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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Sechste Abtheilung. Siebenter Abschnitt.
(der Frucht der Arecapalme, Areca cathecu), biswei-
len auch ein wenig Kalk; darauf wickelt man das Blatt
zusammen, und hält es eine Zeit lang im Munde, bis
alle Kraft ausgezogen ist. Wenn man Kalk hinein legt,
werden Lippen und Zähne, wie auch der Speichel davon
roth und endlich ganz dunkelfarbig. Wer nicht gewohnt
ist, Betel zu kauen, und es erst anfängt, wird davon
verworren und gleichsam berauscht. Mit der Zeit aber
verursacht die Gewohnheit, daß man ohne Betel im
Munde zu haben, sich gar nicht behelfen kann, obgleich
der Mund darnach weh thut und wund wird, und die
Nerven der Zunge davon so angegriffen werden, daß man
fast allen Geschmack verliert. Man schreibt ihm in-
dessen den Nutzen zu, daß er übeln Athem vertreibt, die
Zähne reinigt und das Zahnfleisch stärkt. Die oben ge-
dachte Arecanuß oder Pinangkern zerschneidet man zum
Gebrauch bey den Siri mit einer besonders dazu einge-
richteten Schere, die ich oft, vorzüglich bey Europäi-
schen Damen, zu sehen Gelegenheit hatte. Gewöhn-
lich schneidet man den Pinangkern in sechs Theile, und
nimmt jedesmahl eins davon mit den Siri in den Mund.

Auf Java wächst auch der wahre Cacao- oder Cho-
coladebaum (Theobroma cacao) häufig. Die Blu-
men sitzen unmittelbar am Stamme und an den größern
Zweigen. Die Frucht enthält den Kern, woraus die
Chocolade verfertigt wird.

Von allen Spezereyen, die das heiße Indien her-
vorbringt, wird keine häufiger und allgemeiner gebraucht,
als der Spanische Pfeffer, oder die Beißbeere (Capsi-
cum
), die fast an alles Essen gethan wird. Selbst der
Reiß wird, mit zerstoßnem Spanischen Pfeffer vermischt,
gegessen, manchmahl allein, manchmahl mit Kokosnüs-
sen, und macht, so zubereitet, eine vollständige Mahl-

zeit

Sechste Abtheilung. Siebenter Abſchnitt.
(der Frucht der Arecapalme, Areca cathecu), biswei-
len auch ein wenig Kalk; darauf wickelt man das Blatt
zuſammen, und haͤlt es eine Zeit lang im Munde, bis
alle Kraft ausgezogen iſt. Wenn man Kalk hinein legt,
werden Lippen und Zaͤhne, wie auch der Speichel davon
roth und endlich ganz dunkelfarbig. Wer nicht gewohnt
iſt, Betel zu kauen, und es erſt anfaͤngt, wird davon
verworren und gleichſam berauſcht. Mit der Zeit aber
verurſacht die Gewohnheit, daß man ohne Betel im
Munde zu haben, ſich gar nicht behelfen kann, obgleich
der Mund darnach weh thut und wund wird, und die
Nerven der Zunge davon ſo angegriffen werden, daß man
faſt allen Geſchmack verliert. Man ſchreibt ihm in-
deſſen den Nutzen zu, daß er uͤbeln Athem vertreibt, die
Zaͤhne reinigt und das Zahnfleiſch ſtaͤrkt. Die oben ge-
dachte Arecanuß oder Pinangkern zerſchneidet man zum
Gebrauch bey den Siri mit einer beſonders dazu einge-
richteten Schere, die ich oft, vorzuͤglich bey Europaͤi-
ſchen Damen, zu ſehen Gelegenheit hatte. Gewoͤhn-
lich ſchneidet man den Pinangkern in ſechs Theile, und
nimmt jedesmahl eins davon mit den Siri in den Mund.

Auf Java waͤchſt auch der wahre Cacao- oder Cho-
coladebaum (Theobroma cacao) haͤufig. Die Blu-
men ſitzen unmittelbar am Stamme und an den groͤßern
Zweigen. Die Frucht enthaͤlt den Kern, woraus die
Chocolade verfertigt wird.

Von allen Spezereyen, die das heiße Indien her-
vorbringt, wird keine haͤufiger und allgemeiner gebraucht,
als der Spaniſche Pfeffer, oder die Beißbeere (Capſi-
cum
), die faſt an alles Eſſen gethan wird. Selbſt der
Reiß wird, mit zerſtoßnem Spaniſchen Pfeffer vermiſcht,
gegeſſen, manchmahl allein, manchmahl mit Kokosnuͤſ-
ſen, und macht, ſo zubereitet, eine vollſtaͤndige Mahl-

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[256/0594] Sechste Abtheilung. Siebenter Abſchnitt. (der Frucht der Arecapalme, Areca cathecu), biswei- len auch ein wenig Kalk; darauf wickelt man das Blatt zuſammen, und haͤlt es eine Zeit lang im Munde, bis alle Kraft ausgezogen iſt. Wenn man Kalk hinein legt, werden Lippen und Zaͤhne, wie auch der Speichel davon roth und endlich ganz dunkelfarbig. Wer nicht gewohnt iſt, Betel zu kauen, und es erſt anfaͤngt, wird davon verworren und gleichſam berauſcht. Mit der Zeit aber verurſacht die Gewohnheit, daß man ohne Betel im Munde zu haben, ſich gar nicht behelfen kann, obgleich der Mund darnach weh thut und wund wird, und die Nerven der Zunge davon ſo angegriffen werden, daß man faſt allen Geſchmack verliert. Man ſchreibt ihm in- deſſen den Nutzen zu, daß er uͤbeln Athem vertreibt, die Zaͤhne reinigt und das Zahnfleiſch ſtaͤrkt. Die oben ge- dachte Arecanuß oder Pinangkern zerſchneidet man zum Gebrauch bey den Siri mit einer beſonders dazu einge- richteten Schere, die ich oft, vorzuͤglich bey Europaͤi- ſchen Damen, zu ſehen Gelegenheit hatte. Gewoͤhn- lich ſchneidet man den Pinangkern in ſechs Theile, und nimmt jedesmahl eins davon mit den Siri in den Mund. Auf Java waͤchſt auch der wahre Cacao- oder Cho- coladebaum (Theobroma cacao) haͤufig. Die Blu- men ſitzen unmittelbar am Stamme und an den groͤßern Zweigen. Die Frucht enthaͤlt den Kern, woraus die Chocolade verfertigt wird. Von allen Spezereyen, die das heiße Indien her- vorbringt, wird keine haͤufiger und allgemeiner gebraucht, als der Spaniſche Pfeffer, oder die Beißbeere (Capſi- cum), die faſt an alles Eſſen gethan wird. Selbſt der Reiß wird, mit zerſtoßnem Spaniſchen Pfeffer vermiſcht, gegeſſen, manchmahl allein, manchmahl mit Kokosnuͤſ- ſen, und macht, ſo zubereitet, eine vollſtaͤndige Mahl- zeit

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/594>, abgerufen am 17.06.2024.