Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Erste Abtheilung. Erster Abschnitt. ten versammelt, und es fehlte ihnen nicht an geschminktenund ungeschminkten Schönen. Lärmen von Musik und Tanzgetümmel in so hohem Grade hatte ich nie gesehen noch gehört. Ich konnte mich so wenig damit vertragen, daß ich mein Bündel Kräuter unter den Arm nahm, und zu Fuß von dannen ging, um weiterhin eine andre Her- berge zu suchen. Aber da ich die Gegend nicht kannte, und auch keinen Wegweiser hatte, ging ich in der Irre umher, bis mich die Dunkelheit der Nacht überfiel. Ich mußte also am Fuße eines großen Baumes, mitten zwischen zahmen und wilden Thieren unter freyem Him- mel mir eine Lagerstätte suchen. Am folgenden Morgen begab ich mich wieder zu Fuß auf den Weg. Es war ein sehr schöner und warmer Tag, und der schwere Man- tel, der mir die Nacht hindurch gegen die Kälte so herr- liche Dienste gethan hatte, wurde mir nunmehr bey der starken Sonnenhitze zu großer Last. Erst gegen Mittag traf ich ein Wirthshaus, wo ich einen Postwagen be- kommen konnte, der mich nach Helsingör brachte. Am Strande sah ich unterwegs deutlich, daß die See hier durch hingeschwemmten Sand und Meergras an Tiefe verliert, wiewohl bey weitem nicht so stark, als auf der Schwedischen Seite: ein Umstand, woraus sich der wahr- scheinliche Schluß ziehen läßt, daß der Sund bereits schmaler geworden sey, und man Ursache habe zu glau- ben, er werde es mit der Zeit noch mehr werden. Am Ufer fand ich einige Arten Tang, Wasserriemen und Salzkraut (Salsola), wie auch gemeine Miesmuscheln (Mytilus edulis). Längs dem Wege liegen verschiedne schöne Gärten mit Alleen und Lauben. Zu Helsingör sind die Häuser zum Theil ganz von Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. ten verſammelt, und es fehlte ihnen nicht an geſchminktenund ungeſchminkten Schoͤnen. Laͤrmen von Muſik und Tanzgetuͤmmel in ſo hohem Grade hatte ich nie geſehen noch gehoͤrt. Ich konnte mich ſo wenig damit vertragen, daß ich mein Buͤndel Kraͤuter unter den Arm nahm, und zu Fuß von dannen ging, um weiterhin eine andre Her- berge zu ſuchen. Aber da ich die Gegend nicht kannte, und auch keinen Wegweiſer hatte, ging ich in der Irre umher, bis mich die Dunkelheit der Nacht uͤberfiel. Ich mußte alſo am Fuße eines großen Baumes, mitten zwiſchen zahmen und wilden Thieren unter freyem Him- mel mir eine Lagerſtaͤtte ſuchen. Am folgenden Morgen begab ich mich wieder zu Fuß auf den Weg. Es war ein ſehr ſchoͤner und warmer Tag, und der ſchwere Man- tel, der mir die Nacht hindurch gegen die Kaͤlte ſo herr- liche Dienſte gethan hatte, wurde mir nunmehr bey der ſtarken Sonnenhitze zu großer Laſt. Erſt gegen Mittag traf ich ein Wirthshaus, wo ich einen Poſtwagen be- kommen konnte, der mich nach Helſingoͤr brachte. Am Strande ſah ich unterwegs deutlich, daß die See hier durch hingeſchwemmten Sand und Meergras an Tiefe verliert, wiewohl bey weitem nicht ſo ſtark, als auf der Schwediſchen Seite: ein Umſtand, woraus ſich der wahr- ſcheinliche Schluß ziehen laͤßt, daß der Sund bereits ſchmaler geworden ſey, und man Urſache habe zu glau- ben, er werde es mit der Zeit noch mehr werden. Am Ufer fand ich einige Arten Tang, Waſſerriemen und Salzkraut (Salſola), wie auch gemeine Miesmuſcheln (Mytilus edulis). Laͤngs dem Wege liegen verſchiedne ſchoͤne Gaͤrten mit Alleen und Lauben. Zu Helſingoͤr ſind die Haͤuſer zum Theil ganz von <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0032" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſte Abtheilung. 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Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
ten verſammelt, und es fehlte ihnen nicht an geſchminkten
und ungeſchminkten Schoͤnen. Laͤrmen von Muſik und
Tanzgetuͤmmel in ſo hohem Grade hatte ich nie geſehen
noch gehoͤrt. Ich konnte mich ſo wenig damit vertragen,
daß ich mein Buͤndel Kraͤuter unter den Arm nahm, und
zu Fuß von dannen ging, um weiterhin eine andre Her-
berge zu ſuchen. Aber da ich die Gegend nicht kannte,
und auch keinen Wegweiſer hatte, ging ich in der Irre
umher, bis mich die Dunkelheit der Nacht uͤberfiel.
Ich mußte alſo am Fuße eines großen Baumes, mitten
zwiſchen zahmen und wilden Thieren unter freyem Him-
mel mir eine Lagerſtaͤtte ſuchen. Am folgenden Morgen
begab ich mich wieder zu Fuß auf den Weg. Es war
ein ſehr ſchoͤner und warmer Tag, und der ſchwere Man-
tel, der mir die Nacht hindurch gegen die Kaͤlte ſo herr-
liche Dienſte gethan hatte, wurde mir nunmehr bey der
ſtarken Sonnenhitze zu großer Laſt. Erſt gegen Mittag
traf ich ein Wirthshaus, wo ich einen Poſtwagen be-
kommen konnte, der mich nach Helſingoͤr brachte. Am
Strande ſah ich unterwegs deutlich, daß die See hier
durch hingeſchwemmten Sand und Meergras an Tiefe
verliert, wiewohl bey weitem nicht ſo ſtark, als auf der
Schwediſchen Seite: ein Umſtand, woraus ſich der wahr-
ſcheinliche Schluß ziehen laͤßt, daß der Sund bereits
ſchmaler geworden ſey, und man Urſache habe zu glau-
ben, er werde es mit der Zeit noch mehr werden. Am
Ufer fand ich einige Arten Tang, Waſſerriemen und
Salzkraut (Salſola), wie auch gemeine Miesmuſcheln
(Mytilus edulis). Laͤngs dem Wege liegen verſchiedne
ſchoͤne Gaͤrten mit Alleen und Lauben.
Zu Helſingoͤr ſind die Haͤuſer zum Theil ganz von
Ziegelſteinen erbauet, zum Theil aber von Fachwerk und
Ziegelſteinen. Die ungemein vielen Brunnen auf den
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