Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

nach der dritten Afrikanischen Reise.
schiedlichen Arten Wurzeln, als von der Schwertlilie
(Iris), Ixie (Ixia), Moräe (Moraea), Siegwurz
(Gladiolus), auch von den Bohnen des Afrikanischen
Pockenholzes (Guajacum Afrum) und dergleichen. Die
Männer genießen auch Kuhmilch, die sie selbst melken,
und die Weiber Schafmilch. Um den Durst zu löschen,
trinken sie gewöhnlich Wasser, auch wohl Wasser und
Milch zusammen, und im Nothfalle saugen sie, wenn
sie nichts anders haben, den Durst zu stillen, Zaserblu-
men (Mesembryanthemum), Stiftblumen (A[l]buca)
und andre saftige Gewächse aus. Das Geschäfft der
Mannspersonen ist Krieg zu führen, auf die Jagd zu
gehen, zu melken, zu schlachten, und Waffen und
Kriegsgeräth zu verfertigen. Die Weibsleute hingegen
warten die Kinder, hohlen Holz, graben Zwiebeln, und
bereiten das Essen. Das Fleisch essen sie bald gekocht,
bald gebraten, gemeiniglich aber noch halb roh, und
dabey ohne Salz, Gewürz und Brot. Feuer bringen
sie hervor, indem sie zwey Stücke hartes Holz stark und
geschwind an einander reiben. Ackerbau treiben die
Hottentotten überall nicht, ausgenommen die Kaffern,
aber auch nur sehr wenig; was diese bauen, besteht bloß
in Pferdgras oder so genanntem Kaffernkorn (Holcus),
Bohnen, Hanf und dergleichen. Unter den übrigen
findet man nur hie und da einen, der eine Hand voll
Hanf säet. -- Auf die Jagd gehen sie entweder ge-
meinschaftlich, oder jeder für sich. In diesem letztern
Falle jagt ein jeder was und so viel er will und gebraucht.
Allgemeine Jagden aber werden von der ganzen Dorf-
schaft angestellt, entweder gegen ganze große Herden
Wild, als Büffel und dergleichen; oder wenn sie sich
und ihre Herden gegen den Anfall benachbarter böser wil-
der Thiere sichern wollen. Eben so machen sie es gegen

L 2

nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.
ſchiedlichen Arten Wurzeln, als von der Schwertlilie
(Iris), Ixie (Ixia), Moraͤe (Moraea), Siegwurz
(Gladiolus), auch von den Bohnen des Afrikaniſchen
Pockenholzes (Guajacum Afrum) und dergleichen. Die
Maͤnner genießen auch Kuhmilch, die ſie ſelbſt melken,
und die Weiber Schafmilch. Um den Durſt zu loͤſchen,
trinken ſie gewoͤhnlich Waſſer, auch wohl Waſſer und
Milch zuſammen, und im Nothfalle ſaugen ſie, wenn
ſie nichts anders haben, den Durſt zu ſtillen, Zaſerblu-
men (Meſembryanthemum), Stiftblumen (A[l]buca)
und andre ſaftige Gewaͤchſe aus. Das Geſchaͤfft der
Mannsperſonen iſt Krieg zu fuͤhren, auf die Jagd zu
gehen, zu melken, zu ſchlachten, und Waffen und
Kriegsgeraͤth zu verfertigen. Die Weibsleute hingegen
warten die Kinder, hohlen Holz, graben Zwiebeln, und
bereiten das Eſſen. Das Fleiſch eſſen ſie bald gekocht,
bald gebraten, gemeiniglich aber noch halb roh, und
dabey ohne Salz, Gewuͤrz und Brot. Feuer bringen
ſie hervor, indem ſie zwey Stuͤcke hartes Holz ſtark und
geſchwind an einander reiben. Ackerbau treiben die
Hottentotten uͤberall nicht, ausgenommen die Kaffern,
aber auch nur ſehr wenig; was dieſe bauen, beſteht bloß
in Pferdgras oder ſo genanntem Kaffernkorn (Holcus),
Bohnen, Hanf und dergleichen. Unter den uͤbrigen
findet man nur hie und da einen, der eine Hand voll
Hanf ſaͤet. — Auf die Jagd gehen ſie entweder ge-
meinſchaftlich, oder jeder fuͤr ſich. In dieſem letztern
Falle jagt ein jeder was und ſo viel er will und gebraucht.
Allgemeine Jagden aber werden von der ganzen Dorf-
ſchaft angeſtellt, entweder gegen ganze große Herden
Wild, als Buͤffel und dergleichen; oder wenn ſie ſich
und ihre Herden gegen den Anfall benachbarter boͤſer wil-
der Thiere ſichern wollen. Eben ſo machen ſie es gegen

L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0501" n="163"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach der dritten Afrikani&#x017F;chen Rei&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chiedlichen Arten Wurzeln, als von der Schwertlilie<lb/>
(<hi rendition="#aq">Iris</hi>), Ixie (<hi rendition="#aq">Ixia</hi>), Mora&#x0364;e (<hi rendition="#aq">Moraea</hi>), Siegwurz<lb/>
(<hi rendition="#aq">Gladiolus</hi>), auch von den Bohnen des Afrikani&#x017F;chen<lb/>
Pockenholzes (<hi rendition="#aq">Guajacum Afrum</hi>) und dergleichen. Die<lb/>
Ma&#x0364;nner genießen auch Kuhmilch, die &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t melken,<lb/>
und die Weiber Schafmilch. Um den Dur&#x017F;t zu lo&#x0364;&#x017F;chen,<lb/>
trinken &#x017F;ie gewo&#x0364;hnlich Wa&#x017F;&#x017F;er, auch wohl Wa&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
Milch zu&#x017F;ammen, und im Nothfalle &#x017F;augen &#x017F;ie, wenn<lb/>
&#x017F;ie nichts anders haben, den Dur&#x017F;t zu &#x017F;tillen, Za&#x017F;erblu-<lb/>
men (<hi rendition="#aq">Me&#x017F;embryanthemum</hi>), Stiftblumen (<hi rendition="#aq">A<supplied>l</supplied>buca</hi>)<lb/>
und andre &#x017F;aftige Gewa&#x0364;ch&#x017F;e aus. Das Ge&#x017F;cha&#x0364;fft der<lb/>
Mannsper&#x017F;onen i&#x017F;t Krieg zu fu&#x0364;hren, auf die Jagd zu<lb/>
gehen, zu melken, zu &#x017F;chlachten, und Waffen und<lb/>
Kriegsgera&#x0364;th zu verfertigen. Die Weibsleute hingegen<lb/>
warten die Kinder, hohlen Holz, graben Zwiebeln, und<lb/>
bereiten das E&#x017F;&#x017F;en. Das Flei&#x017F;ch e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie bald gekocht,<lb/>
bald gebraten, gemeiniglich aber noch halb roh, und<lb/>
dabey ohne Salz, Gewu&#x0364;rz und Brot. Feuer bringen<lb/>
&#x017F;ie hervor, indem &#x017F;ie zwey Stu&#x0364;cke hartes Holz &#x017F;tark und<lb/>
ge&#x017F;chwind an einander reiben. Ackerbau treiben die<lb/>
Hottentotten u&#x0364;berall nicht, ausgenommen die Kaffern,<lb/>
aber auch nur &#x017F;ehr wenig; was die&#x017F;e bauen, be&#x017F;teht bloß<lb/>
in Pferdgras oder &#x017F;o genanntem Kaffernkorn (<hi rendition="#aq">Holcus</hi>),<lb/>
Bohnen, Hanf und dergleichen. Unter den u&#x0364;brigen<lb/>
findet man nur hie und da einen, der eine Hand voll<lb/>
Hanf &#x017F;a&#x0364;et. &#x2014; Auf die Jagd gehen &#x017F;ie entweder ge-<lb/>
mein&#x017F;chaftlich, oder jeder fu&#x0364;r &#x017F;ich. In die&#x017F;em letztern<lb/>
Falle jagt ein jeder was und &#x017F;o viel er will und gebraucht.<lb/>
Allgemeine Jagden aber werden von der ganzen Dorf-<lb/>
&#x017F;chaft ange&#x017F;tellt, entweder gegen ganze große Herden<lb/>
Wild, als Bu&#x0364;ffel und dergleichen; oder wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
und ihre Herden gegen den Anfall benachbarter bo&#x0364;&#x017F;er wil-<lb/>
der Thiere &#x017F;ichern wollen. Eben &#x017F;o machen &#x017F;ie es gegen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0501] nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe. ſchiedlichen Arten Wurzeln, als von der Schwertlilie (Iris), Ixie (Ixia), Moraͤe (Moraea), Siegwurz (Gladiolus), auch von den Bohnen des Afrikaniſchen Pockenholzes (Guajacum Afrum) und dergleichen. Die Maͤnner genießen auch Kuhmilch, die ſie ſelbſt melken, und die Weiber Schafmilch. Um den Durſt zu loͤſchen, trinken ſie gewoͤhnlich Waſſer, auch wohl Waſſer und Milch zuſammen, und im Nothfalle ſaugen ſie, wenn ſie nichts anders haben, den Durſt zu ſtillen, Zaſerblu- men (Meſembryanthemum), Stiftblumen (Albuca) und andre ſaftige Gewaͤchſe aus. Das Geſchaͤfft der Mannsperſonen iſt Krieg zu fuͤhren, auf die Jagd zu gehen, zu melken, zu ſchlachten, und Waffen und Kriegsgeraͤth zu verfertigen. Die Weibsleute hingegen warten die Kinder, hohlen Holz, graben Zwiebeln, und bereiten das Eſſen. Das Fleiſch eſſen ſie bald gekocht, bald gebraten, gemeiniglich aber noch halb roh, und dabey ohne Salz, Gewuͤrz und Brot. Feuer bringen ſie hervor, indem ſie zwey Stuͤcke hartes Holz ſtark und geſchwind an einander reiben. Ackerbau treiben die Hottentotten uͤberall nicht, ausgenommen die Kaffern, aber auch nur ſehr wenig; was dieſe bauen, beſteht bloß in Pferdgras oder ſo genanntem Kaffernkorn (Holcus), Bohnen, Hanf und dergleichen. Unter den uͤbrigen findet man nur hie und da einen, der eine Hand voll Hanf ſaͤet. — Auf die Jagd gehen ſie entweder ge- meinſchaftlich, oder jeder fuͤr ſich. In dieſem letztern Falle jagt ein jeder was und ſo viel er will und gebraucht. Allgemeine Jagden aber werden von der ganzen Dorf- ſchaft angeſtellt, entweder gegen ganze große Herden Wild, als Buͤffel und dergleichen; oder wenn ſie ſich und ihre Herden gegen den Anfall benachbarter boͤſer wil- der Thiere ſichern wollen. Eben ſo machen ſie es gegen L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/501
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/501>, abgerufen am 18.06.2024.