Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.Dies ist nun -- neben der höhern Indüstrie des Auch in England wird trotz des hohen Arbeitslohns Dies iſt nun — neben der hoͤhern Induͤſtrie des Auch in England wird trotz des hohen Arbeitslohns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0254" n="240"/> <p>Dies iſt nun — neben der hoͤhern Induͤſtrie des<lb/> Volks und der beſſern Kenntniß der Behandlung dieſer<lb/> Gewaͤchſe — der eigentliche Grund, warum wir in den<lb/> reichen Laͤndern noch einen ausgedehnten Anbau der Han-<lb/> delsgewaͤchſe nicht bloß zum eigenen Bedarf, ſondern ſelbſt<lb/> zur Ausfuhr nach andern Laͤndern erblicken. So finden<lb/> wir noch jetzt, daß der Flachsbau, der in die minder kul-<lb/> tivirten Gegenden des oͤſtlichen Europas gehoͤrt, den<lb/> Hauptkulturzweig in Oſtflandern, dem Garten Europas,<lb/> ausmacht. Sobald aber in den Laͤndern am baltiſchen<lb/> Meer der Boden einen hoͤhern Grad von Reichthum er-<lb/> langt hat — und dies zu erreichen ſteht in der Macht des<lb/> Landwirths — wird dieſer Kulturzweig in Flandern un-<lb/> vermeidlich ſinken, und dieſes Sinken wird um ſo raſcher<lb/> herbeigefuͤhrt und um ſo mehr beſchleunigt werden, wenn<lb/> die Niederlaͤndiſche Regierung fortfaͤhrt, durch hohe Ein-<lb/> fuhrzoͤlle auf das Getreide die Differenz in den Korn-<lb/> preiſen beider Gegenden zu ſteigern.</p><lb/> <p>Auch in England wird trotz des hohen Arbeitslohns<lb/> und der hohen Landrente der Anbau der Handelsgewaͤchſe<lb/> betrieben, und durch Zoͤlle auf die Einfuhr derſelben be-<lb/> guͤnſtigt. Durch die engliſche Kornbill iſt aber die Diffe-<lb/> renz in den Kornpreiſen ſo hoch geſtiegen, daß die Eng-<lb/> laͤnder es jetzt ſchon vortheilhaft finden, Dungmaterial<lb/> (Knochen, Rapskuchen u. ſ. w.) ſtatt Korn von uns zu<lb/> kaufen. Wenn nun England bei ſeiner Kornbill beharrt,<lb/> ſo werden die dortigen Landwirthe gar bald gewahr wer-<lb/> den, daß der Dung bei ihnen zu theuer iſt, um denſel-<lb/> ben an die meiſtens ſehr ausſaugenden Handelsgewaͤchſe,<lb/> namentlich an den Raps zu verwenden, und ſie werden<lb/> gar bald den fernen Laͤndern mit niedrigen Kornpreiſen<lb/> den Anbau dieſer Gewaͤchſe uͤberlaſſen und die Einfuhr<lb/> derſelben geſtatten muͤſſen.</p> </div> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [240/0254]
Dies iſt nun — neben der hoͤhern Induͤſtrie des
Volks und der beſſern Kenntniß der Behandlung dieſer
Gewaͤchſe — der eigentliche Grund, warum wir in den
reichen Laͤndern noch einen ausgedehnten Anbau der Han-
delsgewaͤchſe nicht bloß zum eigenen Bedarf, ſondern ſelbſt
zur Ausfuhr nach andern Laͤndern erblicken. So finden
wir noch jetzt, daß der Flachsbau, der in die minder kul-
tivirten Gegenden des oͤſtlichen Europas gehoͤrt, den
Hauptkulturzweig in Oſtflandern, dem Garten Europas,
ausmacht. Sobald aber in den Laͤndern am baltiſchen
Meer der Boden einen hoͤhern Grad von Reichthum er-
langt hat — und dies zu erreichen ſteht in der Macht des
Landwirths — wird dieſer Kulturzweig in Flandern un-
vermeidlich ſinken, und dieſes Sinken wird um ſo raſcher
herbeigefuͤhrt und um ſo mehr beſchleunigt werden, wenn
die Niederlaͤndiſche Regierung fortfaͤhrt, durch hohe Ein-
fuhrzoͤlle auf das Getreide die Differenz in den Korn-
preiſen beider Gegenden zu ſteigern.
Auch in England wird trotz des hohen Arbeitslohns
und der hohen Landrente der Anbau der Handelsgewaͤchſe
betrieben, und durch Zoͤlle auf die Einfuhr derſelben be-
guͤnſtigt. Durch die engliſche Kornbill iſt aber die Diffe-
renz in den Kornpreiſen ſo hoch geſtiegen, daß die Eng-
laͤnder es jetzt ſchon vortheilhaft finden, Dungmaterial
(Knochen, Rapskuchen u. ſ. w.) ſtatt Korn von uns zu
kaufen. Wenn nun England bei ſeiner Kornbill beharrt,
ſo werden die dortigen Landwirthe gar bald gewahr wer-
den, daß der Dung bei ihnen zu theuer iſt, um denſel-
ben an die meiſtens ſehr ausſaugenden Handelsgewaͤchſe,
namentlich an den Raps zu verwenden, und ſie werden
gar bald den fernen Laͤndern mit niedrigen Kornpreiſen
den Anbau dieſer Gewaͤchſe uͤberlaſſen und die Einfuhr
derſelben geſtatten muͤſſen.
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