Unter den Bächen und kleinen Flüssen am Cap ist derjenige einer der ansehnlichsten, welcher sein Wasser vom Tafelberge bekommt, und sich in den Hafen ergießt. Er heißt der Salzfluß (Zout-Rivier). Sein Wasser ist auch nicht nur unweit des völligen Ausflusses ins Meer salzig, weil das Seewasser sich damit vermischt, sondern er fällt auch mit der Ebbe und Fluth.
Unterhalb der Berge sowohl als nahe am Strande findet man am Cap verschiedne, zum Theil größere, zum Theil kleinere, erhabene Sandstrecken, welche von dem vielen Flugsande entstehen, und oft, bisweilen zwey- mahl in einem Jahre, ihre Lage und Stelle ändern, so wie der Wind sie entweder hiehin oder dorthin treibt. Diejenige dieser Sandstrecken, welche unterhalb des Lö- wenschwanzes befindlich ist, scheint besonders merkwürdig zu seyn, und zu zeigen, wie dieser Berg ehedem entstan- den ist, und wie seine Lagen und Schichten sich gebildet haben. Sie liegt außerhalb der Batterie, erstreckt sich von Süden nach Norden, und hat eben die Richtung, welche die Berge am Cap und im ganzen Lande haben, je- doch so, daß sie sich hin und wieder nach Osten oder We- sten ein wenig krümmt, je nachdem die hier herrschenden Winde den Sand etwas seitwärts getrieben haben. Nordwärts vermehrt sie sich jährlich ganz bis nach dem Ufer der See. Am westlichen Ende ist sie gekrümmt, und wird allmählig niedriger, welches entweder von der nicht weit davon in eben derselben Richtung fortlaufenden andern erhabenen Sandstrecke, die aber fest und dicht ist, und zum Galgenplatze gebraucht wird, oder von dem den Wind abhaltenden Löwenschwanze herkommt. Der Sand in jener großen hohen Sandstrecke ist im Sommer los und fliegt umher. Des Winters ist er etwas fester, welches vom Regen herrührt, aber doch beynahe so los,
Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
Unter den Baͤchen und kleinen Fluͤſſen am Cap iſt derjenige einer der anſehnlichſten, welcher ſein Waſſer vom Tafelberge bekommt, und ſich in den Hafen ergießt. Er heißt der Salzfluß (Zout-Rivier). Sein Waſſer iſt auch nicht nur unweit des voͤlligen Ausfluſſes ins Meer ſalzig, weil das Seewaſſer ſich damit vermiſcht, ſondern er faͤllt auch mit der Ebbe und Fluth.
Unterhalb der Berge ſowohl als nahe am Strande findet man am Cap verſchiedne, zum Theil groͤßere, zum Theil kleinere, erhabene Sandſtrecken, welche von dem vielen Flugſande entſtehen, und oft, bisweilen zwey- mahl in einem Jahre, ihre Lage und Stelle aͤndern, ſo wie der Wind ſie entweder hiehin oder dorthin treibt. Diejenige dieſer Sandſtrecken, welche unterhalb des Loͤ- wenſchwanzes befindlich iſt, ſcheint beſonders merkwuͤrdig zu ſeyn, und zu zeigen, wie dieſer Berg ehedem entſtan- den iſt, und wie ſeine Lagen und Schichten ſich gebildet haben. Sie liegt außerhalb der Batterie, erſtreckt ſich von Suͤden nach Norden, und hat eben die Richtung, welche die Berge am Cap und im ganzen Lande haben, je- doch ſo, daß ſie ſich hin und wieder nach Oſten oder We- ſten ein wenig kruͤmmt, je nachdem die hier herrſchenden Winde den Sand etwas ſeitwaͤrts getrieben haben. Nordwaͤrts vermehrt ſie ſich jaͤhrlich ganz bis nach dem Ufer der See. Am weſtlichen Ende iſt ſie gekruͤmmt, und wird allmaͤhlig niedriger, welches entweder von der nicht weit davon in eben derſelben Richtung fortlaufenden andern erhabenen Sandſtrecke, die aber feſt und dicht iſt, und zum Galgenplatze gebraucht wird, oder von dem den Wind abhaltenden Loͤwenſchwanze herkommt. Der Sand in jener großen hohen Sandſtrecke iſt im Sommer los und fliegt umher. Des Winters iſt er etwas feſter, welches vom Regen herruͤhrt, aber doch beynahe ſo los,
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Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
Unter den Baͤchen und kleinen Fluͤſſen am Cap iſt
derjenige einer der anſehnlichſten, welcher ſein Waſſer
vom Tafelberge bekommt, und ſich in den Hafen ergießt.
Er heißt der Salzfluß (Zout-Rivier). Sein Waſſer
iſt auch nicht nur unweit des voͤlligen Ausfluſſes ins Meer
ſalzig, weil das Seewaſſer ſich damit vermiſcht, ſondern
er faͤllt auch mit der Ebbe und Fluth.
Unterhalb der Berge ſowohl als nahe am Strande
findet man am Cap verſchiedne, zum Theil groͤßere, zum
Theil kleinere, erhabene Sandſtrecken, welche von dem
vielen Flugſande entſtehen, und oft, bisweilen zwey-
mahl in einem Jahre, ihre Lage und Stelle aͤndern, ſo
wie der Wind ſie entweder hiehin oder dorthin treibt.
Diejenige dieſer Sandſtrecken, welche unterhalb des Loͤ-
wenſchwanzes befindlich iſt, ſcheint beſonders merkwuͤrdig
zu ſeyn, und zu zeigen, wie dieſer Berg ehedem entſtan-
den iſt, und wie ſeine Lagen und Schichten ſich gebildet
haben. Sie liegt außerhalb der Batterie, erſtreckt ſich
von Suͤden nach Norden, und hat eben die Richtung,
welche die Berge am Cap und im ganzen Lande haben, je-
doch ſo, daß ſie ſich hin und wieder nach Oſten oder We-
ſten ein wenig kruͤmmt, je nachdem die hier herrſchenden
Winde den Sand etwas ſeitwaͤrts getrieben haben.
Nordwaͤrts vermehrt ſie ſich jaͤhrlich ganz bis nach dem
Ufer der See. Am weſtlichen Ende iſt ſie gekruͤmmt,
und wird allmaͤhlig niedriger, welches entweder von der
nicht weit davon in eben derſelben Richtung fortlaufenden
andern erhabenen Sandſtrecke, die aber feſt und dicht iſt,
und zum Galgenplatze gebraucht wird, oder von dem
den Wind abhaltenden Loͤwenſchwanze herkommt. Der
Sand in jener großen hohen Sandſtrecke iſt im Sommer
los und fliegt umher. Des Winters iſt er etwas feſter,
welches vom Regen herruͤhrt, aber doch beynahe ſo los,
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/240>, abgerufen am 21.11.2024.
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