Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyte Abtheilung. Reise von Dezima
aus den umliegenden Gegenden angekommen, um sich
gegen ihre chronischen Krankheiten von dem Holländi-
schen Arzte Rath und Medicin geben zu lassen. Bey
vielen bestand das Uebel entweder in Verhärtung der
Drüsen und offenen Krebsschäden, oder in venerischen
Symptomen, die zu sehr überhand genommen hatten.

Gegen Abend kamen wir in die Landschaft Isi, und
zwar durch verschiedne am Wege liegende, sehr lange
und fast an einander stoßende Dörfer nach der zu unsrer
Nacht-Herberge bestimmten Stadt Seki. Die heutige
Reise war nicht weniger angenehm, als die gestrige.
Denn auch diese Provinz ist dicht bewohnt, fruchtbar
und volkreich. Nur schlimm, daß wir hier, so wie
überall in den Dörfern, den Geruch des gesammelten
Urins und Unraths auszustehen hatten, der alles Ver-
gnügen verbitterte, und uns zwang, die Fenster in un-
serm Norimon fast immer zuzuhalten.

Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zurück.
Nachdem wir durch Nosin, Kamirujammi, Moirino-
sta
, Sono, Tjakusi, Sutski, Ojiwaki, die ansehnli-
che Stadt Jokaits, Tomida und Matsdera gekommen
waren, trafen wir gegen Abend zu Kwana ein, wo
wir in einem schönen und bequemen Logis die Nacht zu-
brachten. Bey Jokaits waren wir wieder an der Küste,
in deren Nähe wir hernach fast ganz hin bis Jedo blie-
ben. Auf diesem Wege aber hatten wir viele große und
gefährliche Flüsse zu passiren, über welche man wegen ih-
res starken Anschwellens in den Regenzeiten keine Brü-
cken hat anlegen können, durch welche daher Reiter,
Lastthiere, Träger und Fußgänger hindurch müssen.

Nicht weit von Jokaits bekamen wir unterweges
drey Bettelnonnen zu Gesellschafterinnen. Bey jedem
unsrer Norimon ging eine her, um von uns Holländern

Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
aus den umliegenden Gegenden angekommen, um ſich
gegen ihre chroniſchen Krankheiten von dem Hollaͤndi-
ſchen Arzte Rath und Medicin geben zu laſſen. Bey
vielen beſtand das Uebel entweder in Verhaͤrtung der
Druͤſen und offenen Krebsſchaͤden, oder in veneriſchen
Symptomen, die zu ſehr uͤberhand genommen hatten.

Gegen Abend kamen wir in die Landſchaft Iſi, und
zwar durch verſchiedne am Wege liegende, ſehr lange
und faſt an einander ſtoßende Doͤrfer nach der zu unſrer
Nacht-Herberge beſtimmten Stadt Seki. Die heutige
Reiſe war nicht weniger angenehm, als die geſtrige.
Denn auch dieſe Provinz iſt dicht bewohnt, fruchtbar
und volkreich. Nur ſchlimm, daß wir hier, ſo wie
uͤberall in den Doͤrfern, den Geruch des geſammelten
Urins und Unraths auszuſtehen hatten, der alles Ver-
gnuͤgen verbitterte, und uns zwang, die Fenſter in un-
ſerm Norimon faſt immer zuzuhalten.

Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zuruͤck.
Nachdem wir durch Noſin, Kamirujammi, Moirino-
ſta
, Sono, Tjakuſi, Sutski, Ojiwaki, die anſehnli-
che Stadt Jokaits, Tomida und Matsdera gekommen
waren, trafen wir gegen Abend zu Kwana ein, wo
wir in einem ſchoͤnen und bequemen Logis die Nacht zu-
brachten. Bey Jokaits waren wir wieder an der Kuͤſte,
in deren Naͤhe wir hernach faſt ganz hin bis Jedo blie-
ben. Auf dieſem Wege aber hatten wir viele große und
gefaͤhrliche Fluͤſſe zu paſſiren, uͤber welche man wegen ih-
res ſtarken Anſchwellens in den Regenzeiten keine Bruͤ-
cken hat anlegen koͤnnen, durch welche daher Reiter,
Laſtthiere, Traͤger und Fußgaͤnger hindurch muͤſſen.

Nicht weit von Jokaits bekamen wir unterweges
drey Bettelnonnen zu Geſellſchafterinnen. Bey jedem
unſrer Norimon ging eine her, um von uns Hollaͤndern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0118" n="84"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweyte Abtheilung. Rei&#x017F;e von <placeName>Dezima</placeName></hi></fw><lb/>
aus den umliegenden Gegenden angekommen, um &#x017F;ich<lb/>
gegen ihre chroni&#x017F;chen Krankheiten von dem Holla&#x0364;ndi-<lb/>
&#x017F;chen Arzte Rath und Medicin geben zu la&#x017F;&#x017F;en. Bey<lb/>
vielen be&#x017F;tand das Uebel entweder in Verha&#x0364;rtung der<lb/>
Dru&#x0364;&#x017F;en und offenen Krebs&#x017F;cha&#x0364;den, oder in veneri&#x017F;chen<lb/>
Symptomen, die zu &#x017F;ehr u&#x0364;berhand genommen hatten.</p><lb/>
        <p>Gegen Abend kamen wir in die Land&#x017F;chaft <placeName>I&#x017F;i</placeName>, und<lb/>
zwar durch ver&#x017F;chiedne am Wege liegende, &#x017F;ehr lange<lb/>
und fa&#x017F;t an einander &#x017F;toßende Do&#x0364;rfer nach der zu un&#x017F;rer<lb/>
Nacht-Herberge be&#x017F;timmten Stadt <placeName>Seki</placeName>. Die heutige<lb/>
Rei&#x017F;e war nicht weniger angenehm, als die ge&#x017F;trige.<lb/>
Denn auch die&#x017F;e Provinz i&#x017F;t dicht bewohnt, fruchtbar<lb/>
und volkreich. Nur &#x017F;chlimm, daß wir hier, &#x017F;o wie<lb/>
u&#x0364;berall in den Do&#x0364;rfern, den Geruch des ge&#x017F;ammelten<lb/>
Urins und Unraths auszu&#x017F;tehen hatten, der alles Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen verbitterte, und uns zwang, die Fen&#x017F;ter in un-<lb/>
&#x017F;erm Norimon fa&#x017F;t immer zuzuhalten.</p><lb/>
        <p>Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zuru&#x0364;ck.<lb/>
Nachdem wir durch <placeName>No&#x017F;in</placeName>, <placeName>Kamirujammi</placeName>, <placeName>Moirino-<lb/>
&#x017F;ta</placeName>, <placeName>Sono</placeName>, <placeName>Tjaku&#x017F;i</placeName>, <placeName>Sutski</placeName>, <placeName>Ojiwaki</placeName>, die an&#x017F;ehnli-<lb/>
che Stadt <placeName>Jokaits</placeName>, <placeName>Tomida</placeName> und <placeName>Matsdera</placeName> gekommen<lb/>
waren, trafen wir gegen Abend zu <placeName>Kwana</placeName> ein, wo<lb/>
wir in einem &#x017F;cho&#x0364;nen und bequemen Logis die Nacht zu-<lb/>
brachten. Bey <placeName>Jokaits</placeName> waren wir wieder an der Ku&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
in deren Na&#x0364;he wir hernach fa&#x017F;t ganz hin bis <placeName>Jedo</placeName> blie-<lb/>
ben. Auf die&#x017F;em Wege aber hatten wir viele große und<lb/>
gefa&#x0364;hrliche Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu pa&#x017F;&#x017F;iren, u&#x0364;ber welche man wegen ih-<lb/>
res &#x017F;tarken An&#x017F;chwellens in den Regenzeiten keine Bru&#x0364;-<lb/>
cken hat anlegen ko&#x0364;nnen, durch welche daher Reiter,<lb/>
La&#x017F;tthiere, Tra&#x0364;ger und Fußga&#x0364;nger hindurch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Nicht weit von <placeName>Jokaits</placeName> bekamen wir unterweges<lb/>
drey Bettelnonnen zu Ge&#x017F;ell&#x017F;chafterinnen. Bey jedem<lb/>
un&#x017F;rer Norimon ging eine her, um von uns Holla&#x0364;ndern<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0118] Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima aus den umliegenden Gegenden angekommen, um ſich gegen ihre chroniſchen Krankheiten von dem Hollaͤndi- ſchen Arzte Rath und Medicin geben zu laſſen. Bey vielen beſtand das Uebel entweder in Verhaͤrtung der Druͤſen und offenen Krebsſchaͤden, oder in veneriſchen Symptomen, die zu ſehr uͤberhand genommen hatten. Gegen Abend kamen wir in die Landſchaft Iſi, und zwar durch verſchiedne am Wege liegende, ſehr lange und faſt an einander ſtoßende Doͤrfer nach der zu unſrer Nacht-Herberge beſtimmten Stadt Seki. Die heutige Reiſe war nicht weniger angenehm, als die geſtrige. Denn auch dieſe Provinz iſt dicht bewohnt, fruchtbar und volkreich. Nur ſchlimm, daß wir hier, ſo wie uͤberall in den Doͤrfern, den Geruch des geſammelten Urins und Unraths auszuſtehen hatten, der alles Ver- gnuͤgen verbitterte, und uns zwang, die Fenſter in un- ſerm Norimon faſt immer zuzuhalten. Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zuruͤck. Nachdem wir durch Noſin, Kamirujammi, Moirino- ſta, Sono, Tjakuſi, Sutski, Ojiwaki, die anſehnli- che Stadt Jokaits, Tomida und Matsdera gekommen waren, trafen wir gegen Abend zu Kwana ein, wo wir in einem ſchoͤnen und bequemen Logis die Nacht zu- brachten. Bey Jokaits waren wir wieder an der Kuͤſte, in deren Naͤhe wir hernach faſt ganz hin bis Jedo blie- ben. Auf dieſem Wege aber hatten wir viele große und gefaͤhrliche Fluͤſſe zu paſſiren, uͤber welche man wegen ih- res ſtarken Anſchwellens in den Regenzeiten keine Bruͤ- cken hat anlegen koͤnnen, durch welche daher Reiter, Laſtthiere, Traͤger und Fußgaͤnger hindurch muͤſſen. Nicht weit von Jokaits bekamen wir unterweges drey Bettelnonnen zu Geſellſchafterinnen. Bey jedem unſrer Norimon ging eine her, um von uns Hollaͤndern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/118
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/118>, abgerufen am 15.05.2024.