. bekehret wurden, hat Christus nicht genöthiget zur Jüdischen Kirche zu treten. [fremdsprachliches Material].) kan geantwortet werden. Obs. 1. Ist die Ecclesia privative falsa und irrigKirche sterben, wird unter allerhand distinctionen theils bejahet, theils verneinet. im Fundamento selbst, so kan keiner den Glauben behalten, der sich zu ihr bekennet, und also auch nicht seelig darinn werden, es wäre denn, daß er nicht gewust hätte, um die Unrichtigkeiten derselben, wie vornemlich Thesi XIV. erwiesen. Obs. 2. Ist sie positive falsa, und man hat ex conscientia erronea theil an ihren Abusibus, so ist am Ende nächster Frage erwiesen, daß die, in welche der Glaube wahrhafftig eingewurtzelt, durch eine solche Impurität (die ihnen anklebet, weil sie meynen, daß es GOtt so erfodere) ihre Seeligkeit nicht verlieren. Doch kan der Abusus so groß seyn, daß ihn auch conscientia erronea nicht entschuldiget. Also war es ein Unglaube, da Paulus die Christen ex conscientia erronea verfolgte, und wäre er nicht erleuchtet, so wäre er drinn verdammet. In so grossen Abusibus nun verlieret sich der Glaube, denn da könnte man leicht conscientiam erroneam besser examiniren, wenn man nur seinen eigenen Hertzen Gehör giebt, und den Eyffer fahren lassen wolte. Obs. 3. Ist aber keine conscientia erronea vorhanden, sondern die Rede ist von einer Person, welche gnugsam in den irrigen Lehr-Puncten derselben Kirchen weiß, was die rechte Wahrheit ist, (oder, welches auf eines hinaus laufft, offenbare Gelegenheit hat gehabt, es füglich zu lernen) ein solcher muß nothwendig von der verirrten Kirchen abtreten, sie mag seyn positive oder privative falsa, wo er indessen, da er in diesem Coetu lebet, nicht das Kleinod des Glaubens verliehren will. Obs. 4. Diese Abtretung aber ist zweyerley, eine euserliche, da man sich von aller Gemeinschafft wegbegiebet, und eine innerliche, da man in übrigen Stücken bey einer irrigen Gemeine bleibet, und nur in denen Sachen, darinn man ihren Irrthum erkennet, sich von ihnen absondert. Obs. 5. Die euserliche Abtretung wird nicht einmahl erfodert in einem Coetu, welcher die beneficia Fcclesiae universalis behält, wie die Römische Kirche ist; es wäre denn, daß sie uns in Römischer Clerisey nicht gestatten wolten, die innerliche Abtretung zu üben. Obs. 6. Von einer Ecclesia, die nicht mehr die Thesi XIII. erzehlte Beneficia behält, als da ist die Socinianische, muß man auch eusserlich abtreten, wiewohl auch hierinn Dispensation statt haben kan, wenn sich so bald kein füglicher Weg findet, in einem Coetum zu kommen, da man solche Beneficia geniessen kan. Solche Leute sind, wie oben gemeldet, als im Exilio. Daß aber die eusserliche Abtretung nicht unumgänglich erfordert werde, ist aus folgenden Exempeln zu ersehen. [fremdsprachliches Material].) Die Samariter, so Joh. IV. bekehret wurden, hat Christus nicht genöthiget zur Jüdischen Kirche zu treten. 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Also war es ein Unglaube, da Paulus die Christen ex conscientia erronea verfolgte, und wäre er nicht erleuchtet, so wäre er drinn verdammet. In so grossen Abusibus nun verlieret sich der Glaube, denn da könnte man leicht conscientiam erroneam besser examiniren, wenn man nur seinen eigenen Hertzen Gehör giebt, und den Eyffer fahren lassen wolte. <hi rendition="#i">Obs. 3.</hi> Ist aber keine conscientia erronea vorhanden, sondern die Rede ist von einer Person, welche gnugsam in den irrigen Lehr-Puncten derselben Kirchen weiß, was die rechte Wahrheit ist, (oder, welches auf eines hinaus laufft, offenbare Gelegenheit hat gehabt, es füglich zu lernen) ein solcher muß nothwendig von der verirrten Kirchen abtreten, sie mag seyn positive oder privative falsa, wo er indessen, da er in diesem Coetu lebet, nicht das Kleinod des Glaubens verliehren will. <hi rendition="#i">Obs. 4.</hi> Diese Abtretung aber ist zweyerley, eine euserliche, da man sich von aller Gemeinschafft wegbegiebet, und eine innerliche, da man in übrigen Stücken bey einer irrigen Gemeine bleibet, und nur in denen Sachen, darinn man ihren Irrthum erkennet, sich von ihnen absondert. <hi rendition="#i">Obs. 5.</hi> Die euserliche Abtretung wird nicht einmahl erfodert in einem Coetu, welcher die beneficia Fcclesiae universalis behält, wie die Römische Kirche ist; es wäre denn, daß sie uns in Römischer Clerisey nicht gestatten wolten, die innerliche Abtretung zu üben. <hi rendition="#i">Obs. 6.</hi> Von einer Ecclesia, die nicht mehr die Thesi XIII. erzehlte Beneficia behält, als da ist die Socinianische, muß man auch eusserlich abtreten, wiewohl auch hierinn Dispensation statt haben kan, wenn sich so bald kein füglicher Weg findet, in einem Coetum zu kommen, da man solche Beneficia geniessen kan. 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kan geantwortet werden. Obs. 1. Ist die Ecclesia privative falsa und irrig im Fundamento selbst, so kan keiner den Glauben behalten, der sich zu ihr bekennet, und also auch nicht seelig darinn werden, es wäre denn, daß er nicht gewust hätte, um die Unrichtigkeiten derselben, wie vornemlich Thesi XIV. erwiesen. Obs. 2. Ist sie positive falsa, und man hat ex conscientia erronea theil an ihren Abusibus, so ist am Ende nächster Frage erwiesen, daß die, in welche der Glaube wahrhafftig eingewurtzelt, durch eine solche Impurität (die ihnen anklebet, weil sie meynen, daß es GOtt so erfodere) ihre Seeligkeit nicht verlieren. Doch kan der Abusus so groß seyn, daß ihn auch conscientia erronea nicht entschuldiget. Also war es ein Unglaube, da Paulus die Christen ex conscientia erronea verfolgte, und wäre er nicht erleuchtet, so wäre er drinn verdammet. In so grossen Abusibus nun verlieret sich der Glaube, denn da könnte man leicht conscientiam erroneam besser examiniren, wenn man nur seinen eigenen Hertzen Gehör giebt, und den Eyffer fahren lassen wolte. Obs. 3. Ist aber keine conscientia erronea vorhanden, sondern die Rede ist von einer Person, welche gnugsam in den irrigen Lehr-Puncten derselben Kirchen weiß, was die rechte Wahrheit ist, (oder, welches auf eines hinaus laufft, offenbare Gelegenheit hat gehabt, es füglich zu lernen) ein solcher muß nothwendig von der verirrten Kirchen abtreten, sie mag seyn positive oder privative falsa, wo er indessen, da er in diesem Coetu lebet, nicht das Kleinod des Glaubens verliehren will. Obs. 4. Diese Abtretung aber ist zweyerley, eine euserliche, da man sich von aller Gemeinschafft wegbegiebet, und eine innerliche, da man in übrigen Stücken bey einer irrigen Gemeine bleibet, und nur in denen Sachen, darinn man ihren Irrthum erkennet, sich von ihnen absondert. Obs. 5. Die euserliche Abtretung wird nicht einmahl erfodert in einem Coetu, welcher die beneficia Fcclesiae universalis behält, wie die Römische Kirche ist; es wäre denn, daß sie uns in Römischer Clerisey nicht gestatten wolten, die innerliche Abtretung zu üben. Obs. 6. Von einer Ecclesia, die nicht mehr die Thesi XIII. erzehlte Beneficia behält, als da ist die Socinianische, muß man auch eusserlich abtreten, wiewohl auch hierinn Dispensation statt haben kan, wenn sich so bald kein füglicher Weg findet, in einem Coetum zu kommen, da man solche Beneficia geniessen kan. Solche Leute sind, wie oben gemeldet, als im Exilio. Daß aber die eusserliche Abtretung nicht unumgänglich erfordert werde, ist aus folgenden Exempeln zu ersehen. _ .) Die Samariter, so Joh. IV. bekehret wurden, hat Christus nicht genöthiget zur Jüdischen Kirche zu treten. _ .)
Kirche sterben, wird unter allerhand distinctionen theils bejahet, theils verneinet.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/83>, abgerufen am 16.02.2025. |