und zwar aus einer Pfeife, die so kurz war, daß der Kopf fast die Lippen berührte. Sie haben besonderes Haar; es ist ganz schwarz, und wie kurze Wolle zusam- mengekrüllt, und sieht wie die Flocken auf gewissen woll- nen Zeugen mit kahlen Zwischenräumen, aus.
Die Häuser bauet sich jeder Bauer selbst, biswei- len von Ziegelsteinen, bisweilen nur von Lehm, Kalk und Sand. Die Häuser der begüterten Landbewohner sind ungefähr eben so, als die Häuser in der Stadt eingerich- tet. Zuerst kommt man auf die Diele, vor welcher eine lange Gallerie hergeht. Zu beyden Seiten der Diele ist eine Kammer; auf der einen Seite die Gallerie, die Küche, und auf der andern eine Schlafkammer. Bey weniger wohlhabenden Landleuten hat die Gallerie zu beyden Seiten eine Kammer, und die Küche ist hinten. Die Hütten der Armen sind bloß von Lehmsteinen auf- geführt, und die Thüren und Fenster darin sind so schlecht, daß allenthalben der Wind durchstreicht.
Zu Paarl ist eine Kirche, die einen reformirten Prediger und Küster hat. Indessen wird nicht alle Sonntage förmlicher Gottesdienst gehalten, sondern wenn der Prediger verreiset oder krank ist, oder andre Abhaltung hat, lieset der Küster der Gemeine etwas aus der Bibel vor. Auf dem Lande werden die Todten ohne Geistlichen, ohne Gebet, und ohne daß man, wie in Schweden gebräuchlich ist, dreymahl feyerlich Erde auf den Sarg wirft, begraben. Die Trauungen und Kindtaufen müssen allezeit in der Kirche geschehen, und von Nothtaufe will man hier nichts wissen.
Die Töchter der Kolonisten lassen sich bisweilen von schwarzen Sklaven schwängern. Das Geld, welches ein solches Mädchen zur Aussteuer be- kommt, verschafft ihr hernach demungeachtet ge-
Einige kleine Reiſen vom Cap ins Land.
und zwar aus einer Pfeife, die ſo kurz war, daß der Kopf faſt die Lippen beruͤhrte. Sie haben beſonderes Haar; es iſt ganz ſchwarz, und wie kurze Wolle zuſam- mengekruͤllt, und ſieht wie die Flocken auf gewiſſen woll- nen Zeugen mit kahlen Zwiſchenraͤumen, aus.
Die Haͤuſer bauet ſich jeder Bauer ſelbſt, biswei- len von Ziegelſteinen, bisweilen nur von Lehm, Kalk und Sand. Die Haͤuſer der beguͤterten Landbewohner ſind ungefaͤhr eben ſo, als die Haͤuſer in der Stadt eingerich- tet. Zuerſt kommt man auf die Diele, vor welcher eine lange Gallerie hergeht. Zu beyden Seiten der Diele iſt eine Kammer; auf der einen Seite die Gallerie, die Kuͤche, und auf der andern eine Schlafkammer. Bey weniger wohlhabenden Landleuten hat die Gallerie zu beyden Seiten eine Kammer, und die Kuͤche iſt hinten. Die Huͤtten der Armen ſind bloß von Lehmſteinen auf- gefuͤhrt, und die Thuͤren und Fenſter darin ſind ſo ſchlecht, daß allenthalben der Wind durchſtreicht.
Zu Paarl iſt eine Kirche, die einen reformirten Prediger und Kuͤſter hat. Indeſſen wird nicht alle Sonntage foͤrmlicher Gottesdienſt gehalten, ſondern wenn der Prediger verreiſet oder krank iſt, oder andre Abhaltung hat, lieſet der Kuͤſter der Gemeine etwas aus der Bibel vor. Auf dem Lande werden die Todten ohne Geiſtlichen, ohne Gebet, und ohne daß man, wie in Schweden gebraͤuchlich iſt, dreymahl feyerlich Erde auf den Sarg wirft, begraben. Die Trauungen und Kindtaufen muͤſſen allezeit in der Kirche geſchehen, und von Nothtaufe will man hier nichts wiſſen.
Die Toͤchter der Koloniſten laſſen ſich bisweilen von ſchwarzen Sklaven ſchwaͤngern. Das Geld, welches ein ſolches Maͤdchen zur Ausſteuer be- kommt, verſchafft ihr hernach demungeachtet ge-
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0155"n="127"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Einige kleine Reiſen vom <placeName>Cap</placeName> ins Land.</hi></fw><lb/>
und zwar aus einer Pfeife, die ſo kurz war, daß der<lb/>
Kopf faſt die Lippen beruͤhrte. Sie haben beſonderes<lb/>
Haar; es iſt ganz ſchwarz, und wie kurze Wolle zuſam-<lb/>
mengekruͤllt, und ſieht wie die Flocken auf gewiſſen woll-<lb/>
nen Zeugen mit kahlen Zwiſchenraͤumen, aus.</p><lb/><p>Die Haͤuſer bauet ſich jeder Bauer ſelbſt, biswei-<lb/>
len von Ziegelſteinen, bisweilen nur von Lehm, Kalk und<lb/>
Sand. Die Haͤuſer der beguͤterten Landbewohner ſind<lb/>
ungefaͤhr eben ſo, als die Haͤuſer in der Stadt eingerich-<lb/>
tet. Zuerſt kommt man auf die Diele, vor welcher<lb/>
eine lange Gallerie hergeht. Zu beyden Seiten der Diele<lb/>
iſt eine Kammer; auf der einen Seite die Gallerie, die<lb/>
Kuͤche, und auf der andern eine Schlafkammer. Bey<lb/>
weniger wohlhabenden Landleuten hat die Gallerie zu<lb/>
beyden Seiten eine Kammer, und die Kuͤche iſt hinten.<lb/>
Die Huͤtten der Armen ſind bloß von Lehmſteinen auf-<lb/>
gefuͤhrt, und die Thuͤren und Fenſter darin ſind ſo<lb/>ſchlecht, daß allenthalben der Wind durchſtreicht.</p><lb/><p>Zu <placeName>Paarl</placeName> iſt eine Kirche, die einen reformirten<lb/>
Prediger und Kuͤſter hat. Indeſſen wird nicht alle<lb/>
Sonntage foͤrmlicher Gottesdienſt gehalten, ſondern<lb/>
wenn der Prediger verreiſet oder krank iſt, oder andre<lb/>
Abhaltung hat, lieſet der Kuͤſter der Gemeine etwas aus<lb/>
der Bibel vor. Auf dem Lande werden die Todten<lb/>
ohne Geiſtlichen, ohne Gebet, und ohne daß man,<lb/>
wie in <placeName>Schweden</placeName> gebraͤuchlich iſt, dreymahl feyerlich<lb/>
Erde auf den Sarg wirft, begraben. Die Trauungen<lb/>
und Kindtaufen muͤſſen allezeit in der Kirche geſchehen,<lb/>
und von Nothtaufe will man hier nichts wiſſen.</p><lb/><p>Die Toͤchter der Koloniſten laſſen ſich bisweilen<lb/>
von ſchwarzen Sklaven ſchwaͤngern. Das Geld,<lb/>
welches ein ſolches Maͤdchen zur Ausſteuer be-<lb/>
kommt, verſchafft ihr hernach demungeachtet ge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[127/0155]
Einige kleine Reiſen vom Cap ins Land.
und zwar aus einer Pfeife, die ſo kurz war, daß der
Kopf faſt die Lippen beruͤhrte. Sie haben beſonderes
Haar; es iſt ganz ſchwarz, und wie kurze Wolle zuſam-
mengekruͤllt, und ſieht wie die Flocken auf gewiſſen woll-
nen Zeugen mit kahlen Zwiſchenraͤumen, aus.
Die Haͤuſer bauet ſich jeder Bauer ſelbſt, biswei-
len von Ziegelſteinen, bisweilen nur von Lehm, Kalk und
Sand. Die Haͤuſer der beguͤterten Landbewohner ſind
ungefaͤhr eben ſo, als die Haͤuſer in der Stadt eingerich-
tet. Zuerſt kommt man auf die Diele, vor welcher
eine lange Gallerie hergeht. Zu beyden Seiten der Diele
iſt eine Kammer; auf der einen Seite die Gallerie, die
Kuͤche, und auf der andern eine Schlafkammer. Bey
weniger wohlhabenden Landleuten hat die Gallerie zu
beyden Seiten eine Kammer, und die Kuͤche iſt hinten.
Die Huͤtten der Armen ſind bloß von Lehmſteinen auf-
gefuͤhrt, und die Thuͤren und Fenſter darin ſind ſo
ſchlecht, daß allenthalben der Wind durchſtreicht.
Zu Paarl iſt eine Kirche, die einen reformirten
Prediger und Kuͤſter hat. Indeſſen wird nicht alle
Sonntage foͤrmlicher Gottesdienſt gehalten, ſondern
wenn der Prediger verreiſet oder krank iſt, oder andre
Abhaltung hat, lieſet der Kuͤſter der Gemeine etwas aus
der Bibel vor. Auf dem Lande werden die Todten
ohne Geiſtlichen, ohne Gebet, und ohne daß man,
wie in Schweden gebraͤuchlich iſt, dreymahl feyerlich
Erde auf den Sarg wirft, begraben. Die Trauungen
und Kindtaufen muͤſſen allezeit in der Kirche geſchehen,
und von Nothtaufe will man hier nichts wiſſen.
Die Toͤchter der Koloniſten laſſen ſich bisweilen
von ſchwarzen Sklaven ſchwaͤngern. Das Geld,
welches ein ſolches Maͤdchen zur Ausſteuer be-
kommt, verſchafft ihr hernach demungeachtet ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/155>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.