Gärtner Auge, welcher ehemahls mehr als eine Reise durch diese Gegenden gemacht hatte, war jetzt unser Wegweiser. Unsre Hottentotten mit den Zugochsen hat- ten wir zurückgelassen. Gegen Mittag langten wir beym Kukumaflusse an. Wir ritten durch einen Arm desselben, um durch ein vor uns liegendes dichtes Gehölz zu einem Viehhofe zu kommen, den wir auf einer An- höhe jenseits des Waldes liegen sahen, und der Helgert Müller gehörte. Auf diesem Wege aber erlebten wir ein großes Unglück.
Wir waren nämlich noch nicht tief ins Holz hin- ein geritten, als wir auf einen alten und dabey sehr gro- ßen wilden Büffelochsen stießen, der auf einem Platze, welcher einige Ellen ins Gevierte frey von Gebüsche war, ganz allein lag. Er wurde nicht sobald unsern Gärtner, welcher voran ritt, gewahr, als er mit schrecklichem Ge- brüll auf ihn zustürzte. Jener bog sogleich zur Seite, und hinter einen dicken Baum, und kam daher mit sei- nem Pferde dem Büffel einigermaßen aus den Augen. Dieser fuhr darauf gerades Weges auf den Sergeanten los, welcher in der Mitte ritt, und gab mit seinen Hör- nern dem einen seiner Pferde einen so gewaltigen Stoß in den Bauch, daß es augenblicklich auf den Rücken fiel, die Beine in die Luft kehrte, und ihm das ganze Gedär- me aus dem Leibe hing, in welchem Zustande es bey- nahe eine halbe Stunde lebte. Mittlerweile waren der Gärtner und der Sergeant auf Bäume geklettert, wo sie sicher zu seyn glaubten. Der Büffelochs nahm nach jenem ersten Anfalle seinen Weg dahin, woher wir ge- kommen waren. Unterwegs verfehlte er daher nicht, auch bey mir anzusprechen. Ich kam ihm gerade entge- gen, und hatte in dem unbeschreiblichen Gedränge, wel- ches die Zweige der Bäume und Büsche verursachten,
Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
Gaͤrtner Auge, welcher ehemahls mehr als eine Reiſe durch dieſe Gegenden gemacht hatte, war jetzt unſer Wegweiſer. Unſre Hottentotten mit den Zugochſen hat- ten wir zuruͤckgelaſſen. Gegen Mittag langten wir beym Kukumafluſſe an. Wir ritten durch einen Arm deſſelben, um durch ein vor uns liegendes dichtes Gehoͤlz zu einem Viehhofe zu kommen, den wir auf einer An- hoͤhe jenſeits des Waldes liegen ſahen, und der Helgert Muͤller gehoͤrte. Auf dieſem Wege aber erlebten wir ein großes Ungluͤck.
Wir waren naͤmlich noch nicht tief ins Holz hin- ein geritten, als wir auf einen alten und dabey ſehr gro- ßen wilden Buͤffelochſen ſtießen, der auf einem Platze, welcher einige Ellen ins Gevierte frey von Gebuͤſche war, ganz allein lag. Er wurde nicht ſobald unſern Gaͤrtner, welcher voran ritt, gewahr, als er mit ſchrecklichem Ge- bruͤll auf ihn zuſtuͤrzte. Jener bog ſogleich zur Seite, und hinter einen dicken Baum, und kam daher mit ſei- nem Pferde dem Buͤffel einigermaßen aus den Augen. Dieſer fuhr darauf gerades Weges auf den Sergeanten los, welcher in der Mitte ritt, und gab mit ſeinen Hoͤr- nern dem einen ſeiner Pferde einen ſo gewaltigen Stoß in den Bauch, daß es augenblicklich auf den Ruͤcken fiel, die Beine in die Luft kehrte, und ihm das ganze Gedaͤr- me aus dem Leibe hing, in welchem Zuſtande es bey- nahe eine halbe Stunde lebte. Mittlerweile waren der Gaͤrtner und der Sergeant auf Baͤume geklettert, wo ſie ſicher zu ſeyn glaubten. Der Buͤffelochs nahm nach jenem erſten Anfalle ſeinen Weg dahin, woher wir ge- kommen waren. Unterwegs verfehlte er daher nicht, auch bey mir anzuſprechen. Ich kam ihm gerade entge- gen, und hatte in dem unbeſchreiblichen Gedraͤnge, wel- ches die Zweige der Baͤume und Buͤſche verurſachten,
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Dritte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
Gaͤrtner Auge, welcher ehemahls mehr als eine Reiſe
durch dieſe Gegenden gemacht hatte, war jetzt unſer
Wegweiſer. Unſre Hottentotten mit den Zugochſen hat-
ten wir zuruͤckgelaſſen. Gegen Mittag langten wir
beym Kukumafluſſe an. Wir ritten durch einen Arm
deſſelben, um durch ein vor uns liegendes dichtes Gehoͤlz
zu einem Viehhofe zu kommen, den wir auf einer An-
hoͤhe jenſeits des Waldes liegen ſahen, und der Helgert
Muͤller gehoͤrte. Auf dieſem Wege aber erlebten wir
ein großes Ungluͤck.
Wir waren naͤmlich noch nicht tief ins Holz hin-
ein geritten, als wir auf einen alten und dabey ſehr gro-
ßen wilden Buͤffelochſen ſtießen, der auf einem Platze,
welcher einige Ellen ins Gevierte frey von Gebuͤſche war,
ganz allein lag. Er wurde nicht ſobald unſern Gaͤrtner,
welcher voran ritt, gewahr, als er mit ſchrecklichem Ge-
bruͤll auf ihn zuſtuͤrzte. Jener bog ſogleich zur Seite,
und hinter einen dicken Baum, und kam daher mit ſei-
nem Pferde dem Buͤffel einigermaßen aus den Augen.
Dieſer fuhr darauf gerades Weges auf den Sergeanten
los, welcher in der Mitte ritt, und gab mit ſeinen Hoͤr-
nern dem einen ſeiner Pferde einen ſo gewaltigen Stoß
in den Bauch, daß es augenblicklich auf den Ruͤcken fiel,
die Beine in die Luft kehrte, und ihm das ganze Gedaͤr-
me aus dem Leibe hing, in welchem Zuſtande es bey-
nahe eine halbe Stunde lebte. Mittlerweile waren der
Gaͤrtner und der Sergeant auf Baͤume geklettert, wo
ſie ſicher zu ſeyn glaubten. Der Buͤffelochs nahm nach
jenem erſten Anfalle ſeinen Weg dahin, woher wir ge-
kommen waren. Unterwegs verfehlte er daher nicht,
auch bey mir anzuſprechen. Ich kam ihm gerade entge-
gen, und hatte in dem unbeſchreiblichen Gedraͤnge, wel-
ches die Zweige der Baͤume und Buͤſche verurſachten,
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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