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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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nicht allemahl nöthig hätte die Worte des zehenden Responsi, auf welche diese seine Beantwortungen gerichtet waren, zu wiederhohlen, diese Zahlen auch dem zehenden Responso an gehörigen Orte einzuverleiben, welcher dannenhero von dem Leser, ehe er die Beantwortung oder Erinnerung lieset, vorhero muß überlesen und conferiret werden.

Kurtze Beantwortung der im vorigen Responso gemachten Dubiorum.

1) Es kan auch nicht von allen der Unsrigen gesagt werden, daß sie seelig werden. Und komme solches nicht von der Lehre her, sondern gemeiniglich daher, daß die Leute der guten und heilsamen Lehre nicht gemäß leben. Werden nun einige unter den Papisten, wie der Autor gestehet, seelig, so müssen sie eine heilsame und seeligmachende Lehre haben, und die andern, so nicht seelig werden, haben solches nicht der Lehre der Römischen Kirche, sondern ihren Unglauben oder gottlosen und unbußfertigen Leben zuzuschreiben. 2) Die abgöttische Verehrung in der Römischen Kirche ist noch nicht erwiesen. Es wird der Autor damit auf die Verehrung der Heiligen und Anbetung des Sacraments zielen, aber es sind fromme und geschickte Lehrer so wohl unserer als der Reformirten Kirche, die sie von einer eigentlichen und wahren Abgötterey absolviren. 3) Welche unter denen Catholischen die Evangelische Wahrheit, deren kurtzer Begriff im kleinen Catechismo verfertiget ist, verwerffen und bestreiten, und damit ohne Busse fortfahren biß an ihr Ende, die werden billig verdammet; und die es bey uns thun, werden auch darüber Kinder der Höllen. Aber was hat die Lehre mit dem zu thun? diese giebt solche Gottlosigkeit nicht an die Hand. 4) Der Spruch Matth. 5. v. 19. lautet also: Wer nur eines von diesen kleinesten Geboten auflöset und lehret die Leute also, der wird der kleineste heissen im Himmelreich. Der Verstand dieses Spruches ist dieser, wie in der Weimarischen Bibel zu sehen: Wer eines von den vermeinten geringsten Geboten GOttes durch seine Ubertretung nicht hält, und andre lehret, daß sie auch solche kleinere Gebote zu halten nicht schuldig seyn, der werde, als ein Widersacher des Gesetzes, aus dem Himmel und von der ewigen Seeligkeit ausgeschlossen bleiben. Aber wenn man nun die Application machet auf die Catholische, wie wird man bestehen? Wie wird man beweisen, daß sie lehren, man soll einige von den Geboten GOttes nicht halten? Lutherus setzet zwar in der Glossa: Also thut der Papisten Hauff; sagen, diese Gebot Christi seyen nicht Gebot, sondern Räthe; aber dieses läst sich auch nicht so bloß und platt hin sagen, sondern ist genauer zu untersuchen: und wenn dieses geschiehet, müssen die unsrige selbst

nicht allemahl nöthig hätte die Worte des zehenden Responsi, auf welche diese seine Beantwortungen gerichtet waren, zu wiederhohlen, diese Zahlen auch dem zehenden Responso an gehörigen Orte einzuverleiben, welcher dannenhero von dem Leser, ehe er die Beantwortung oder Erinnerung lieset, vorhero muß überlesen und conferiret werden.

Kurtze Beantwortung der im vorigen Responso gemachten Dubiorum.

1) Es kan auch nicht von allen der Unsrigen gesagt werden, daß sie seelig werden. Und komme solches nicht von der Lehre her, sondern gemeiniglich daher, daß die Leute der guten und heilsamen Lehre nicht gemäß leben. Werden nun einige unter den Papisten, wie der Autor gestehet, seelig, so müssen sie eine heilsame und seeligmachende Lehre haben, und die andern, so nicht seelig werden, haben solches nicht der Lehre der Römischen Kirche, sondern ihren Unglauben oder gottlosen und unbußfertigen Leben zuzuschreiben. 2) Die abgöttische Verehrung in der Römischen Kirche ist noch nicht erwiesen. Es wird der Autor damit auf die Verehrung der Heiligen und Anbetung des Sacraments zielen, aber es sind fromme und geschickte Lehrer so wohl unserer als der Reformirten Kirche, die sie von einer eigentlichen und wahren Abgötterey absolviren. 3) Welche unter denen Catholischen die Evangelische Wahrheit, deren kurtzer Begriff im kleinen Catechismo verfertiget ist, verwerffen und bestreiten, und damit ohne Busse fortfahren biß an ihr Ende, die werden billig verdammet; und die es bey uns thun, werden auch darüber Kinder der Höllen. Aber was hat die Lehre mit dem zu thun? diese giebt solche Gottlosigkeit nicht an die Hand. 4) Der Spruch Matth. 5. v. 19. lautet also: Wer nur eines von diesen kleinesten Geboten auflöset und lehret die Leute also, der wird der kleineste heissen im Himmelreich. Der Verstand dieses Spruches ist dieser, wie in der Weimarischen Bibel zu sehen: Wer eines von den vermeinten geringsten Geboten GOttes durch seine Ubertretung nicht hält, und andre lehret, daß sie auch solche kleinere Gebote zu halten nicht schuldig seyn, der werde, als ein Widersacher des Gesetzes, aus dem Himmel und von der ewigen Seeligkeit ausgeschlossen bleiben. Aber wenn man nun die Application machet auf die Catholische, wie wird man bestehen? Wie wird man beweisen, daß sie lehren, man soll einige von den Geboten GOttes nicht halten? Lutherus setzet zwar in der Glossa: Also thut der Papisten Hauff; sagen, diese Gebot Christi seyen nicht Gebot, sondern Räthe; aber dieses läst sich auch nicht so bloß und platt hin sagen, sondern ist genauer zu untersuchen: und wenn dieses geschiehet, müssen die unsrige selbst

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[82/0090] nicht allemahl nöthig hätte die Worte des zehenden Responsi, auf welche diese seine Beantwortungen gerichtet waren, zu wiederhohlen, diese Zahlen auch dem zehenden Responso an gehörigen Orte einzuverleiben, welcher dannenhero von dem Leser, ehe er die Beantwortung oder Erinnerung lieset, vorhero muß überlesen und conferiret werden. 1) Es kan auch nicht von allen der Unsrigen gesagt werden, daß sie seelig werden. Und komme solches nicht von der Lehre her, sondern gemeiniglich daher, daß die Leute der guten und heilsamen Lehre nicht gemäß leben. Werden nun einige unter den Papisten, wie der Autor gestehet, seelig, so müssen sie eine heilsame und seeligmachende Lehre haben, und die andern, so nicht seelig werden, haben solches nicht der Lehre der Römischen Kirche, sondern ihren Unglauben oder gottlosen und unbußfertigen Leben zuzuschreiben. 2) Die abgöttische Verehrung in der Römischen Kirche ist noch nicht erwiesen. Es wird der Autor damit auf die Verehrung der Heiligen und Anbetung des Sacraments zielen, aber es sind fromme und geschickte Lehrer so wohl unserer als der Reformirten Kirche, die sie von einer eigentlichen und wahren Abgötterey absolviren. 3) Welche unter denen Catholischen die Evangelische Wahrheit, deren kurtzer Begriff im kleinen Catechismo verfertiget ist, verwerffen und bestreiten, und damit ohne Busse fortfahren biß an ihr Ende, die werden billig verdammet; und die es bey uns thun, werden auch darüber Kinder der Höllen. Aber was hat die Lehre mit dem zu thun? diese giebt solche Gottlosigkeit nicht an die Hand. 4) Der Spruch Matth. 5. v. 19. lautet also: Wer nur eines von diesen kleinesten Geboten auflöset und lehret die Leute also, der wird der kleineste heissen im Himmelreich. Der Verstand dieses Spruches ist dieser, wie in der Weimarischen Bibel zu sehen: Wer eines von den vermeinten geringsten Geboten GOttes durch seine Ubertretung nicht hält, und andre lehret, daß sie auch solche kleinere Gebote zu halten nicht schuldig seyn, der werde, als ein Widersacher des Gesetzes, aus dem Himmel und von der ewigen Seeligkeit ausgeschlossen bleiben. Aber wenn man nun die Application machet auf die Catholische, wie wird man bestehen? Wie wird man beweisen, daß sie lehren, man soll einige von den Geboten GOttes nicht halten? Lutherus setzet zwar in der Glossa: Also thut der Papisten Hauff; sagen, diese Gebot Christi seyen nicht Gebot, sondern Räthe; aber dieses läst sich auch nicht so bloß und platt hin sagen, sondern ist genauer zu untersuchen: und wenn dieses geschiehet, müssen die unsrige selbst

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/90>, abgerufen am 24.11.2024.