Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
und vor dem Geräusche, wenn sie gegen den Sattel und
das Gepäck schlugen, von dem was vorgefallen war,
nicht das geringste hören oder sehen können. Dazu
kam, daß ich wohl um eine Minute zurückgeblieben war.
Denn weil ich unterwegs oft Halt machte, um Kräuter
zu pflücken und in meinem Schnupftuche zu verwahren,
war ich gern der Hinterste in der Gesellschaft, um die
übrigen nicht im Reiten zu hindern; und daher war ich
nicht selten eine Strecke zurück. Doch ich muß erst noch
etwas nachhohlen, ehe ich von mir erzähle. Der Ser-
geant hatte auf dieser Reise zwey Pferde bey sich. Das
eine davon war bereits ein Opfer der Wuth des wilden
Thiers geworden. Das andre stand jetzt gerade im We-
ge des Büffels, welcher zum Walde hinaus wollte. Als
dieser es erblickte, wurde er noch grimmiger, als vorher,
und fiel dasselbe mit so wüthender Heftigkeit an, daß er
es nicht nur durch die Brust und zugleich durch den Sat-
tel stieß, so daß die Hörner oben aus dem Sattel her-
ausragten, sondern es auch so gewaltig gegen die Erde
warf, daß es im Augenblicke todt, und alle Knochen im
ganzen Körper zerschmettert waren. Gerade als er mit
diesem Pferde sich noch beschäfftigte, kam ich da an, wo
ich ihn sehen konnte. Hier aber war der Wald so dicht,
daß es mir unmöglich war, mit dem Pferde umzuwen-
den, oder damit auf die Seite zu kommen. Ich sah
mich deswegen genöthigt, es seinem Schicksale zu über-
lassen, und meine Zuflucht zu dem nächsten etwas gro-
ßen Baume zu nehmen, auf welchen ich hinaufkletterte.
Sobald der Büffel mit dem zweyten Pferde fertig war,
kehrte er um, und rannte mit größter Geschwindigkeit
den Weg, welchen wir nahmen. Von dem Baume,
worauf ich saß, konnte ich deutlich sehen, daß das eine Pferd
todt war, das andre mit den Beinen arbeitete, um in

Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
und vor dem Geraͤuſche, wenn ſie gegen den Sattel und
das Gepaͤck ſchlugen, von dem was vorgefallen war,
nicht das geringſte hoͤren oder ſehen koͤnnen. Dazu
kam, daß ich wohl um eine Minute zuruͤckgeblieben war.
Denn weil ich unterwegs oft Halt machte, um Kraͤuter
zu pfluͤcken und in meinem Schnupftuche zu verwahren,
war ich gern der Hinterſte in der Geſellſchaft, um die
uͤbrigen nicht im Reiten zu hindern; und daher war ich
nicht ſelten eine Strecke zuruͤck. Doch ich muß erſt noch
etwas nachhohlen, ehe ich von mir erzaͤhle. Der Ser-
geant hatte auf dieſer Reiſe zwey Pferde bey ſich. Das
eine davon war bereits ein Opfer der Wuth des wilden
Thiers geworden. Das andre ſtand jetzt gerade im We-
ge des Buͤffels, welcher zum Walde hinaus wollte. Als
dieſer es erblickte, wurde er noch grimmiger, als vorher,
und fiel daſſelbe mit ſo wuͤthender Heftigkeit an, daß er
es nicht nur durch die Bruſt und zugleich durch den Sat-
tel ſtieß, ſo daß die Hoͤrner oben aus dem Sattel her-
ausragten, ſondern es auch ſo gewaltig gegen die Erde
warf, daß es im Augenblicke todt, und alle Knochen im
ganzen Koͤrper zerſchmettert waren. Gerade als er mit
dieſem Pferde ſich noch beſchaͤfftigte, kam ich da an, wo
ich ihn ſehen konnte. Hier aber war der Wald ſo dicht,
daß es mir unmoͤglich war, mit dem Pferde umzuwen-
den, oder damit auf die Seite zu kommen. Ich ſah
mich deswegen genoͤthigt, es ſeinem Schickſale zu uͤber-
laſſen, und meine Zuflucht zu dem naͤchſten etwas gro-
ßen Baume zu nehmen, auf welchen ich hinaufkletterte.
Sobald der Buͤffel mit dem zweyten Pferde fertig war,
kehrte er um, und rannte mit groͤßter Geſchwindigkeit
den Weg, welchen wir nahmen. Von dem Baume,
worauf ich ſaß, konnte ich deutlich ſehen, daß das eine Pferd
todt war, das andre mit den Beinen arbeitete, um in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0197" n="169"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e v. <placeName>Ataquathale</placeName> durchs <placeName>Houtniqualand</placeName>.</hi></fw><lb/>
und vor dem Gera&#x0364;u&#x017F;che, wenn &#x017F;ie gegen den Sattel und<lb/>
das Gepa&#x0364;ck &#x017F;chlugen, von dem was vorgefallen war,<lb/>
nicht das gering&#x017F;te ho&#x0364;ren oder &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Dazu<lb/>
kam, daß ich wohl um eine Minute zuru&#x0364;ckgeblieben war.<lb/>
Denn weil ich unterwegs oft Halt machte, um Kra&#x0364;uter<lb/>
zu pflu&#x0364;cken und in meinem Schnupftuche zu verwahren,<lb/>
war ich gern der Hinter&#x017F;te in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, um die<lb/>
u&#x0364;brigen nicht im Reiten zu hindern; und daher war ich<lb/>
nicht &#x017F;elten eine Strecke zuru&#x0364;ck. Doch ich muß er&#x017F;t noch<lb/>
etwas nachhohlen, ehe ich von mir erza&#x0364;hle. Der Ser-<lb/>
geant hatte auf die&#x017F;er Rei&#x017F;e zwey Pferde bey &#x017F;ich. Das<lb/>
eine davon war bereits ein Opfer der Wuth des wilden<lb/>
Thiers geworden. Das andre &#x017F;tand jetzt gerade im We-<lb/>
ge des Bu&#x0364;ffels, welcher zum Walde hinaus wollte. Als<lb/>
die&#x017F;er es erblickte, wurde er noch grimmiger, als vorher,<lb/>
und fiel da&#x017F;&#x017F;elbe mit &#x017F;o wu&#x0364;thender Heftigkeit an, daß er<lb/>
es nicht nur durch die Bru&#x017F;t und zugleich durch den Sat-<lb/>
tel &#x017F;tieß, &#x017F;o daß die Ho&#x0364;rner oben aus dem Sattel her-<lb/>
ausragten, &#x017F;ondern es auch &#x017F;o gewaltig gegen die Erde<lb/>
warf, daß es im Augenblicke todt, und alle Knochen im<lb/>
ganzen Ko&#x0364;rper zer&#x017F;chmettert waren. Gerade als er mit<lb/>
die&#x017F;em Pferde &#x017F;ich noch be&#x017F;cha&#x0364;fftigte, kam ich da an, wo<lb/>
ich ihn &#x017F;ehen konnte. Hier aber war der Wald &#x017F;o dicht,<lb/>
daß es mir unmo&#x0364;glich war, mit dem Pferde umzuwen-<lb/>
den, oder damit auf die Seite zu kommen. Ich &#x017F;ah<lb/>
mich deswegen geno&#x0364;thigt, es &#x017F;einem Schick&#x017F;ale zu u&#x0364;ber-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und meine Zuflucht zu dem na&#x0364;ch&#x017F;ten etwas gro-<lb/>
ßen Baume zu nehmen, auf welchen ich hinaufkletterte.<lb/>
Sobald der Bu&#x0364;ffel mit dem zweyten Pferde fertig war,<lb/>
kehrte er um, und rannte mit gro&#x0364;ßter Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
den Weg, welchen wir nahmen. Von dem Baume,<lb/>
worauf ich &#x017F;aß, konnte ich deutlich &#x017F;ehen, daß das eine Pferd<lb/>
todt war, das andre mit den Beinen arbeitete, um in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0197] Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand. und vor dem Geraͤuſche, wenn ſie gegen den Sattel und das Gepaͤck ſchlugen, von dem was vorgefallen war, nicht das geringſte hoͤren oder ſehen koͤnnen. Dazu kam, daß ich wohl um eine Minute zuruͤckgeblieben war. Denn weil ich unterwegs oft Halt machte, um Kraͤuter zu pfluͤcken und in meinem Schnupftuche zu verwahren, war ich gern der Hinterſte in der Geſellſchaft, um die uͤbrigen nicht im Reiten zu hindern; und daher war ich nicht ſelten eine Strecke zuruͤck. Doch ich muß erſt noch etwas nachhohlen, ehe ich von mir erzaͤhle. Der Ser- geant hatte auf dieſer Reiſe zwey Pferde bey ſich. Das eine davon war bereits ein Opfer der Wuth des wilden Thiers geworden. Das andre ſtand jetzt gerade im We- ge des Buͤffels, welcher zum Walde hinaus wollte. Als dieſer es erblickte, wurde er noch grimmiger, als vorher, und fiel daſſelbe mit ſo wuͤthender Heftigkeit an, daß er es nicht nur durch die Bruſt und zugleich durch den Sat- tel ſtieß, ſo daß die Hoͤrner oben aus dem Sattel her- ausragten, ſondern es auch ſo gewaltig gegen die Erde warf, daß es im Augenblicke todt, und alle Knochen im ganzen Koͤrper zerſchmettert waren. Gerade als er mit dieſem Pferde ſich noch beſchaͤfftigte, kam ich da an, wo ich ihn ſehen konnte. Hier aber war der Wald ſo dicht, daß es mir unmoͤglich war, mit dem Pferde umzuwen- den, oder damit auf die Seite zu kommen. Ich ſah mich deswegen genoͤthigt, es ſeinem Schickſale zu uͤber- laſſen, und meine Zuflucht zu dem naͤchſten etwas gro- ßen Baume zu nehmen, auf welchen ich hinaufkletterte. Sobald der Buͤffel mit dem zweyten Pferde fertig war, kehrte er um, und rannte mit groͤßter Geſchwindigkeit den Weg, welchen wir nahmen. Von dem Baume, worauf ich ſaß, konnte ich deutlich ſehen, daß das eine Pferd todt war, das andre mit den Beinen arbeitete, um in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/197
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/197>, abgerufen am 21.11.2024.