Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise von Holland nach Paris.
schwerfälliges Sielenzeug haben, bisweilen aber auch mit
Fransen und Schellen geschmückt sind. Esel werden sehr
häufig gebraucht, und auch von diesen Thieren sieht man
manchmahl mehrere in einer Reihe vor die großen Karren
gespannt, und mit Schellen behangen, die eine unangeneh-
me Musik machen. -- Es war zwar noch eben nicht
kalt, aber die Leute trugen doch schon Westen mit Pelz-
werk gefüttert. In den Häusern bedient man sich zwar
durchgängig der Oefen, aber von besondrer Art. Sie
sind entweder von Eisen oder von Porzellan, und dabey
klein, haben eine lange eiserne Röhre, aber keine eiserne
Klappe oder Schieber, um sie auf- und zuzumachen.
Gewöhnlich stehen sie mitten im Zimmer, und werden
im Frühlinge aus der Stube genommen. Man heitzt sie
mit kleinen Splittern; sie erwärmen das Zimmer inner-
halb einer Viertelstunde, werden aber auch bald wieder
kalt. Zu dem erstern trägt die eiserne Röhre viel bey,
die bey starkem Einheitzen glühend wird. -- Die Kauf-
mannsladen und verschiedne Werkstätte sind offen ange-
legt, und allezeit im untersten Stockwerke. Bürger und
Bauern ohne Unterschied die Sprache, welche anderwärts
die Sprache der Vornehmen ist, reden zu hören, konnte
nicht anders als mir sehr auffallen; Dienstmägde aber
wie Damen, mit Robesrondes und Kopfzeugen, zu-
gleich aber mit hölzernen Schuhen gehen zu sehen, war
mir höchst lächerlich. -- An verschiednen Stellen in der
Stadt sind Springbrunnen angelegt, zur Bequemlichkeit
der Einwohner beym Wasserhohlen. -- Unter den Con-
trabande Waaren ist hier der Tobak am schärfsten, und
zwar bey Galeerenstrafe, verboten. Aller Tobak, den
wir am Bord hatten, wurde sogleich aufgeschrieben, und
auf das sorgfältigste verwahrt, und dem Schiffsvolke
(man weiß, diese Leute können ohne jenes widrige Kraut

Reiſe von Holland nach Paris.
ſchwerfaͤlliges Sielenzeug haben, bisweilen aber auch mit
Franſen und Schellen geſchmuͤckt ſind. Eſel werden ſehr
haͤufig gebraucht, und auch von dieſen Thieren ſieht man
manchmahl mehrere in einer Reihe vor die großen Karren
geſpannt, und mit Schellen behangen, die eine unangeneh-
me Muſik machen. — Es war zwar noch eben nicht
kalt, aber die Leute trugen doch ſchon Weſten mit Pelz-
werk gefuͤttert. In den Haͤuſern bedient man ſich zwar
durchgaͤngig der Oefen, aber von beſondrer Art. Sie
ſind entweder von Eiſen oder von Porzellan, und dabey
klein, haben eine lange eiſerne Roͤhre, aber keine eiſerne
Klappe oder Schieber, um ſie auf- und zuzumachen.
Gewoͤhnlich ſtehen ſie mitten im Zimmer, und werden
im Fruͤhlinge aus der Stube genommen. Man heitzt ſie
mit kleinen Splittern; ſie erwaͤrmen das Zimmer inner-
halb einer Viertelſtunde, werden aber auch bald wieder
kalt. Zu dem erſtern traͤgt die eiſerne Roͤhre viel bey,
die bey ſtarkem Einheitzen gluͤhend wird. — Die Kauf-
mannsladen und verſchiedne Werkſtaͤtte ſind offen ange-
legt, und allezeit im unterſten Stockwerke. Buͤrger und
Bauern ohne Unterſchied die Sprache, welche anderwaͤrts
die Sprache der Vornehmen iſt, reden zu hoͤren, konnte
nicht anders als mir ſehr auffallen; Dienſtmaͤgde aber
wie Damen, mit Robesrondes und Kopfzeugen, zu-
gleich aber mit hoͤlzernen Schuhen gehen zu ſehen, war
mir hoͤchſt laͤcherlich. — An verſchiednen Stellen in der
Stadt ſind Springbrunnen angelegt, zur Bequemlichkeit
der Einwohner beym Waſſerhohlen. — Unter den Con-
trabande Waaren iſt hier der Tobak am ſchaͤrfſten, und
zwar bey Galeerenſtrafe, verboten. Aller Tobak, den
wir am Bord hatten, wurde ſogleich aufgeſchrieben, und
auf das ſorgfaͤltigſte verwahrt, und dem Schiffsvolke
(man weiß, dieſe Leute koͤnnen ohne jenes widrige Kraut

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0059" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e von <placeName>Holland</placeName> nach <placeName>Paris</placeName>.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chwerfa&#x0364;lliges Sielenzeug haben, bisweilen aber auch mit<lb/>
Fran&#x017F;en und Schellen ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt &#x017F;ind. E&#x017F;el werden &#x017F;ehr<lb/>
ha&#x0364;ufig gebraucht, und auch von die&#x017F;en Thieren &#x017F;ieht man<lb/>
manchmahl mehrere in einer Reihe vor die großen Karren<lb/>
ge&#x017F;pannt, und mit Schellen behangen, die eine unangeneh-<lb/>
me Mu&#x017F;ik machen. &#x2014; Es war zwar noch eben nicht<lb/>
kalt, aber die Leute trugen doch &#x017F;chon We&#x017F;ten mit Pelz-<lb/>
werk gefu&#x0364;ttert. In den Ha&#x0364;u&#x017F;ern bedient man &#x017F;ich zwar<lb/>
durchga&#x0364;ngig der Oefen, aber von be&#x017F;ondrer Art. Sie<lb/>
&#x017F;ind entweder von Ei&#x017F;en oder von Porzellan, und dabey<lb/>
klein, haben eine lange ei&#x017F;erne Ro&#x0364;hre, aber keine ei&#x017F;erne<lb/>
Klappe oder Schieber, um &#x017F;ie auf- und zuzumachen.<lb/>
Gewo&#x0364;hnlich &#x017F;tehen &#x017F;ie mitten im Zimmer, und werden<lb/>
im Fru&#x0364;hlinge aus der Stube genommen. Man heitzt &#x017F;ie<lb/>
mit kleinen Splittern; &#x017F;ie erwa&#x0364;rmen das Zimmer inner-<lb/>
halb einer Viertel&#x017F;tunde, werden aber auch bald wieder<lb/>
kalt. Zu dem er&#x017F;tern tra&#x0364;gt die ei&#x017F;erne Ro&#x0364;hre viel bey,<lb/>
die bey &#x017F;tarkem Einheitzen glu&#x0364;hend wird. &#x2014; Die Kauf-<lb/>
mannsladen und ver&#x017F;chiedne Werk&#x017F;ta&#x0364;tte &#x017F;ind offen ange-<lb/>
legt, und allezeit im unter&#x017F;ten Stockwerke. Bu&#x0364;rger und<lb/>
Bauern ohne Unter&#x017F;chied die Sprache, welche anderwa&#x0364;rts<lb/>
die Sprache der Vornehmen i&#x017F;t, reden zu ho&#x0364;ren, konnte<lb/>
nicht anders als mir &#x017F;ehr auffallen; Dien&#x017F;tma&#x0364;gde aber<lb/>
wie Damen, mit Robesrondes und Kopfzeugen, zu-<lb/>
gleich aber mit ho&#x0364;lzernen Schuhen gehen zu &#x017F;ehen, war<lb/>
mir ho&#x0364;ch&#x017F;t la&#x0364;cherlich. &#x2014; An ver&#x017F;chiednen Stellen in der<lb/>
Stadt &#x017F;ind Springbrunnen angelegt, zur Bequemlichkeit<lb/>
der Einwohner beym Wa&#x017F;&#x017F;erhohlen. &#x2014; Unter den Con-<lb/>
trabande Waaren i&#x017F;t hier der Tobak am &#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten, und<lb/>
zwar bey Galeeren&#x017F;trafe, verboten. Aller Tobak, den<lb/>
wir am Bord hatten, wurde &#x017F;ogleich aufge&#x017F;chrieben, und<lb/>
auf das &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;te verwahrt, und dem Schiffsvolke<lb/>
(man weiß, die&#x017F;e Leute ko&#x0364;nnen ohne jenes widrige Kraut<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0059] Reiſe von Holland nach Paris. ſchwerfaͤlliges Sielenzeug haben, bisweilen aber auch mit Franſen und Schellen geſchmuͤckt ſind. Eſel werden ſehr haͤufig gebraucht, und auch von dieſen Thieren ſieht man manchmahl mehrere in einer Reihe vor die großen Karren geſpannt, und mit Schellen behangen, die eine unangeneh- me Muſik machen. — Es war zwar noch eben nicht kalt, aber die Leute trugen doch ſchon Weſten mit Pelz- werk gefuͤttert. In den Haͤuſern bedient man ſich zwar durchgaͤngig der Oefen, aber von beſondrer Art. Sie ſind entweder von Eiſen oder von Porzellan, und dabey klein, haben eine lange eiſerne Roͤhre, aber keine eiſerne Klappe oder Schieber, um ſie auf- und zuzumachen. Gewoͤhnlich ſtehen ſie mitten im Zimmer, und werden im Fruͤhlinge aus der Stube genommen. Man heitzt ſie mit kleinen Splittern; ſie erwaͤrmen das Zimmer inner- halb einer Viertelſtunde, werden aber auch bald wieder kalt. Zu dem erſtern traͤgt die eiſerne Roͤhre viel bey, die bey ſtarkem Einheitzen gluͤhend wird. — Die Kauf- mannsladen und verſchiedne Werkſtaͤtte ſind offen ange- legt, und allezeit im unterſten Stockwerke. Buͤrger und Bauern ohne Unterſchied die Sprache, welche anderwaͤrts die Sprache der Vornehmen iſt, reden zu hoͤren, konnte nicht anders als mir ſehr auffallen; Dienſtmaͤgde aber wie Damen, mit Robesrondes und Kopfzeugen, zu- gleich aber mit hoͤlzernen Schuhen gehen zu ſehen, war mir hoͤchſt laͤcherlich. — An verſchiednen Stellen in der Stadt ſind Springbrunnen angelegt, zur Bequemlichkeit der Einwohner beym Waſſerhohlen. — Unter den Con- trabande Waaren iſt hier der Tobak am ſchaͤrfſten, und zwar bey Galeerenſtrafe, verboten. Aller Tobak, den wir am Bord hatten, wurde ſogleich aufgeſchrieben, und auf das ſorgfaͤltigſte verwahrt, und dem Schiffsvolke (man weiß, dieſe Leute koͤnnen ohne jenes widrige Kraut

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/59
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/59>, abgerufen am 18.05.2024.