Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Vierte Abtheilung. Achter Abschnitt. da ganze Karren voll Eisen vom Schiffe an die Schmiedein der Stadt verkauft wurden, so kann man sich leicht vorstellen, wie gewissenhaft man bey feineren und kost- bareren Waaren verfahren seyn möge. Die Soldaten bewachten die an Land gebrachten Sachen auch mit so viel Sorgfalt und Eifer, daß sie jeden Abend, wenn sie abgelöset wurden und einmarschirten, die Flinten- läufe mit ächten goldnen und silbernen Tressen vollgestopft mitbrachten, die zwar durch das Seewasser allen Glanz verlohren hatten, aber doch zum Ausschmelzen gut wa- ren. -- Doch ich kann diese Erzählung nicht schließen, ohne von dem Charakter und Betragen des Gouverneurs bey diesem Vorfalle ein Gemälde zu entwerfen. Ohne Zweifel erwarten meine Leser, daß es zu seiner Ehre ausfallen werde; sie erwarten, ein Herr von so hoher Geburt, von solcher Macht und Gewalt, von so aus- gebreitetem Wirkungskreise werde sich durch Edelmuth und thätiges Bestreben, das Loos der Unglücklichen zu erleichtern, vor allen übrigen ausgezeichnet; sie erwar- ten, er werde den Sohn des großmüthigen Woltemat auf die ehrenvollste Art belohnt haben. Er zeichnete sich auch aus. Er belohnte Woltemats Sohn auch, aber wie? Woltemats Sohn hielt einige Tage hernach um den von seinem Vater verwalteten Dienst an: einen Dienst von so geringem Belange und so wenig Einkünf- ten, daß er an sich selbst als Belohnung für eine solche That auf keine Weise angesehen werden konnte. Der Gouverneur schlug seine Bitte ab, und gab den Dienst einem andern. Nach einiger Zeit erlaubte er ihm -- eine Erlaubniß, die andre wie eine Bestrafung be- trachten, -- nach Batavia zu gehen, wo sein einziger Bruder, ein dasiger Handelsmann, wohnte, und wo Vierte Abtheilung. Achter Abſchnitt. da ganze Karren voll Eiſen vom Schiffe an die Schmiedein der Stadt verkauft wurden, ſo kann man ſich leicht vorſtellen, wie gewiſſenhaft man bey feineren und koſt- bareren Waaren verfahren ſeyn moͤge. Die Soldaten bewachten die an Land gebrachten Sachen auch mit ſo viel Sorgfalt und Eifer, daß ſie jeden Abend, wenn ſie abgeloͤſet wurden und einmarſchirten, die Flinten- laͤufe mit aͤchten goldnen und ſilbernen Treſſen vollgeſtopft mitbrachten, die zwar durch das Seewaſſer allen Glanz verlohren hatten, aber doch zum Ausſchmelzen gut wa- ren. — Doch ich kann dieſe Erzaͤhlung nicht ſchließen, ohne von dem Charakter und Betragen des Gouverneurs bey dieſem Vorfalle ein Gemaͤlde zu entwerfen. Ohne Zweifel erwarten meine Leſer, daß es zu ſeiner Ehre ausfallen werde; ſie erwarten, ein Herr von ſo hoher Geburt, von ſolcher Macht und Gewalt, von ſo aus- gebreitetem Wirkungskreiſe werde ſich durch Edelmuth und thaͤtiges Beſtreben, das Loos der Ungluͤcklichen zu erleichtern, vor allen uͤbrigen ausgezeichnet; ſie erwar- ten, er werde den Sohn des großmuͤthigen Woltemat auf die ehrenvollſte Art belohnt haben. Er zeichnete ſich auch aus. Er belohnte Woltemats Sohn auch, aber wie? Woltemats Sohn hielt einige Tage hernach um den von ſeinem Vater verwalteten Dienſt an: einen Dienſt von ſo geringem Belange und ſo wenig Einkuͤnf- ten, daß er an ſich ſelbſt als Belohnung fuͤr eine ſolche That auf keine Weiſe angeſehen werden konnte. Der Gouverneur ſchlug ſeine Bitte ab, und gab den Dienſt einem andern. Nach einiger Zeit erlaubte er ihm — eine Erlaubniß, die andre wie eine Beſtrafung be- trachten, — nach Batavia zu gehen, wo ſein einziger Bruder, ein daſiger Handelsmann, wohnte, und wo <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0314" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierte Abtheilung. Achter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> da ganze Karren voll Eiſen vom Schiffe an die Schmiede<lb/> in der Stadt verkauft wurden, ſo kann man ſich leicht<lb/> vorſtellen, wie gewiſſenhaft man bey feineren und koſt-<lb/> bareren Waaren verfahren ſeyn moͤge. 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Vierte Abtheilung. Achter Abſchnitt.
da ganze Karren voll Eiſen vom Schiffe an die Schmiede
in der Stadt verkauft wurden, ſo kann man ſich leicht
vorſtellen, wie gewiſſenhaft man bey feineren und koſt-
bareren Waaren verfahren ſeyn moͤge. Die Soldaten
bewachten die an Land gebrachten Sachen auch mit ſo
viel Sorgfalt und Eifer, daß ſie jeden Abend, wenn
ſie abgeloͤſet wurden und einmarſchirten, die Flinten-
laͤufe mit aͤchten goldnen und ſilbernen Treſſen vollgeſtopft
mitbrachten, die zwar durch das Seewaſſer allen Glanz
verlohren hatten, aber doch zum Ausſchmelzen gut wa-
ren. — Doch ich kann dieſe Erzaͤhlung nicht ſchließen,
ohne von dem Charakter und Betragen des Gouverneurs
bey dieſem Vorfalle ein Gemaͤlde zu entwerfen. Ohne
Zweifel erwarten meine Leſer, daß es zu ſeiner Ehre
ausfallen werde; ſie erwarten, ein Herr von ſo hoher
Geburt, von ſolcher Macht und Gewalt, von ſo aus-
gebreitetem Wirkungskreiſe werde ſich durch Edelmuth
und thaͤtiges Beſtreben, das Loos der Ungluͤcklichen zu
erleichtern, vor allen uͤbrigen ausgezeichnet; ſie erwar-
ten, er werde den Sohn des großmuͤthigen Woltemat
auf die ehrenvollſte Art belohnt haben. Er zeichnete ſich
auch aus. Er belohnte Woltemats Sohn auch, aber
wie? Woltemats Sohn hielt einige Tage hernach um
den von ſeinem Vater verwalteten Dienſt an: einen
Dienſt von ſo geringem Belange und ſo wenig Einkuͤnf-
ten, daß er an ſich ſelbſt als Belohnung fuͤr eine ſolche
That auf keine Weiſe angeſehen werden konnte. Der
Gouverneur ſchlug ſeine Bitte ab, und gab den Dienſt
einem andern. Nach einiger Zeit erlaubte er ihm
— eine Erlaubniß, die andre wie eine Beſtrafung be-
trachten, — nach Batavia zu gehen, wo ſein einziger
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