Sklaven zu Hause tragen. Die Gesellschaft geht vor die Thür, und bringt den Abend auf einem erhöheten Absatze draußen vor dem Hause zu. Zur ersten Bewill- kommung wird gemeiniglich ein Glas Holländisches Bier gereicht. Hernach wird Wein auf die Gesundheit eines jeden in der Gesellschaft getrunken, bis jeder seine Bou- teille, oder vierzehn Gläser, bisweilen mehr, selten we- niger, ausgeleert hat. Kommt ein Fremder von unge- fähr in die Gesellschaft, so ist er allezeit willkommen. Bisweilen formirt sich auch wohl eine Partie zum Kar- tenspiel. Um neun Uhr kommt der Sklave wieder, um seinen Herrn zu Hause zu führen, manchmahl, wenn es vorzüglich dunkel ist, auch wohl mehrere mit bren- nenden Fackeln.
Die Gastfreyheit wird hier sehr hochgeschätzt und allgemein ausgeübt. Die Vornehmen halten einen oder zwey Tage in der Woche offne Tafel, wo nicht nur ge- bethene, sondern auch ungebethene Gäste willkommen sind. Ein Fremder, der genöthigt ist, sich hier eine längere Zeit aufzuhalten, darf sich nur ein kleines Haus zur Wohnung, und einen Sklaven zur Aufwartung mie- then. Wenn er dann nur eine und andre Bekannt- schaft gestiftet hat, darf er für Essen und Trinken wenig sorgen. Denn, nicht zu gedenken, daß ihm oft der Tisch mehrerer Gönner offen steht, wird er jedesmahl da zu Mittag eingeladen, wo er zwischen eilf und zwölf Uhr seinen Besuch ablegt. Um diese Zeit kommen die, welche in Geschäfften stehen, von ihren Arbeitszimmern, und da wird zuerst ein Appetit-Schlückchen von Arrak, Wachholder-Branntwein, weißem Franzwein oder auch Japanschen Sakki, genommen.
Zur Aufwartung haben die Europäer durchgängig Sklaven aus verschiednen Ostindischen Inseln. Jeder
Von den Europ. Einwohnern zu Batavia.
Sklaven zu Hauſe tragen. Die Geſellſchaft geht vor die Thuͤr, und bringt den Abend auf einem erhoͤheten Abſatze draußen vor dem Hauſe zu. Zur erſten Bewill- kommung wird gemeiniglich ein Glas Hollaͤndiſches Bier gereicht. Hernach wird Wein auf die Geſundheit eines jeden in der Geſellſchaft getrunken, bis jeder ſeine Bou- teille, oder vierzehn Glaͤſer, bisweilen mehr, ſelten we- niger, ausgeleert hat. Kommt ein Fremder von unge- faͤhr in die Geſellſchaft, ſo iſt er allezeit willkommen. Bisweilen formirt ſich auch wohl eine Partie zum Kar- tenſpiel. Um neun Uhr kommt der Sklave wieder, um ſeinen Herrn zu Hauſe zu fuͤhren, manchmahl, wenn es vorzuͤglich dunkel iſt, auch wohl mehrere mit bren- nenden Fackeln.
Die Gaſtfreyheit wird hier ſehr hochgeſchaͤtzt und allgemein ausgeuͤbt. Die Vornehmen halten einen oder zwey Tage in der Woche offne Tafel, wo nicht nur ge- bethene, ſondern auch ungebethene Gaͤſte willkommen ſind. Ein Fremder, der genoͤthigt iſt, ſich hier eine laͤngere Zeit aufzuhalten, darf ſich nur ein kleines Haus zur Wohnung, und einen Sklaven zur Aufwartung mie- then. Wenn er dann nur eine und andre Bekannt- ſchaft geſtiftet hat, darf er fuͤr Eſſen und Trinken wenig ſorgen. Denn, nicht zu gedenken, daß ihm oft der Tiſch mehrerer Goͤnner offen ſteht, wird er jedesmahl da zu Mittag eingeladen, wo er zwiſchen eilf und zwoͤlf Uhr ſeinen Beſuch ablegt. Um dieſe Zeit kommen die, welche in Geſchaͤfften ſtehen, von ihren Arbeitszimmern, und da wird zuerſt ein Appetit-Schluͤckchen von Arrak, Wachholder-Branntwein, weißem Franzwein oder auch Japanſchen Sakki, genommen.
Zur Aufwartung haben die Europaͤer durchgaͤngig Sklaven aus verſchiednen Oſtindiſchen Inſeln. Jeder
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Von den Europ. Einwohnern zu Batavia.
Sklaven zu Hauſe tragen. Die Geſellſchaft geht vor
die Thuͤr, und bringt den Abend auf einem erhoͤheten
Abſatze draußen vor dem Hauſe zu. Zur erſten Bewill-
kommung wird gemeiniglich ein Glas Hollaͤndiſches Bier
gereicht. Hernach wird Wein auf die Geſundheit eines
jeden in der Geſellſchaft getrunken, bis jeder ſeine Bou-
teille, oder vierzehn Glaͤſer, bisweilen mehr, ſelten we-
niger, ausgeleert hat. Kommt ein Fremder von unge-
faͤhr in die Geſellſchaft, ſo iſt er allezeit willkommen.
Bisweilen formirt ſich auch wohl eine Partie zum Kar-
tenſpiel. Um neun Uhr kommt der Sklave wieder, um
ſeinen Herrn zu Hauſe zu fuͤhren, manchmahl, wenn
es vorzuͤglich dunkel iſt, auch wohl mehrere mit bren-
nenden Fackeln.
Die Gaſtfreyheit wird hier ſehr hochgeſchaͤtzt und
allgemein ausgeuͤbt. Die Vornehmen halten einen oder
zwey Tage in der Woche offne Tafel, wo nicht nur ge-
bethene, ſondern auch ungebethene Gaͤſte willkommen ſind.
Ein Fremder, der genoͤthigt iſt, ſich hier eine laͤngere
Zeit aufzuhalten, darf ſich nur ein kleines Haus zur
Wohnung, und einen Sklaven zur Aufwartung mie-
then. Wenn er dann nur eine und andre Bekannt-
ſchaft geſtiftet hat, darf er fuͤr Eſſen und Trinken wenig
ſorgen. Denn, nicht zu gedenken, daß ihm oft der
Tiſch mehrerer Goͤnner offen ſteht, wird er jedesmahl
da zu Mittag eingeladen, wo er zwiſchen eilf und zwoͤlf
Uhr ſeinen Beſuch ablegt. Um dieſe Zeit kommen die,
welche in Geſchaͤfften ſtehen, von ihren Arbeitszimmern,
und da wird zuerſt ein Appetit-Schluͤckchen von Arrak,
Wachholder-Branntwein, weißem Franzwein oder auch
Japanſchen Sakki, genommen.
Zur Aufwartung haben die Europaͤer durchgaͤngig
Sklaven aus verſchiednen Oſtindiſchen Inſeln. Jeder
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/543>, abgerufen am 26.06.2024.
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