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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Rocken 0,437 Thlr., und auf Boden von 5 Körnern Er-
trag 1,358 Thlr. betragen, daß also die Produktion des
Getreides auf reichem Boden um sehr vieles wohlfeiler ist
als auf ärmern Boden. Dieses ist nun mit den Han-
delsgewächsen ebenfalls, aber in noch weit stärkerm Maaß
der Fall. Die mehrsten Handelsgewächse erfordern näm-
lich durch eine sorgfältige Bearbeitung des Bodens, durch
Behacken, Anhäufen, Jäten u. s. w. so viele Arbeiter,
die mit der Größe des bestellten Feldes und nicht mit der
Größe der Ernte im Verhältniß stehen, daß die größere
Ernte des reichen Bodens wenig mehr kostet, als die ge-
ringe des ärmern Bodens, und daß der Anbau dieser
Gewächse fast nur auf solchem Boden, der für das Ge-
treide -- weil dieses sich lagern würde -- zu reich ist,
mit Vortheil betrieben werden kann.

Wenn wir uns nun in Beziehung auf die Kultur
der Handelsgewächse zu der Wirklichkeit wenden: so fin-
den wir hier nicht den gleichen Reichthum des Bodens, wie
in dem isolirten Staat, sondern wir finden in der Regel,
daß in den hochkultivirten Ländern mit den höhern Ge-
treidepreisen zugleich ein großer Reichthum des Bodens
verbunden ist, und daß umgekehrt in den minder kulti-
virten Ländern niedrigere Kornpreise und geringer Reich-
thum des Bodens gewöhnlich zusammen treffen.

Legen wir uns nun die Frage vor: in welchem Lande
die Kultur der Handelsgewächse beim freien Handel am
vortheilhaftesten ist? so tritt hier dem Vortheil, den das
ärmere Land durch geringes Arbeitslohn und niedrige
Landrente besitzt, der Vorzug, den das reiche Land durch
seinen reichen Boden hat, direkt entgegen. Der Vorzug
des reichen Bodens beim Anbau der Handelsgewächse ist
aber so bedeutend, daß dadurch gar häufig die Ersparung
an Arbeitslohn und Landrente in dem ärmern Lande,
nicht bloß kompensirt, sondern auch überwogen wird.


Rocken 0,437 Thlr., und auf Boden von 5 Koͤrnern Er-
trag 1,358 Thlr. betragen, daß alſo die Produktion des
Getreides auf reichem Boden um ſehr vieles wohlfeiler iſt
als auf aͤrmern Boden. Dieſes iſt nun mit den Han-
delsgewaͤchſen ebenfalls, aber in noch weit ſtaͤrkerm Maaß
der Fall. Die mehrſten Handelsgewaͤchſe erfordern naͤm-
lich durch eine ſorgfaͤltige Bearbeitung des Bodens, durch
Behacken, Anhaͤufen, Jaͤten u. ſ. w. ſo viele Arbeiter,
die mit der Groͤße des beſtellten Feldes und nicht mit der
Groͤße der Ernte im Verhaͤltniß ſtehen, daß die groͤßere
Ernte des reichen Bodens wenig mehr koſtet, als die ge-
ringe des aͤrmern Bodens, und daß der Anbau dieſer
Gewaͤchſe faſt nur auf ſolchem Boden, der fuͤr das Ge-
treide — weil dieſes ſich lagern wuͤrde — zu reich iſt,
mit Vortheil betrieben werden kann.

Wenn wir uns nun in Beziehung auf die Kultur
der Handelsgewaͤchſe zu der Wirklichkeit wenden: ſo fin-
den wir hier nicht den gleichen Reichthum des Bodens, wie
in dem iſolirten Staat, ſondern wir finden in der Regel,
daß in den hochkultivirten Laͤndern mit den hoͤhern Ge-
treidepreiſen zugleich ein großer Reichthum des Bodens
verbunden iſt, und daß umgekehrt in den minder kulti-
virten Laͤndern niedrigere Kornpreiſe und geringer Reich-
thum des Bodens gewoͤhnlich zuſammen treffen.

Legen wir uns nun die Frage vor: in welchem Lande
die Kultur der Handelsgewaͤchſe beim freien Handel am
vortheilhafteſten iſt? ſo tritt hier dem Vortheil, den das
aͤrmere Land durch geringes Arbeitslohn und niedrige
Landrente beſitzt, der Vorzug, den das reiche Land durch
ſeinen reichen Boden hat, direkt entgegen. Der Vorzug
des reichen Bodens beim Anbau der Handelsgewaͤchſe iſt
aber ſo bedeutend, daß dadurch gar haͤufig die Erſparung
an Arbeitslohn und Landrente in dem aͤrmern Lande,
nicht bloß kompenſirt, ſondern auch uͤberwogen wird.


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[239/0253] Rocken 0,437 Thlr., und auf Boden von 5 Koͤrnern Er- trag 1,358 Thlr. betragen, daß alſo die Produktion des Getreides auf reichem Boden um ſehr vieles wohlfeiler iſt als auf aͤrmern Boden. Dieſes iſt nun mit den Han- delsgewaͤchſen ebenfalls, aber in noch weit ſtaͤrkerm Maaß der Fall. Die mehrſten Handelsgewaͤchſe erfordern naͤm- lich durch eine ſorgfaͤltige Bearbeitung des Bodens, durch Behacken, Anhaͤufen, Jaͤten u. ſ. w. ſo viele Arbeiter, die mit der Groͤße des beſtellten Feldes und nicht mit der Groͤße der Ernte im Verhaͤltniß ſtehen, daß die groͤßere Ernte des reichen Bodens wenig mehr koſtet, als die ge- ringe des aͤrmern Bodens, und daß der Anbau dieſer Gewaͤchſe faſt nur auf ſolchem Boden, der fuͤr das Ge- treide — weil dieſes ſich lagern wuͤrde — zu reich iſt, mit Vortheil betrieben werden kann. Wenn wir uns nun in Beziehung auf die Kultur der Handelsgewaͤchſe zu der Wirklichkeit wenden: ſo fin- den wir hier nicht den gleichen Reichthum des Bodens, wie in dem iſolirten Staat, ſondern wir finden in der Regel, daß in den hochkultivirten Laͤndern mit den hoͤhern Ge- treidepreiſen zugleich ein großer Reichthum des Bodens verbunden iſt, und daß umgekehrt in den minder kulti- virten Laͤndern niedrigere Kornpreiſe und geringer Reich- thum des Bodens gewoͤhnlich zuſammen treffen. Legen wir uns nun die Frage vor: in welchem Lande die Kultur der Handelsgewaͤchſe beim freien Handel am vortheilhafteſten iſt? ſo tritt hier dem Vortheil, den das aͤrmere Land durch geringes Arbeitslohn und niedrige Landrente beſitzt, der Vorzug, den das reiche Land durch ſeinen reichen Boden hat, direkt entgegen. Der Vorzug des reichen Bodens beim Anbau der Handelsgewaͤchſe iſt aber ſo bedeutend, daß dadurch gar haͤufig die Erſparung an Arbeitslohn und Landrente in dem aͤrmern Lande, nicht bloß kompenſirt, ſondern auch uͤberwogen wird.

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/253>, abgerufen am 21.11.2024.