Thiere können nicht gehen. Diese Krankheit scheint von der Sommerhitze zu entstehen, besonders wenn die Ochsen auf Reisen am Tage zu sehr angestrengt werden. Man hält sie hier für ansteckend. So viel ist gewiß, daß sie einen Ochsen nach dem andern angreift, und ich habe ganze Spanne daran krank gesehen. Sie scheint mir aber doch mehr von einer gemeinschaftlichen Ursache, als von Ansteckung herzukommen. Anfangs hinket das Vieh nur, hernach aber wird es zum Ziehen auf Reisen unbrauchbar. In einer oder zwey Wochen geht diese Krankheit aber doch gewöhnlich von selbst vorbey.
Unter andern erzählte man mir hier, daß vor eini- ger Zeit ein Bauer von einer Schlange, und zwar von derjenigen Gattung, die man hier Ringhals nennt, als er barfuß im Grase gegangen, in den Fuß gebissen sey. (Man geht hier überhaupt sehr häufig barfuß, weil es an Schuhen und Strümpfen fehlt. Schuhe und Strümpfe gebraucht der Landmann selten anders, als wenn er nach der Stadt des Cap reiset, oder die Kirche besucht.) Ich erkundigte mich genau nach den Sympto- men, die dieser Biß verursacht hatte, und erfuhr fol- gendes. Der Bauer war eine ganze Meile von seiner Heimath entfernt, als er gebissen wurde. Er schickte sogleich seinen Sklaven zu Hause, um in Geschwindig- keit ein Pferd zu hohlen. Dieses kam sehr bald an, und der Bauer ritt zu Hause, nachdem er das Bein stark bebunden hatte, um das Gift zu verhindern hinauf zu ziehen. Bey seiner Zuhausekunft wurde er so schläfrig, daß seine Frau ihn mit Mühe wachend erhalten konnte. Er wurde auch sogleich blind, und diese Blindheit währte vierzehn Tage. Das Bein war so geschwollen, daß die Haut sich über das Band gelegt und fest angeschlossen hatte, und mit Mühe heruntergebracht werden konnte.
Reiſe v. Houtniquas bis an den Camtourfluß.
Thiere koͤnnen nicht gehen. Dieſe Krankheit ſcheint von der Sommerhitze zu entſtehen, beſonders wenn die Ochſen auf Reiſen am Tage zu ſehr angeſtrengt werden. Man haͤlt ſie hier fuͤr anſteckend. So viel iſt gewiß, daß ſie einen Ochſen nach dem andern angreift, und ich habe ganze Spanne daran krank geſehen. Sie ſcheint mir aber doch mehr von einer gemeinſchaftlichen Urſache, als von Anſteckung herzukommen. Anfangs hinket das Vieh nur, hernach aber wird es zum Ziehen auf Reiſen unbrauchbar. In einer oder zwey Wochen geht dieſe Krankheit aber doch gewoͤhnlich von ſelbſt vorbey.
Unter andern erzaͤhlte man mir hier, daß vor eini- ger Zeit ein Bauer von einer Schlange, und zwar von derjenigen Gattung, die man hier Ringhals nennt, als er barfuß im Graſe gegangen, in den Fuß gebiſſen ſey. (Man geht hier uͤberhaupt ſehr haͤufig barfuß, weil es an Schuhen und Struͤmpfen fehlt. Schuhe und Struͤmpfe gebraucht der Landmann ſelten anders, als wenn er nach der Stadt des Cap reiſet, oder die Kirche beſucht.) Ich erkundigte mich genau nach den Sympto- men, die dieſer Biß verurſacht hatte, und erfuhr fol- gendes. Der Bauer war eine ganze Meile von ſeiner Heimath entfernt, als er gebiſſen wurde. Er ſchickte ſogleich ſeinen Sklaven zu Hauſe, um in Geſchwindig- keit ein Pferd zu hohlen. Dieſes kam ſehr bald an, und der Bauer ritt zu Hauſe, nachdem er das Bein ſtark bebunden hatte, um das Gift zu verhindern hinauf zu ziehen. Bey ſeiner Zuhauſekunft wurde er ſo ſchlaͤfrig, daß ſeine Frau ihn mit Muͤhe wachend erhalten konnte. Er wurde auch ſogleich blind, und dieſe Blindheit waͤhrte vierzehn Tage. Das Bein war ſo geſchwollen, daß die Haut ſich uͤber das Band gelegt und feſt angeſchloſſen hatte, und mit Muͤhe heruntergebracht werden konnte.
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0215"n="187"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Reiſe v. <placeName>Houtniquas</placeName> bis an den <placeName>Camtourfluß</placeName>.</hi></fw><lb/>
Thiere koͤnnen nicht gehen. Dieſe Krankheit ſcheint<lb/>
von der Sommerhitze zu entſtehen, beſonders wenn die<lb/>
Ochſen auf Reiſen am Tage zu ſehr angeſtrengt werden.<lb/>
Man haͤlt ſie hier fuͤr anſteckend. So viel iſt gewiß,<lb/>
daß ſie einen Ochſen nach dem andern angreift, und ich<lb/>
habe ganze Spanne daran krank geſehen. Sie ſcheint<lb/>
mir aber doch mehr von einer gemeinſchaftlichen Urſache,<lb/>
als von Anſteckung herzukommen. Anfangs hinket das<lb/>
Vieh nur, hernach aber wird es zum Ziehen auf Reiſen<lb/>
unbrauchbar. In einer oder zwey Wochen geht dieſe<lb/>
Krankheit aber doch gewoͤhnlich von ſelbſt vorbey.</p><lb/><p>Unter andern erzaͤhlte man mir hier, daß vor eini-<lb/>
ger Zeit ein Bauer von einer Schlange, und zwar von<lb/>
derjenigen Gattung, die man hier Ringhals nennt, als<lb/>
er barfuß im Graſe gegangen, in den Fuß gebiſſen ſey.<lb/>
(Man geht hier uͤberhaupt ſehr haͤufig barfuß, weil es<lb/>
an Schuhen und Struͤmpfen fehlt. Schuhe und<lb/>
Struͤmpfe gebraucht der Landmann ſelten anders, als<lb/>
wenn er nach der Stadt des <placeName>Cap</placeName> reiſet, oder die Kirche<lb/>
beſucht.) Ich erkundigte mich genau nach den Sympto-<lb/>
men, die dieſer Biß verurſacht hatte, und erfuhr fol-<lb/>
gendes. Der Bauer war eine ganze Meile von ſeiner<lb/>
Heimath entfernt, als er gebiſſen wurde. Er ſchickte<lb/>ſogleich ſeinen Sklaven zu Hauſe, um in Geſchwindig-<lb/>
keit ein Pferd zu hohlen. Dieſes kam ſehr bald an, und<lb/>
der Bauer ritt zu Hauſe, nachdem er das Bein ſtark<lb/>
bebunden hatte, um das Gift zu verhindern hinauf zu<lb/>
ziehen. Bey ſeiner Zuhauſekunft wurde er ſo ſchlaͤfrig,<lb/>
daß ſeine Frau ihn mit Muͤhe wachend erhalten konnte.<lb/>
Er wurde auch ſogleich blind, und dieſe Blindheit waͤhrte<lb/>
vierzehn Tage. Das Bein war ſo geſchwollen, daß die<lb/>
Haut ſich uͤber das Band gelegt und feſt angeſchloſſen<lb/>
hatte, und mit Muͤhe heruntergebracht werden konnte.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[187/0215]
Reiſe v. Houtniquas bis an den Camtourfluß.
Thiere koͤnnen nicht gehen. Dieſe Krankheit ſcheint
von der Sommerhitze zu entſtehen, beſonders wenn die
Ochſen auf Reiſen am Tage zu ſehr angeſtrengt werden.
Man haͤlt ſie hier fuͤr anſteckend. So viel iſt gewiß,
daß ſie einen Ochſen nach dem andern angreift, und ich
habe ganze Spanne daran krank geſehen. Sie ſcheint
mir aber doch mehr von einer gemeinſchaftlichen Urſache,
als von Anſteckung herzukommen. Anfangs hinket das
Vieh nur, hernach aber wird es zum Ziehen auf Reiſen
unbrauchbar. In einer oder zwey Wochen geht dieſe
Krankheit aber doch gewoͤhnlich von ſelbſt vorbey.
Unter andern erzaͤhlte man mir hier, daß vor eini-
ger Zeit ein Bauer von einer Schlange, und zwar von
derjenigen Gattung, die man hier Ringhals nennt, als
er barfuß im Graſe gegangen, in den Fuß gebiſſen ſey.
(Man geht hier uͤberhaupt ſehr haͤufig barfuß, weil es
an Schuhen und Struͤmpfen fehlt. Schuhe und
Struͤmpfe gebraucht der Landmann ſelten anders, als
wenn er nach der Stadt des Cap reiſet, oder die Kirche
beſucht.) Ich erkundigte mich genau nach den Sympto-
men, die dieſer Biß verurſacht hatte, und erfuhr fol-
gendes. Der Bauer war eine ganze Meile von ſeiner
Heimath entfernt, als er gebiſſen wurde. Er ſchickte
ſogleich ſeinen Sklaven zu Hauſe, um in Geſchwindig-
keit ein Pferd zu hohlen. Dieſes kam ſehr bald an, und
der Bauer ritt zu Hauſe, nachdem er das Bein ſtark
bebunden hatte, um das Gift zu verhindern hinauf zu
ziehen. Bey ſeiner Zuhauſekunft wurde er ſo ſchlaͤfrig,
daß ſeine Frau ihn mit Muͤhe wachend erhalten konnte.
Er wurde auch ſogleich blind, und dieſe Blindheit waͤhrte
vierzehn Tage. Das Bein war ſo geſchwollen, daß die
Haut ſich uͤber das Band gelegt und feſt angeſchloſſen
hatte, und mit Muͤhe heruntergebracht werden konnte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/215>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.