Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritte Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
Hoden, drehete die Hodenschnur herum und schrapte ihn
mittlerweile gleichsam ab, bis er abgelöset war.

Auf diesem Theile meiner Reise sah ich die weiche
Pharnacie (Pharnacia mollugo, Holländisch Mugge-
Kruyd
) in Menge: es wächst besonders häufig in nassen
Jahren, und macht das Rindvieh, welches davon frißt,
sehr fett. Ueber die Samenkapseln des stachligen Am-
pfers (Rumex spinosus), welcher hier überall wächst,
klagt man sehr, weil sie mit ihren scharfen Zacken oder
Stacheln den Sklaven und andern, die barfuß gehen,
in die Füße stechen und manchmahl sehr verwunden.
Die schwarzen Beeren eines hier vielfältig wachsenden
Strauchs, den man Krähenbusch (Kraaije-Bosch)
nennt, fressen die Capschen Krähen sehr begierig. Der
Secretairvogel (Falco secretarius, Holländisch Secreta-
ris
) zeigte sich mir häufig mit seinem schönen Kopfe und
langen Beinen. Er läuft sehr schnell, und lebt auch
wohl von gefangnen Schlangen. Man erzählte mir,
die Jungen ließen sich nur mit vieler Mühe groß ziehen,
weil sie gar zu leicht sich ein Bein zerbrächen. Bey Con-
stantia
hatte ich indessen doch einen alten Secretarisvo-
gel gesehen, der zahm war. Er legt zwey bis drey Eyer,
und bauet sein Nest von Zweigen auf Sträuchen und
Bäumen. Man trifft ihn fast allezeit einsam und ohne
seines gleichen an, auch ist er eben nicht sehr zahlreich
vorhanden.

Den 25. reiseten wir von Thefonteyn ab, und
passirten die Fähre beym Bergflusse (Berg-Rivier).
In dieser Gegend essen die Leute die Aniswurzel (Anys-
Wortel
). Sie schmeckt gut, und man bratet sie entwe-
der in Asche oder kocht sie in süßer Milch, oder stobt sie
auch wohl mit Fleisch. Die Bauern lassen durch ihre
Sklaven manchmahl eine ganze Menge davon ausgra-

Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
Hoden, drehete die Hodenſchnur herum und ſchrapte ihn
mittlerweile gleichſam ab, bis er abgeloͤſet war.

Auf dieſem Theile meiner Reiſe ſah ich die weiche
Pharnacie (Pharnacia mollugo, Hollaͤndiſch Mugge-
Kruyd
) in Menge: es waͤchſt beſonders haͤufig in naſſen
Jahren, und macht das Rindvieh, welches davon frißt,
ſehr fett. Ueber die Samenkapſeln des ſtachligen Am-
pfers (Rumex ſpinoſus), welcher hier uͤberall waͤchſt,
klagt man ſehr, weil ſie mit ihren ſcharfen Zacken oder
Stacheln den Sklaven und andern, die barfuß gehen,
in die Fuͤße ſtechen und manchmahl ſehr verwunden.
Die ſchwarzen Beeren eines hier vielfaͤltig wachſenden
Strauchs, den man Kraͤhenbuſch (Kraaije-Boſch)
nennt, freſſen die Capſchen Kraͤhen ſehr begierig. Der
Secretairvogel (Falco ſecretarius, Hollaͤndiſch Secreta-
ris
) zeigte ſich mir haͤufig mit ſeinem ſchoͤnen Kopfe und
langen Beinen. Er laͤuft ſehr ſchnell, und lebt auch
wohl von gefangnen Schlangen. Man erzaͤhlte mir,
die Jungen ließen ſich nur mit vieler Muͤhe groß ziehen,
weil ſie gar zu leicht ſich ein Bein zerbraͤchen. Bey Con-
ſtantia
hatte ich indeſſen doch einen alten Secretarisvo-
gel geſehen, der zahm war. Er legt zwey bis drey Eyer,
und bauet ſein Neſt von Zweigen auf Straͤuchen und
Baͤumen. Man trifft ihn faſt allezeit einſam und ohne
ſeines gleichen an, auch iſt er eben nicht ſehr zahlreich
vorhanden.

Den 25. reiſeten wir von Thefonteyn ab, und
paſſirten die Faͤhre beym Bergfluſſe (Berg-Rivier).
In dieſer Gegend eſſen die Leute die Aniswurzel (Anys-
Wortel
). Sie ſchmeckt gut, und man bratet ſie entwe-
der in Aſche oder kocht ſie in ſuͤßer Milch, oder ſtobt ſie
auch wohl mit Fleiſch. Die Bauern laſſen durch ihre
Sklaven manchmahl eine ganze Menge davon ausgra-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0166" n="138"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Zweyter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
Hoden, drehete die Hoden&#x017F;chnur herum und &#x017F;chrapte ihn<lb/>
mittlerweile gleich&#x017F;am ab, bis er abgelo&#x0364;&#x017F;et war.</p><lb/>
          <p>Auf die&#x017F;em Theile meiner Rei&#x017F;e &#x017F;ah ich die weiche<lb/>
Pharnacie (<hi rendition="#aq">Pharnacia mollugo,</hi> Holla&#x0364;ndi&#x017F;ch <hi rendition="#aq">Mugge-<lb/>
Kruyd</hi>) in Menge: es wa&#x0364;ch&#x017F;t be&#x017F;onders ha&#x0364;ufig in na&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Jahren, und macht das Rindvieh, welches davon frißt,<lb/>
&#x017F;ehr fett. Ueber die Samenkap&#x017F;eln des &#x017F;tachligen Am-<lb/>
pfers (<hi rendition="#aq">Rumex &#x017F;pino&#x017F;us</hi>), welcher hier u&#x0364;berall wa&#x0364;ch&#x017F;t,<lb/>
klagt man &#x017F;ehr, weil &#x017F;ie mit ihren &#x017F;charfen Zacken oder<lb/>
Stacheln den Sklaven und andern, die barfuß gehen,<lb/>
in die Fu&#x0364;ße &#x017F;techen und manchmahl &#x017F;ehr verwunden.<lb/>
Die &#x017F;chwarzen Beeren eines hier vielfa&#x0364;ltig wach&#x017F;enden<lb/>
Strauchs, den man Kra&#x0364;henbu&#x017F;ch (<hi rendition="#aq">Kraaije-Bo&#x017F;ch</hi>)<lb/>
nennt, fre&#x017F;&#x017F;en die Cap&#x017F;chen Kra&#x0364;hen &#x017F;ehr begierig. Der<lb/>
Secretairvogel (<hi rendition="#aq">Falco &#x017F;ecretarius,</hi> Holla&#x0364;ndi&#x017F;ch <hi rendition="#aq">Secreta-<lb/>
ris</hi>) zeigte &#x017F;ich mir ha&#x0364;ufig mit &#x017F;einem &#x017F;cho&#x0364;nen Kopfe und<lb/>
langen Beinen. Er la&#x0364;uft &#x017F;ehr &#x017F;chnell, und lebt auch<lb/>
wohl von gefangnen Schlangen. Man erza&#x0364;hlte mir,<lb/>
die Jungen ließen &#x017F;ich nur mit vieler Mu&#x0364;he groß ziehen,<lb/>
weil &#x017F;ie gar zu leicht &#x017F;ich ein Bein zerbra&#x0364;chen. Bey <placeName>Con-<lb/>
&#x017F;tantia</placeName> hatte ich inde&#x017F;&#x017F;en doch einen alten Secretarisvo-<lb/>
gel ge&#x017F;ehen, der zahm war. Er legt zwey bis drey Eyer,<lb/>
und bauet &#x017F;ein Ne&#x017F;t von Zweigen auf Stra&#x0364;uchen und<lb/>
Ba&#x0364;umen. Man trifft ihn fa&#x017F;t allezeit ein&#x017F;am und ohne<lb/>
&#x017F;eines gleichen an, auch i&#x017F;t er eben nicht &#x017F;ehr zahlreich<lb/>
vorhanden.</p><lb/>
          <p>Den 25. rei&#x017F;eten wir von <placeName>Thefonteyn</placeName> ab, und<lb/>
pa&#x017F;&#x017F;irten die Fa&#x0364;hre beym <placeName>Bergflu&#x017F;&#x017F;e</placeName> (<hi rendition="#aq"><placeName>Berg-Rivier</placeName></hi>).<lb/>
In die&#x017F;er Gegend e&#x017F;&#x017F;en die Leute die Aniswurzel (<hi rendition="#aq">Anys-<lb/>
Wortel</hi>). Sie &#x017F;chmeckt gut, und man bratet &#x017F;ie entwe-<lb/>
der in A&#x017F;che oder kocht &#x017F;ie in &#x017F;u&#x0364;ßer Milch, oder &#x017F;tobt &#x017F;ie<lb/>
auch wohl mit Flei&#x017F;ch. Die Bauern la&#x017F;&#x017F;en durch ihre<lb/>
Sklaven manchmahl eine ganze Menge davon ausgra-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0166] Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Hoden, drehete die Hodenſchnur herum und ſchrapte ihn mittlerweile gleichſam ab, bis er abgeloͤſet war. Auf dieſem Theile meiner Reiſe ſah ich die weiche Pharnacie (Pharnacia mollugo, Hollaͤndiſch Mugge- Kruyd) in Menge: es waͤchſt beſonders haͤufig in naſſen Jahren, und macht das Rindvieh, welches davon frißt, ſehr fett. Ueber die Samenkapſeln des ſtachligen Am- pfers (Rumex ſpinoſus), welcher hier uͤberall waͤchſt, klagt man ſehr, weil ſie mit ihren ſcharfen Zacken oder Stacheln den Sklaven und andern, die barfuß gehen, in die Fuͤße ſtechen und manchmahl ſehr verwunden. Die ſchwarzen Beeren eines hier vielfaͤltig wachſenden Strauchs, den man Kraͤhenbuſch (Kraaije-Boſch) nennt, freſſen die Capſchen Kraͤhen ſehr begierig. Der Secretairvogel (Falco ſecretarius, Hollaͤndiſch Secreta- ris) zeigte ſich mir haͤufig mit ſeinem ſchoͤnen Kopfe und langen Beinen. Er laͤuft ſehr ſchnell, und lebt auch wohl von gefangnen Schlangen. Man erzaͤhlte mir, die Jungen ließen ſich nur mit vieler Muͤhe groß ziehen, weil ſie gar zu leicht ſich ein Bein zerbraͤchen. Bey Con- ſtantia hatte ich indeſſen doch einen alten Secretarisvo- gel geſehen, der zahm war. Er legt zwey bis drey Eyer, und bauet ſein Neſt von Zweigen auf Straͤuchen und Baͤumen. Man trifft ihn faſt allezeit einſam und ohne ſeines gleichen an, auch iſt er eben nicht ſehr zahlreich vorhanden. Den 25. reiſeten wir von Thefonteyn ab, und paſſirten die Faͤhre beym Bergfluſſe (Berg-Rivier). In dieſer Gegend eſſen die Leute die Aniswurzel (Anys- Wortel). Sie ſchmeckt gut, und man bratet ſie entwe- der in Aſche oder kocht ſie in ſuͤßer Milch, oder ſtobt ſie auch wohl mit Fleiſch. Die Bauern laſſen durch ihre Sklaven manchmahl eine ganze Menge davon ausgra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/166
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/166>, abgerufen am 21.11.2024.