Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise v. Camtous- bis zum Sonntagsflusse.
großen Kopfe sehr kleine Augen haben, sehen sie nicht
viel auf den Seiten, sondern nur gerade vor sich hin.
Ist also der Büffel etwas nahe gekommen, so darf man
nur geschwind auf die Seite springen und sich auf die
Erde werfen; denn da er allezeit in gerader Linie vor sich
hin läuft, wird er den Liegenden nicht gewahr, und ver-
misset seinen Feind nicht eher, als bis dieser völlig ent-
flohen ist. Dies wußten wir. Unser schwer verwundete
Büffelstier kam uns also zwar nahe genug, lief aber zur
Seite vorbey, um in einen nicht weit davon liegenden
Theil des Waldes zu entfliehen, den er aber nicht völlig
erreichte, ehe er stürzte. Mittlerweile hatten unsre an-
dern Hottentotten eine tödtlich blessirte Kuh verfolgt, auch
mit ihren Wurfspießen ein Kalb getödtet. Wir bega-
ben uns sogleich zu dem niedergefallnen Ochsen, und
fanden, daß die Kugel in die Brust gegangen, und
durch den größten Theil des Körpers gedrungen war,
demungeachtet war er mehrere hundert Schritt im Ga-
lop gelaufen, ehe er zu Boden gestürzt war. Er war
ziemlich alt, grau von Farbe, und beynahe ohne Haare,
welche bey den jungen Thieren schwarz sind. Der Kör-
per dieser Thiere ist sehr dick, die Füße dagegen sind
kurz. Als er auf der Erde lag, war er um den Bauch
so dick, daß ich nicht hinaufkommen konnte, ohne mit
einem Ansatze hinaufzulaufen. Nachdem unsre Fuhr-
leute ihm das Fell größtentheils abgezogen hatten, such-
ten wir die eßbarsten und fleischigsten Stücke aus, salz-
ten etwas ein, brateten das übrige, und hielten auf der
Stelle eine recht gute Mahlzeit. Ich hatte mir vorge-
stellt, das Fleisch eines so alten Stiers würde grobfase-
rig und zäh seyn; zu meiner Verwunderung aber fand
ich, daß es mürbe war, und den Geschmack des Wild-
prets hatte. Das übrige von diesem Ochsen, die Kuh

Reiſe v. Camtous- bis zum Sonntagsfluſſe.
großen Kopfe ſehr kleine Augen haben, ſehen ſie nicht
viel auf den Seiten, ſondern nur gerade vor ſich hin.
Iſt alſo der Buͤffel etwas nahe gekommen, ſo darf man
nur geſchwind auf die Seite ſpringen und ſich auf die
Erde werfen; denn da er allezeit in gerader Linie vor ſich
hin laͤuft, wird er den Liegenden nicht gewahr, und ver-
miſſet ſeinen Feind nicht eher, als bis dieſer voͤllig ent-
flohen iſt. Dies wußten wir. Unſer ſchwer verwundete
Buͤffelſtier kam uns alſo zwar nahe genug, lief aber zur
Seite vorbey, um in einen nicht weit davon liegenden
Theil des Waldes zu entfliehen, den er aber nicht voͤllig
erreichte, ehe er ſtuͤrzte. Mittlerweile hatten unſre an-
dern Hottentotten eine toͤdtlich bleſſirte Kuh verfolgt, auch
mit ihren Wurfſpießen ein Kalb getoͤdtet. Wir bega-
ben uns ſogleich zu dem niedergefallnen Ochſen, und
fanden, daß die Kugel in die Bruſt gegangen, und
durch den groͤßten Theil des Koͤrpers gedrungen war,
demungeachtet war er mehrere hundert Schritt im Ga-
lop gelaufen, ehe er zu Boden geſtuͤrzt war. Er war
ziemlich alt, grau von Farbe, und beynahe ohne Haare,
welche bey den jungen Thieren ſchwarz ſind. Der Koͤr-
per dieſer Thiere iſt ſehr dick, die Fuͤße dagegen ſind
kurz. Als er auf der Erde lag, war er um den Bauch
ſo dick, daß ich nicht hinaufkommen konnte, ohne mit
einem Anſatze hinaufzulaufen. Nachdem unſre Fuhr-
leute ihm das Fell groͤßtentheils abgezogen hatten, ſuch-
ten wir die eßbarſten und fleiſchigſten Stuͤcke aus, ſalz-
ten etwas ein, brateten das uͤbrige, und hielten auf der
Stelle eine recht gute Mahlzeit. Ich hatte mir vorge-
ſtellt, das Fleiſch eines ſo alten Stiers wuͤrde grobfaſe-
rig und zaͤh ſeyn; zu meiner Verwunderung aber fand
ich, daß es muͤrbe war, und den Geſchmack des Wild-
prets hatte. Das uͤbrige von dieſem Ochſen, die Kuh

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0413" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e v. <placeName full="abb">Camtous-</placeName> bis zum <placeName>Sonntagsflu&#x017F;&#x017F;e</placeName>.</hi></fw><lb/>
großen Kopfe &#x017F;ehr kleine Augen haben, &#x017F;ehen &#x017F;ie nicht<lb/>
viel auf den Seiten, &#x017F;ondern nur gerade vor &#x017F;ich hin.<lb/>
I&#x017F;t al&#x017F;o der Bu&#x0364;ffel etwas nahe gekommen, &#x017F;o darf man<lb/>
nur ge&#x017F;chwind auf die Seite &#x017F;pringen und &#x017F;ich auf die<lb/>
Erde werfen; denn da er allezeit in gerader Linie vor &#x017F;ich<lb/>
hin la&#x0364;uft, wird er den Liegenden nicht gewahr, und ver-<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;et &#x017F;einen Feind nicht eher, als bis die&#x017F;er vo&#x0364;llig ent-<lb/>
flohen i&#x017F;t. Dies wußten wir. Un&#x017F;er &#x017F;chwer verwundete<lb/>
Bu&#x0364;ffel&#x017F;tier kam uns al&#x017F;o zwar nahe genug, lief aber zur<lb/>
Seite vorbey, um in einen nicht weit davon liegenden<lb/>
Theil des Waldes zu entfliehen, den er aber nicht vo&#x0364;llig<lb/>
erreichte, ehe er &#x017F;tu&#x0364;rzte. Mittlerweile hatten un&#x017F;re an-<lb/>
dern Hottentotten eine to&#x0364;dtlich ble&#x017F;&#x017F;irte Kuh verfolgt, auch<lb/>
mit ihren Wurf&#x017F;pießen ein Kalb geto&#x0364;dtet. Wir bega-<lb/>
ben uns &#x017F;ogleich zu dem niedergefallnen Och&#x017F;en, und<lb/>
fanden, daß die Kugel in die Bru&#x017F;t gegangen, und<lb/>
durch den gro&#x0364;ßten Theil des Ko&#x0364;rpers gedrungen war,<lb/>
demungeachtet war er mehrere hundert Schritt im Ga-<lb/>
lop gelaufen, ehe er zu Boden ge&#x017F;tu&#x0364;rzt war. Er war<lb/>
ziemlich alt, grau von Farbe, und beynahe ohne Haare,<lb/>
welche bey den jungen Thieren &#x017F;chwarz &#x017F;ind. Der Ko&#x0364;r-<lb/>
per die&#x017F;er Thiere i&#x017F;t &#x017F;ehr dick, die Fu&#x0364;ße dagegen &#x017F;ind<lb/>
kurz. Als er auf der Erde lag, war er um den Bauch<lb/>
&#x017F;o dick, daß ich nicht hinaufkommen konnte, ohne mit<lb/>
einem An&#x017F;atze hinaufzulaufen. Nachdem un&#x017F;re Fuhr-<lb/>
leute ihm das Fell gro&#x0364;ßtentheils abgezogen hatten, &#x017F;uch-<lb/>
ten wir die eßbar&#x017F;ten und flei&#x017F;chig&#x017F;ten Stu&#x0364;cke aus, &#x017F;alz-<lb/>
ten etwas ein, brateten das u&#x0364;brige, und hielten auf der<lb/>
Stelle eine recht gute Mahlzeit. Ich hatte mir vorge-<lb/>
&#x017F;tellt, das Flei&#x017F;ch eines &#x017F;o alten Stiers wu&#x0364;rde grobfa&#x017F;e-<lb/>
rig und za&#x0364;h &#x017F;eyn; zu meiner Verwunderung aber fand<lb/>
ich, daß es mu&#x0364;rbe war, und den Ge&#x017F;chmack des Wild-<lb/>
prets hatte. Das u&#x0364;brige von die&#x017F;em Och&#x017F;en, die Kuh<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0413] Reiſe v. Camtous- bis zum Sonntagsfluſſe. großen Kopfe ſehr kleine Augen haben, ſehen ſie nicht viel auf den Seiten, ſondern nur gerade vor ſich hin. Iſt alſo der Buͤffel etwas nahe gekommen, ſo darf man nur geſchwind auf die Seite ſpringen und ſich auf die Erde werfen; denn da er allezeit in gerader Linie vor ſich hin laͤuft, wird er den Liegenden nicht gewahr, und ver- miſſet ſeinen Feind nicht eher, als bis dieſer voͤllig ent- flohen iſt. Dies wußten wir. Unſer ſchwer verwundete Buͤffelſtier kam uns alſo zwar nahe genug, lief aber zur Seite vorbey, um in einen nicht weit davon liegenden Theil des Waldes zu entfliehen, den er aber nicht voͤllig erreichte, ehe er ſtuͤrzte. Mittlerweile hatten unſre an- dern Hottentotten eine toͤdtlich bleſſirte Kuh verfolgt, auch mit ihren Wurfſpießen ein Kalb getoͤdtet. Wir bega- ben uns ſogleich zu dem niedergefallnen Ochſen, und fanden, daß die Kugel in die Bruſt gegangen, und durch den groͤßten Theil des Koͤrpers gedrungen war, demungeachtet war er mehrere hundert Schritt im Ga- lop gelaufen, ehe er zu Boden geſtuͤrzt war. Er war ziemlich alt, grau von Farbe, und beynahe ohne Haare, welche bey den jungen Thieren ſchwarz ſind. Der Koͤr- per dieſer Thiere iſt ſehr dick, die Fuͤße dagegen ſind kurz. Als er auf der Erde lag, war er um den Bauch ſo dick, daß ich nicht hinaufkommen konnte, ohne mit einem Anſatze hinaufzulaufen. Nachdem unſre Fuhr- leute ihm das Fell groͤßtentheils abgezogen hatten, ſuch- ten wir die eßbarſten und fleiſchigſten Stuͤcke aus, ſalz- ten etwas ein, brateten das uͤbrige, und hielten auf der Stelle eine recht gute Mahlzeit. Ich hatte mir vorge- ſtellt, das Fleiſch eines ſo alten Stiers wuͤrde grobfaſe- rig und zaͤh ſeyn; zu meiner Verwunderung aber fand ich, daß es muͤrbe war, und den Geſchmack des Wild- prets hatte. Das uͤbrige von dieſem Ochſen, die Kuh

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/413
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/413>, abgerufen am 02.06.2024.