Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Aufenthalt und Reisen in Holland.
beln, abgeschält und gekocht, aß das Schiffsvolk bis-
weilen anstatt Brots zu Erbsen oder andern Gerichten.
So sauber und rein diese Leute auch sonst auf ihren
Schiffen alles halten, sind sie doch sehr unreinlich beym
Essen. Sie langen mit den Fingern in die Schüssel,
und ihre Finger sind natürlicher Weise nicht sehr rein,
sondern im Gegentheil vom Handthieren des Tauwerks so
mit Theer beschmutzt, daß sie gegen Fäulniß aller Art
sehr gut verwahrt zu seyn scheinen.

Einmahl war es, während wir noch vor Anker lagen,
des Abends ganz still, als wir plötzlich das Wasser in der
offnen See rauschen hörten, und gegen das Land empor
steigen sahen. Das Wasser glänzte zugleich wie Feuer,
oder vielmehr wie Mondschein, aber doch nur, wenn es
sich bewegte, oder man etwas hinein warf, oder auch
ruderte: ein ganz vortrefflicher Anblick.

Dritter Abschnitt.
Reise von Holland nach Paris

vom 26. October bis den 1. December 1770.

Zwischen Calais und Dover sahen wir an der Engli-
schen Küste zwey Feuerbaken. Seit unsrer Abfahrt von
Texel hatten wir beständig Sturm gehabt, und dieser
wurde jetzt so stark, daß er verschiedne Segel zerriß.
Zugleich regnete es sehr heftig. Endlich legte sich der
Ungestüm und wir segelten mit gutem Winde an der Kü-
ste von Frankreich in der Nähe eines Steinwurfs hin.
Das Ufer ist sehr steil, springt oft in Landspitzen und
Vorgebirgen vor, und scheint aus roth geflammtem Kalk
zu bestehen.


Aufenthalt und Reiſen in Holland.
beln, abgeſchaͤlt und gekocht, aß das Schiffsvolk bis-
weilen anſtatt Brots zu Erbſen oder andern Gerichten.
So ſauber und rein dieſe Leute auch ſonſt auf ihren
Schiffen alles halten, ſind ſie doch ſehr unreinlich beym
Eſſen. Sie langen mit den Fingern in die Schuͤſſel,
und ihre Finger ſind natuͤrlicher Weiſe nicht ſehr rein,
ſondern im Gegentheil vom Handthieren des Tauwerks ſo
mit Theer beſchmutzt, daß ſie gegen Faͤulniß aller Art
ſehr gut verwahrt zu ſeyn ſcheinen.

Einmahl war es, waͤhrend wir noch vor Anker lagen,
des Abends ganz ſtill, als wir ploͤtzlich das Waſſer in der
offnen See rauſchen hoͤrten, und gegen das Land empor
ſteigen ſahen. Das Waſſer glaͤnzte zugleich wie Feuer,
oder vielmehr wie Mondſchein, aber doch nur, wenn es
ſich bewegte, oder man etwas hinein warf, oder auch
ruderte: ein ganz vortrefflicher Anblick.

Dritter Abſchnitt.
Reiſe von Holland nach Paris

vom 26. October bis den 1. December 1770.

Zwiſchen Calais und Dover ſahen wir an der Engli-
ſchen Kuͤſte zwey Feuerbaken. Seit unſrer Abfahrt von
Texel hatten wir beſtaͤndig Sturm gehabt, und dieſer
wurde jetzt ſo ſtark, daß er verſchiedne Segel zerriß.
Zugleich regnete es ſehr heftig. Endlich legte ſich der
Ungeſtuͤm und wir ſegelten mit gutem Winde an der Kuͤ-
ſte von Frankreich in der Naͤhe eines Steinwurfs hin.
Das Ufer iſt ſehr ſteil, ſpringt oft in Landſpitzen und
Vorgebirgen vor, und ſcheint aus roth geflammtem Kalk
zu beſtehen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0055" n="27"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aufenthalt und Rei&#x017F;en in <placeName>Holland</placeName>.</hi></fw><lb/>
beln, abge&#x017F;cha&#x0364;lt und gekocht, aß das Schiffsvolk bis-<lb/>
weilen an&#x017F;tatt Brots zu Erb&#x017F;en oder andern Gerichten.<lb/>
So &#x017F;auber und rein die&#x017F;e Leute auch &#x017F;on&#x017F;t auf ihren<lb/>
Schiffen alles halten, &#x017F;ind &#x017F;ie doch &#x017F;ehr unreinlich beym<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en. Sie langen mit den Fingern in die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el,<lb/>
und ihre Finger &#x017F;ind natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e nicht &#x017F;ehr rein,<lb/>
&#x017F;ondern im Gegentheil vom Handthieren des Tauwerks &#x017F;o<lb/>
mit Theer be&#x017F;chmutzt, daß &#x017F;ie gegen Fa&#x0364;ulniß aller Art<lb/>
&#x017F;ehr gut verwahrt zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinen.</p><lb/>
          <p>Einmahl war es, wa&#x0364;hrend wir noch vor Anker lagen,<lb/>
des Abends ganz &#x017F;till, als wir plo&#x0364;tzlich das Wa&#x017F;&#x017F;er in der<lb/>
offnen See rau&#x017F;chen ho&#x0364;rten, und gegen das Land empor<lb/>
&#x017F;teigen &#x017F;ahen. Das Wa&#x017F;&#x017F;er gla&#x0364;nzte zugleich wie Feuer,<lb/>
oder vielmehr wie Mond&#x017F;chein, aber doch nur, wenn es<lb/>
&#x017F;ich bewegte, oder man etwas hinein warf, oder auch<lb/>
ruderte: ein ganz vortrefflicher Anblick.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dritter Ab&#x017F;chnitt.<lb/>
Rei&#x017F;e von <placeName>Holland</placeName> nach <placeName>Paris</placeName></hi></hi><lb/>
vom 26. October bis den 1. December 1770.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">Z</hi>wi&#x017F;chen <placeName>Calais</placeName> und <placeName>Dover</placeName> &#x017F;ahen wir an der Engli-<lb/>
&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;te zwey Feuerbaken. Seit un&#x017F;rer Abfahrt von<lb/><placeName>Texel</placeName> hatten wir be&#x017F;ta&#x0364;ndig Sturm gehabt, und die&#x017F;er<lb/>
wurde jetzt &#x017F;o &#x017F;tark, daß er ver&#x017F;chiedne Segel zerriß.<lb/>
Zugleich regnete es &#x017F;ehr heftig. Endlich legte &#x017F;ich der<lb/>
Unge&#x017F;tu&#x0364;m und wir &#x017F;egelten mit gutem Winde an der Ku&#x0364;-<lb/>
&#x017F;te von <placeName>Frankreich</placeName> in der Na&#x0364;he eines Steinwurfs hin.<lb/>
Das Ufer i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;teil, &#x017F;pringt oft in Land&#x017F;pitzen und<lb/>
Vorgebirgen vor, und &#x017F;cheint aus roth geflammtem Kalk<lb/>
zu be&#x017F;tehen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0055] Aufenthalt und Reiſen in Holland. beln, abgeſchaͤlt und gekocht, aß das Schiffsvolk bis- weilen anſtatt Brots zu Erbſen oder andern Gerichten. So ſauber und rein dieſe Leute auch ſonſt auf ihren Schiffen alles halten, ſind ſie doch ſehr unreinlich beym Eſſen. Sie langen mit den Fingern in die Schuͤſſel, und ihre Finger ſind natuͤrlicher Weiſe nicht ſehr rein, ſondern im Gegentheil vom Handthieren des Tauwerks ſo mit Theer beſchmutzt, daß ſie gegen Faͤulniß aller Art ſehr gut verwahrt zu ſeyn ſcheinen. Einmahl war es, waͤhrend wir noch vor Anker lagen, des Abends ganz ſtill, als wir ploͤtzlich das Waſſer in der offnen See rauſchen hoͤrten, und gegen das Land empor ſteigen ſahen. Das Waſſer glaͤnzte zugleich wie Feuer, oder vielmehr wie Mondſchein, aber doch nur, wenn es ſich bewegte, oder man etwas hinein warf, oder auch ruderte: ein ganz vortrefflicher Anblick. Dritter Abſchnitt. Reiſe von Holland nach Paris vom 26. October bis den 1. December 1770. Zwiſchen Calais und Dover ſahen wir an der Engli- ſchen Kuͤſte zwey Feuerbaken. Seit unſrer Abfahrt von Texel hatten wir beſtaͤndig Sturm gehabt, und dieſer wurde jetzt ſo ſtark, daß er verſchiedne Segel zerriß. Zugleich regnete es ſehr heftig. Endlich legte ſich der Ungeſtuͤm und wir ſegelten mit gutem Winde an der Kuͤ- ſte von Frankreich in der Naͤhe eines Steinwurfs hin. Das Ufer iſt ſehr ſteil, ſpringt oft in Landſpitzen und Vorgebirgen vor, und ſcheint aus roth geflammtem Kalk zu beſtehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/55
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/55>, abgerufen am 21.11.2024.