Camine und Stubenöfen kennt man im ganzen Lande nicht, obwohl die Kälte strenge ist, und die Ein- wohner nöthigt, vom October bis zum Ende des Märzes die Zimmer zu heitzen. Dies Heitzen der Zimmer ge- schieht vermittelst kupferner Töpfe, von unterschiedlicher Größe, mit breitem überstehenden Rande, die unten mit Mörtel oder Asche angefüllt werden, worauf man gut gebrannte Kohlen legt, die man alsdann anzündet. Den Topf stellt man entweder mitten ins Zimmer, oder an eine Seite, und die Japaner setzen sich um denselben her. Weil die Wände nicht dicht sind, müssen sie mehrmahls des Tages auf diese Art einheitzen, oder auch das Kohlen- feuer den ganzen Tag über unterhalten. Diese Art des Heitzens führt aber mancherley Unbequemlichkeiten mit sich. Oft dunsten die Kohlen. Von dem aufsteigen- den Kohlendampfe wird das Zimmer sehr schwarz. Den Augen schadet der Rauch auch.
So einfach die Bauart der Japaner ist, so einfach ist auch ihr Ameublement, oder vielmehr, sie haben gar kei- ne Meublen. Ihre Zimmer und Häuser entbehren mithin auch des Ansehens und Schmucks, den hübsche Meublen geben. Aber auch die Leute selbst entbehren dadurch manche Bequemlichkeit. Schränke, Commoden, Bu- reaux, Sofa, Betten, Tische, Stühle, Uhren, Spie- gel oder dergleichen findet man in keinem Zimmer. Die meisten von diesen Dingen sind ihnen unbekannt. Die weichen Strohmatten auf dem Fußboden dienen ihnen statt Betten und Stühle. Eine weiche mit Baumwolle ausgestopfte Matratze wird über die Matte ausgebreitet, wenn sie schlafen gehen wollen. Unter den Kopf legen sie ein längliches Stück lackirtes Holz. Anstatt der De- cke gebrauchen sie ihren weiten Talar. Bey dieser Art zu schlafen kommt ihr Haar des Nachts nicht in Unordnung,
Haͤuſer und Hausgeraͤth.
Camine und Stubenoͤfen kennt man im ganzen Lande nicht, obwohl die Kaͤlte ſtrenge iſt, und die Ein- wohner noͤthigt, vom October bis zum Ende des Maͤrzes die Zimmer zu heitzen. Dies Heitzen der Zimmer ge- ſchieht vermittelſt kupferner Toͤpfe, von unterſchiedlicher Groͤße, mit breitem uͤberſtehenden Rande, die unten mit Moͤrtel oder Aſche angefuͤllt werden, worauf man gut gebrannte Kohlen legt, die man alsdann anzuͤndet. Den Topf ſtellt man entweder mitten ins Zimmer, oder an eine Seite, und die Japaner ſetzen ſich um denſelben her. Weil die Waͤnde nicht dicht ſind, muͤſſen ſie mehrmahls des Tages auf dieſe Art einheitzen, oder auch das Kohlen- feuer den ganzen Tag uͤber unterhalten. Dieſe Art des Heitzens fuͤhrt aber mancherley Unbequemlichkeiten mit ſich. Oft dunſten die Kohlen. Von dem aufſteigen- den Kohlendampfe wird das Zimmer ſehr ſchwarz. Den Augen ſchadet der Rauch auch.
So einfach die Bauart der Japaner iſt, ſo einfach iſt auch ihr Ameublement, oder vielmehr, ſie haben gar kei- ne Meublen. Ihre Zimmer und Haͤuſer entbehren mithin auch des Anſehens und Schmucks, den huͤbſche Meublen geben. Aber auch die Leute ſelbſt entbehren dadurch manche Bequemlichkeit. Schraͤnke, Commoden, Bu- reaux, Sofa, Betten, Tiſche, Stuͤhle, Uhren, Spie- gel oder dergleichen findet man in keinem Zimmer. Die meiſten von dieſen Dingen ſind ihnen unbekannt. Die weichen Strohmatten auf dem Fußboden dienen ihnen ſtatt Betten und Stuͤhle. Eine weiche mit Baumwolle ausgeſtopfte Matratze wird uͤber die Matte ausgebreitet, wenn ſie ſchlafen gehen wollen. Unter den Kopf legen ſie ein laͤngliches Stuͤck lackirtes Holz. Anſtatt der De- cke gebrauchen ſie ihren weiten Talar. Bey dieſer Art zu ſchlafen kommt ihr Haar des Nachts nicht in Unordnung,
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Haͤuſer und Hausgeraͤth.
Camine und Stubenoͤfen kennt man im ganzen
Lande nicht, obwohl die Kaͤlte ſtrenge iſt, und die Ein-
wohner noͤthigt, vom October bis zum Ende des Maͤrzes
die Zimmer zu heitzen. Dies Heitzen der Zimmer ge-
ſchieht vermittelſt kupferner Toͤpfe, von unterſchiedlicher
Groͤße, mit breitem uͤberſtehenden Rande, die unten
mit Moͤrtel oder Aſche angefuͤllt werden, worauf man
gut gebrannte Kohlen legt, die man alsdann anzuͤndet.
Den Topf ſtellt man entweder mitten ins Zimmer, oder an
eine Seite, und die Japaner ſetzen ſich um denſelben her.
Weil die Waͤnde nicht dicht ſind, muͤſſen ſie mehrmahls
des Tages auf dieſe Art einheitzen, oder auch das Kohlen-
feuer den ganzen Tag uͤber unterhalten. Dieſe Art des
Heitzens fuͤhrt aber mancherley Unbequemlichkeiten mit
ſich. Oft dunſten die Kohlen. Von dem aufſteigen-
den Kohlendampfe wird das Zimmer ſehr ſchwarz. Den
Augen ſchadet der Rauch auch.
So einfach die Bauart der Japaner iſt, ſo einfach
iſt auch ihr Ameublement, oder vielmehr, ſie haben gar kei-
ne Meublen. Ihre Zimmer und Haͤuſer entbehren mithin
auch des Anſehens und Schmucks, den huͤbſche Meublen
geben. Aber auch die Leute ſelbſt entbehren dadurch
manche Bequemlichkeit. Schraͤnke, Commoden, Bu-
reaux, Sofa, Betten, Tiſche, Stuͤhle, Uhren, Spie-
gel oder dergleichen findet man in keinem Zimmer. Die
meiſten von dieſen Dingen ſind ihnen unbekannt. Die
weichen Strohmatten auf dem Fußboden dienen ihnen
ſtatt Betten und Stuͤhle. Eine weiche mit Baumwolle
ausgeſtopfte Matratze wird uͤber die Matte ausgebreitet,
wenn ſie ſchlafen gehen wollen. Unter den Kopf legen
ſie ein laͤngliches Stuͤck lackirtes Holz. Anſtatt der De-
cke gebrauchen ſie ihren weiten Talar. Bey dieſer Art zu
ſchlafen kommt ihr Haar des Nachts nicht in Unordnung,
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/207>, abgerufen am 24.11.2024.
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