Vierte Abtheilung. Rückreise von Jedo nach Dezima.
Unsre Abreise von Jedo war auf den 25. May an- gesetzt. An diesem Tage mußten wir sie auch unabänder- lich antreten, weil der 13. Siguats, oder der 30. May, zur Reise des Kaisers nach dem Tempel zu Niko bestimmt war. Dieser Tempel ist sehr groß, liegt sechs und drey- ßig Meilen von Jedo ostwärts, und jetzt sollte daselbst ein großes Fest gefeyert werden. Schon vor drey Jah- ren hatte man diese Reise vorgenommen, es wurden auch bereits große Anstalten dazu gemacht; sie war aber von einem Jahre zum andern aufgeschoben. Da so wohl der Monarch, als alle Fürsten im Reiche, völlig eben so ge- kleidet sind, und ihr Haar eben so tragen, als alle an- dre Einwohner des Landes, auch weder durch Thron, Juwelen, noch dergleichen etwas sich auszeichnen, mithin von andern gar nicht unterschieden werden können, so ha- ben sie ein anderes Mittel ausfindig gemacht, sich zu un- terscheiden. Dies besteht darin, daß sie nach Verhält- niß ihres Standes und ihrer Würde auf Reisen und bey feyerlichen Gelegenheiten sich von einem ungeheuer großen Gefolge von Beamten, Bedienten mancherley Art und andern Leuten, die um sie herum wimmeln, sehen lassen. Kein Wunder daher, wenn zur Reise des obersten Lan- des-Regenten ungewöhnlich große Zurüstungen gemacht wurden. An den Landstraßen sollten neue Häuser gebauet werden, um darin am Tage auszuruhen und des Nachts zu logiren. Alle nur ersinnliche Bedürfnisse und Be- quemlichkeiten sollten an Ort und Stelle vorher in völliger
Vierte Abtheilung.
Vierte Abtheilung. Ruͤckreiſe von Jedo nach Dezima.
Unſre Abreiſe von Jedo war auf den 25. May an- geſetzt. An dieſem Tage mußten wir ſie auch unabaͤnder- lich antreten, weil der 13. Siguats, oder der 30. May, zur Reiſe des Kaiſers nach dem Tempel zu Niko beſtimmt war. Dieſer Tempel iſt ſehr groß, liegt ſechs und drey- ßig Meilen von Jedo oſtwaͤrts, und jetzt ſollte daſelbſt ein großes Feſt gefeyert werden. Schon vor drey Jah- ren hatte man dieſe Reiſe vorgenommen, es wurden auch bereits große Anſtalten dazu gemacht; ſie war aber von einem Jahre zum andern aufgeſchoben. Da ſo wohl der Monarch, als alle Fuͤrſten im Reiche, voͤllig eben ſo ge- kleidet ſind, und ihr Haar eben ſo tragen, als alle an- dre Einwohner des Landes, auch weder durch Thron, Juwelen, noch dergleichen etwas ſich auszeichnen, mithin von andern gar nicht unterſchieden werden koͤnnen, ſo ha- ben ſie ein anderes Mittel ausfindig gemacht, ſich zu un- terſcheiden. Dies beſteht darin, daß ſie nach Verhaͤlt- niß ihres Standes und ihrer Wuͤrde auf Reiſen und bey feyerlichen Gelegenheiten ſich von einem ungeheuer großen Gefolge von Beamten, Bedienten mancherley Art und andern Leuten, die um ſie herum wimmeln, ſehen laſſen. Kein Wunder daher, wenn zur Reiſe des oberſten Lan- des-Regenten ungewoͤhnlich große Zuruͤſtungen gemacht wurden. An den Landſtraßen ſollten neue Haͤuſer gebauet werden, um darin am Tage auszuruhen und des Nachts zu logiren. Alle nur erſinnliche Beduͤrfniſſe und Be- quemlichkeiten ſollten an Ort und Stelle vorher in voͤlliger
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Vierte Abtheilung.
Vierte Abtheilung.
Ruͤckreiſe von Jedo nach Dezima.
Unſre Abreiſe von Jedo war auf den 25. May an-
geſetzt. An dieſem Tage mußten wir ſie auch unabaͤnder-
lich antreten, weil der 13. Siguats, oder der 30. May,
zur Reiſe des Kaiſers nach dem Tempel zu Niko beſtimmt
war. Dieſer Tempel iſt ſehr groß, liegt ſechs und drey-
ßig Meilen von Jedo oſtwaͤrts, und jetzt ſollte daſelbſt
ein großes Feſt gefeyert werden. Schon vor drey Jah-
ren hatte man dieſe Reiſe vorgenommen, es wurden auch
bereits große Anſtalten dazu gemacht; ſie war aber von
einem Jahre zum andern aufgeſchoben. Da ſo wohl der
Monarch, als alle Fuͤrſten im Reiche, voͤllig eben ſo ge-
kleidet ſind, und ihr Haar eben ſo tragen, als alle an-
dre Einwohner des Landes, auch weder durch Thron,
Juwelen, noch dergleichen etwas ſich auszeichnen, mithin
von andern gar nicht unterſchieden werden koͤnnen, ſo ha-
ben ſie ein anderes Mittel ausfindig gemacht, ſich zu un-
terſcheiden. Dies beſteht darin, daß ſie nach Verhaͤlt-
niß ihres Standes und ihrer Wuͤrde auf Reiſen und bey
feyerlichen Gelegenheiten ſich von einem ungeheuer großen
Gefolge von Beamten, Bedienten mancherley Art und
andern Leuten, die um ſie herum wimmeln, ſehen laſſen.
Kein Wunder daher, wenn zur Reiſe des oberſten Lan-
des-Regenten ungewoͤhnlich große Zuruͤſtungen gemacht
wurden. An den Landſtraßen ſollten neue Haͤuſer gebauet
werden, um darin am Tage auszuruhen und des Nachts
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/154>, abgerufen am 22.11.2024.
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