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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Aufenthalt in der Hauptstadt Jedo.
wo jederzeit ein Gefäß mit Wasser steht, das bey entste-
hender Feuersbrunst so gleich zur Hand ist. An sehr
vielen Stellen sind in der Nähe der Häuser feuerfreye
steinerne Packhäuser aufgebauet, wo Waaren und Meu-
blen sicher hingebracht werden können. An den Seiten
derselben sind mehrere eiserne Haken eingemauert, an de-
nen man nasse Matten aufhängen kann, um die Ver-
breitung des Feuers zu hindern. Da die Häuser leicht
Feuer fangen, trägt es sich hier oft zu, daß eine Feuers-
brunst entsteht, und ganze Reihen von Häusern und
Straßen in die Asche legt. Während unsers hiesigen
Aufenthalts kam einigemahl Feuer aus, das aber ge-
schwind gedämpft wurde. Unser Ambassadeur erzählte
aber von einem schrecklichen Brande, der sich bey seiner
Anwesenheit im Jahr 1772 zugetragen hatte. Das
Feuer brach des Mittags aus, dauerte bis den andern
Tag Abends um acht Uhr, und griff so weit um sich,
daß eine Strecke von sechs Meilen in die Länge und drey
in die Breite verheert wurde. Bey dieser Gelegenheit
brannte das Haus, wo die Holländische Gesandtschaft zu
logiren pflegt, auch ab, und die Holländer mußten sich
in einer Nacht dreymahl nach einem andern Hause, und
zuletzt nach einem Tempel begeben.

Unter andern Merkwürdigkeiten, die man uns zu
Jedo zeigte, war auch ein junger Wolf, der in den
nördlichsten Gegenden gefangen, und als ein seltnes Thier
hieher gebracht war. Die Leute in der Stadt kannten
dies Thier gar nicht, und man machte uns eine so wun-
derliche Beschreibung davon, daß unsre Neugier, es zu
sehen, sehr hoch gespannt wurde. Wir gingen dahin,
wo das sonderbare Thier zu sehen war, und siehe, es war
ein kaum halb ausgewachsener Wolf. Lustig war es zu
sehen, wie sorgfältig man das arme Thier, dem selbst

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Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo.
wo jederzeit ein Gefaͤß mit Waſſer ſteht, das bey entſte-
hender Feuersbrunſt ſo gleich zur Hand iſt. An ſehr
vielen Stellen ſind in der Naͤhe der Haͤuſer feuerfreye
ſteinerne Packhaͤuſer aufgebauet, wo Waaren und Meu-
blen ſicher hingebracht werden koͤnnen. An den Seiten
derſelben ſind mehrere eiſerne Haken eingemauert, an de-
nen man naſſe Matten aufhaͤngen kann, um die Ver-
breitung des Feuers zu hindern. Da die Haͤuſer leicht
Feuer fangen, traͤgt es ſich hier oft zu, daß eine Feuers-
brunſt entſteht, und ganze Reihen von Haͤuſern und
Straßen in die Aſche legt. Waͤhrend unſers hieſigen
Aufenthalts kam einigemahl Feuer aus, das aber ge-
ſchwind gedaͤmpft wurde. Unſer Ambaſſadeur erzaͤhlte
aber von einem ſchrecklichen Brande, der ſich bey ſeiner
Anweſenheit im Jahr 1772 zugetragen hatte. Das
Feuer brach des Mittags aus, dauerte bis den andern
Tag Abends um acht Uhr, und griff ſo weit um ſich,
daß eine Strecke von ſechs Meilen in die Laͤnge und drey
in die Breite verheert wurde. Bey dieſer Gelegenheit
brannte das Haus, wo die Hollaͤndiſche Geſandtſchaft zu
logiren pflegt, auch ab, und die Hollaͤnder mußten ſich
in einer Nacht dreymahl nach einem andern Hauſe, und
zuletzt nach einem Tempel begeben.

Unter andern Merkwuͤrdigkeiten, die man uns zu
Jedo zeigte, war auch ein junger Wolf, der in den
noͤrdlichſten Gegenden gefangen, und als ein ſeltnes Thier
hieher gebracht war. Die Leute in der Stadt kannten
dies Thier gar nicht, und man machte uns eine ſo wun-
derliche Beſchreibung davon, daß unſre Neugier, es zu
ſehen, ſehr hoch geſpannt wurde. Wir gingen dahin,
wo das ſonderbare Thier zu ſehen war, und ſiehe, es war
ein kaum halb ausgewachſener Wolf. Luſtig war es zu
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[115/0149] Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo. wo jederzeit ein Gefaͤß mit Waſſer ſteht, das bey entſte- hender Feuersbrunſt ſo gleich zur Hand iſt. An ſehr vielen Stellen ſind in der Naͤhe der Haͤuſer feuerfreye ſteinerne Packhaͤuſer aufgebauet, wo Waaren und Meu- blen ſicher hingebracht werden koͤnnen. An den Seiten derſelben ſind mehrere eiſerne Haken eingemauert, an de- nen man naſſe Matten aufhaͤngen kann, um die Ver- breitung des Feuers zu hindern. Da die Haͤuſer leicht Feuer fangen, traͤgt es ſich hier oft zu, daß eine Feuers- brunſt entſteht, und ganze Reihen von Haͤuſern und Straßen in die Aſche legt. Waͤhrend unſers hieſigen Aufenthalts kam einigemahl Feuer aus, das aber ge- ſchwind gedaͤmpft wurde. Unſer Ambaſſadeur erzaͤhlte aber von einem ſchrecklichen Brande, der ſich bey ſeiner Anweſenheit im Jahr 1772 zugetragen hatte. Das Feuer brach des Mittags aus, dauerte bis den andern Tag Abends um acht Uhr, und griff ſo weit um ſich, daß eine Strecke von ſechs Meilen in die Laͤnge und drey in die Breite verheert wurde. Bey dieſer Gelegenheit brannte das Haus, wo die Hollaͤndiſche Geſandtſchaft zu logiren pflegt, auch ab, und die Hollaͤnder mußten ſich in einer Nacht dreymahl nach einem andern Hauſe, und zuletzt nach einem Tempel begeben. Unter andern Merkwuͤrdigkeiten, die man uns zu Jedo zeigte, war auch ein junger Wolf, der in den noͤrdlichſten Gegenden gefangen, und als ein ſeltnes Thier hieher gebracht war. Die Leute in der Stadt kannten dies Thier gar nicht, und man machte uns eine ſo wun- derliche Beſchreibung davon, daß unſre Neugier, es zu ſehen, ſehr hoch geſpannt wurde. Wir gingen dahin, wo das ſonderbare Thier zu ſehen war, und ſiehe, es war ein kaum halb ausgewachſener Wolf. Luſtig war es zu ſehen, wie ſorgfaͤltig man das arme Thier, dem ſelbſt H 2

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/149>, abgerufen am 21.11.2024.