Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

treidepreise von dem Zunehmen oder Abnehmen des Ein-
kommens, welches die konsumirende Klasse der Staatsbür-
ger genießt, abhängen.

Die Marktpreise des Getreides stimmen selten oder
fast nie mit dem Mittelpreise desselben überein: sie sind
vielmehr im steten Schwanken begriffen, stehen bald höher
bald niedriger als der Mittelpreis, und hängen von dem
momentanen Ueberfluß oder Mangel ab.

So wie nun der Landbau Kapitalauslagen zur Er-
richtung von Gebäuden u. s. w. erfordert, die erst nach
einer langen Reihe von Jahren wieder erstattet werden:
so entscheidet auch der Marktpreis eines Jahrs und die
daraus hervorgehende Gutseinnahme, nicht über die rich-
tige oder unrichtige Verwendung dieses Kapitals.

Bei unsern Untersuchungen, die bisher stets auf den
letzten Erfolg, aber niemals auf die Erscheinungen, die
sich bei dem Uebergange aus einem Zustande in den an-
dern zeigen, gerichtet gewesen sind, haben wir deshalb
immer auch nur den Mittelpreis des Getreides, der sich
aus dem Durchschnitt der Marktpreise einer großen Reihe
von Jahren ergibt, zum Grunde legen können.

§. 25.
Ursprung der Landrente.

Wenn zu gleicher Zeit Rocken aus der weitesten Ent-
fernung und aus der nächsten Umgebung der Stadt zu
Markt gebracht wird: so kann der in der Ferne gebauete
Nocken nicht unter 11/2 Thlr. pr. Scheffel verkauft werden,
weil er den Produzenten so viel kostet; dagegen könnte
der in der Nähe wohnende Produzent seinen Rocken un-
gefähr zu einem halben Thaler verkaufen, und er erhielte
doch die sämmtlichen auf die Produktion und den Trans-
port des Rockens verwandten Kosten wieder ersetzt.

Nun kann aber dieser weder gezwungen, noch kann

treidepreiſe von dem Zunehmen oder Abnehmen des Ein-
kommens, welches die konſumirende Klaſſe der Staatsbuͤr-
ger genießt, abhaͤngen.

Die Marktpreiſe des Getreides ſtimmen ſelten oder
faſt nie mit dem Mittelpreiſe deſſelben uͤberein: ſie ſind
vielmehr im ſteten Schwanken begriffen, ſtehen bald hoͤher
bald niedriger als der Mittelpreis, und haͤngen von dem
momentanen Ueberfluß oder Mangel ab.

So wie nun der Landbau Kapitalauslagen zur Er-
richtung von Gebaͤuden u. ſ. w. erfordert, die erſt nach
einer langen Reihe von Jahren wieder erſtattet werden:
ſo entſcheidet auch der Marktpreis eines Jahrs und die
daraus hervorgehende Gutseinnahme, nicht uͤber die rich-
tige oder unrichtige Verwendung dieſes Kapitals.

Bei unſern Unterſuchungen, die bisher ſtets auf den
letzten Erfolg, aber niemals auf die Erſcheinungen, die
ſich bei dem Uebergange aus einem Zuſtande in den an-
dern zeigen, gerichtet geweſen ſind, haben wir deshalb
immer auch nur den Mittelpreis des Getreides, der ſich
aus dem Durchſchnitt der Marktpreiſe einer großen Reihe
von Jahren ergibt, zum Grunde legen koͤnnen.

§. 25.
Urſprung der Landrente.

Wenn zu gleicher Zeit Rocken aus der weiteſten Ent-
fernung und aus der naͤchſten Umgebung der Stadt zu
Markt gebracht wird: ſo kann der in der Ferne gebauete
Nocken nicht unter 1½ Thlr. pr. Scheffel verkauft werden,
weil er den Produzenten ſo viel koſtet; dagegen koͤnnte
der in der Naͤhe wohnende Produzent ſeinen Rocken un-
gefaͤhr zu einem halben Thaler verkaufen, und er erhielte
doch die ſaͤmmtlichen auf die Produktion und den Trans-
port des Rockens verwandten Koſten wieder erſetzt.

Nun kann aber dieſer weder gezwungen, noch kann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0195" n="181"/>
treideprei&#x017F;e von dem Zunehmen oder Abnehmen des Ein-<lb/>
kommens, welches die kon&#x017F;umirende Kla&#x017F;&#x017F;e der Staatsbu&#x0364;r-<lb/>
ger genießt, abha&#x0364;ngen.</p><lb/>
          <p>Die Marktprei&#x017F;e des Getreides &#x017F;timmen &#x017F;elten oder<lb/>
fa&#x017F;t nie mit dem Mittelprei&#x017F;e de&#x017F;&#x017F;elben u&#x0364;berein: &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
vielmehr im &#x017F;teten Schwanken begriffen, &#x017F;tehen bald ho&#x0364;her<lb/>
bald niedriger als der Mittelpreis, und ha&#x0364;ngen von dem<lb/>
momentanen Ueberfluß oder Mangel ab.</p><lb/>
          <p>So wie nun der Landbau Kapitalauslagen zur Er-<lb/>
richtung von Geba&#x0364;uden u. &#x017F;. w. erfordert, die er&#x017F;t nach<lb/>
einer langen Reihe von Jahren wieder er&#x017F;tattet werden:<lb/>
&#x017F;o ent&#x017F;cheidet auch der Marktpreis eines Jahrs und die<lb/>
daraus hervorgehende Gutseinnahme, nicht u&#x0364;ber die rich-<lb/>
tige oder unrichtige Verwendung die&#x017F;es Kapitals.</p><lb/>
          <p>Bei un&#x017F;ern Unter&#x017F;uchungen, die bisher &#x017F;tets auf den<lb/>
letzten Erfolg, aber niemals auf die Er&#x017F;cheinungen, die<lb/>
&#x017F;ich bei dem Uebergange aus einem Zu&#x017F;tande in den an-<lb/>
dern zeigen, gerichtet gewe&#x017F;en &#x017F;ind, haben wir deshalb<lb/>
immer auch nur den Mittelpreis des Getreides, der &#x017F;ich<lb/>
aus dem Durch&#x017F;chnitt der Marktprei&#x017F;e einer großen Reihe<lb/>
von Jahren ergibt, zum Grunde legen ko&#x0364;nnen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 25.<lb/>
Ur&#x017F;prung der Landrente.</head><lb/>
          <p>Wenn zu gleicher Zeit Rocken aus der weite&#x017F;ten Ent-<lb/>
fernung und aus der na&#x0364;ch&#x017F;ten Umgebung der Stadt zu<lb/>
Markt gebracht wird: &#x017F;o kann der in der Ferne gebauete<lb/>
Nocken nicht unter 1½ Thlr. pr. Scheffel verkauft werden,<lb/>
weil er den Produzenten &#x017F;o viel ko&#x017F;tet; dagegen ko&#x0364;nnte<lb/>
der in der Na&#x0364;he wohnende Produzent &#x017F;einen Rocken un-<lb/>
gefa&#x0364;hr zu einem halben Thaler verkaufen, und er erhielte<lb/>
doch die &#x017F;a&#x0364;mmtlichen auf die Produktion und den Trans-<lb/>
port des Rockens verwandten Ko&#x017F;ten wieder er&#x017F;etzt.</p><lb/>
          <p>Nun kann aber die&#x017F;er weder gezwungen, noch kann<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0195] treidepreiſe von dem Zunehmen oder Abnehmen des Ein- kommens, welches die konſumirende Klaſſe der Staatsbuͤr- ger genießt, abhaͤngen. Die Marktpreiſe des Getreides ſtimmen ſelten oder faſt nie mit dem Mittelpreiſe deſſelben uͤberein: ſie ſind vielmehr im ſteten Schwanken begriffen, ſtehen bald hoͤher bald niedriger als der Mittelpreis, und haͤngen von dem momentanen Ueberfluß oder Mangel ab. So wie nun der Landbau Kapitalauslagen zur Er- richtung von Gebaͤuden u. ſ. w. erfordert, die erſt nach einer langen Reihe von Jahren wieder erſtattet werden: ſo entſcheidet auch der Marktpreis eines Jahrs und die daraus hervorgehende Gutseinnahme, nicht uͤber die rich- tige oder unrichtige Verwendung dieſes Kapitals. Bei unſern Unterſuchungen, die bisher ſtets auf den letzten Erfolg, aber niemals auf die Erſcheinungen, die ſich bei dem Uebergange aus einem Zuſtande in den an- dern zeigen, gerichtet geweſen ſind, haben wir deshalb immer auch nur den Mittelpreis des Getreides, der ſich aus dem Durchſchnitt der Marktpreiſe einer großen Reihe von Jahren ergibt, zum Grunde legen koͤnnen. §. 25. Urſprung der Landrente. Wenn zu gleicher Zeit Rocken aus der weiteſten Ent- fernung und aus der naͤchſten Umgebung der Stadt zu Markt gebracht wird: ſo kann der in der Ferne gebauete Nocken nicht unter 1½ Thlr. pr. Scheffel verkauft werden, weil er den Produzenten ſo viel koſtet; dagegen koͤnnte der in der Naͤhe wohnende Produzent ſeinen Rocken un- gefaͤhr zu einem halben Thaler verkaufen, und er erhielte doch die ſaͤmmtlichen auf die Produktion und den Trans- port des Rockens verwandten Koſten wieder erſetzt. Nun kann aber dieſer weder gezwungen, noch kann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/195
Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/195>, abgerufen am 28.11.2024.