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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Fünfte Abtheilung. Vierter Abschnitt.
stumpfen ihren kahlen Kopf nicht verunstalten mögen,
scheren sie sie alle zwey Tage von neuem ab. Priester
und Aerzte, auch die Knaben, ehe sie mannbar werden,
sind die einzigen, welche hierin eine Ausnahme machen.
Die Aerzte und Priester scheren den ganzen Kopf und
gehen ganz kahl, wodurch sie denn freylich sich von allen
andern Ständen unterscheiden. Die Knaben hingegen
lassen alles Haar wachsen, bis die Zeit kommt, da sie
sich scheren müssen, nämlich wenn der Bart anfängt sich
zu zeigen. -- Das weibliche Geschlecht behält das
Haar ebenfalls, und zwar beständig. Nur geschiedne
Frauen scheren es ab, die dann mit ihrem kahlen Kopfe
gar häßlich aussehen. Die Frauenspersonen streichen
das Haar, mit Oehl und schleimigen Sachen stark
durchgeschmiert und glatt gemacht, von allen Seiten
dicht am Kopfe in die Höhe, und zwar entweder ganz
nett und einfach, oder auf den Seiten gleichsam wie
Flügel ausgezogen. Darauf binden sie die Enden mitten
auf dem Kopfe um einen Knoten fest, beynahe eben so,
als die Bauerdirnen in Schweden. Durch die Seiten-
flügel unterscheiden sich an machen Oertern die Unverhei-
ratheten von den Verheiratheten. Vorn vor jenem Haar-
wulste stecken sie einen breiten Kamm ein, der bey geringen
Leuten von Holz, bey den Reichen von Schildkrötenschale
gemacht ist. Die Reichen brauchen außerdem verschiedne
andre Zierrathen von Schildkrötenschale, die sie durch
den Wulst hindurch stecken, tragen auch einige wenige
Blumen im Haare, und dies macht ihren ganzen Kopf-
schmuck aus, ohne daß sie Perlen und Juwelen gebrau-
chen. Ihre [O]hren mit Ringen und anderm Gehänge
zu schmücken, so eitel sind sie noch nicht.

Den Kopf bedecken die Japaner niemahls, weder
mit Hüten noch Mützen, weder gegen die Kälte, noch

Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
ſtumpfen ihren kahlen Kopf nicht verunſtalten moͤgen,
ſcheren ſie ſie alle zwey Tage von neuem ab. Prieſter
und Aerzte, auch die Knaben, ehe ſie mannbar werden,
ſind die einzigen, welche hierin eine Ausnahme machen.
Die Aerzte und Prieſter ſcheren den ganzen Kopf und
gehen ganz kahl, wodurch ſie denn freylich ſich von allen
andern Staͤnden unterſcheiden. Die Knaben hingegen
laſſen alles Haar wachſen, bis die Zeit kommt, da ſie
ſich ſcheren muͤſſen, naͤmlich wenn der Bart anfaͤngt ſich
zu zeigen. — Das weibliche Geſchlecht behaͤlt das
Haar ebenfalls, und zwar beſtaͤndig. Nur geſchiedne
Frauen ſcheren es ab, die dann mit ihrem kahlen Kopfe
gar haͤßlich ausſehen. Die Frauensperſonen ſtreichen
das Haar, mit Oehl und ſchleimigen Sachen ſtark
durchgeſchmiert und glatt gemacht, von allen Seiten
dicht am Kopfe in die Hoͤhe, und zwar entweder ganz
nett und einfach, oder auf den Seiten gleichſam wie
Fluͤgel ausgezogen. Darauf binden ſie die Enden mitten
auf dem Kopfe um einen Knoten feſt, beynahe eben ſo,
als die Bauerdirnen in Schweden. Durch die Seiten-
fluͤgel unterſcheiden ſich an machen Oertern die Unverhei-
ratheten von den Verheiratheten. Vorn vor jenem Haar-
wulſte ſtecken ſie einen breiten Kamm ein, der bey geringen
Leuten von Holz, bey den Reichen von Schildkroͤtenſchale
gemacht iſt. Die Reichen brauchen außerdem verſchiedne
andre Zierrathen von Schildkroͤtenſchale, die ſie durch
den Wulſt hindurch ſtecken, tragen auch einige wenige
Blumen im Haare, und dies macht ihren ganzen Kopf-
ſchmuck aus, ohne daß ſie Perlen und Juwelen gebrau-
chen. Ihre [O]hren mit Ringen und anderm Gehaͤnge
zu ſchmuͤcken, ſo eitel ſind ſie noch nicht.

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[184/0218] Fuͤnfte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. ſtumpfen ihren kahlen Kopf nicht verunſtalten moͤgen, ſcheren ſie ſie alle zwey Tage von neuem ab. Prieſter und Aerzte, auch die Knaben, ehe ſie mannbar werden, ſind die einzigen, welche hierin eine Ausnahme machen. Die Aerzte und Prieſter ſcheren den ganzen Kopf und gehen ganz kahl, wodurch ſie denn freylich ſich von allen andern Staͤnden unterſcheiden. Die Knaben hingegen laſſen alles Haar wachſen, bis die Zeit kommt, da ſie ſich ſcheren muͤſſen, naͤmlich wenn der Bart anfaͤngt ſich zu zeigen. — Das weibliche Geſchlecht behaͤlt das Haar ebenfalls, und zwar beſtaͤndig. Nur geſchiedne Frauen ſcheren es ab, die dann mit ihrem kahlen Kopfe gar haͤßlich ausſehen. Die Frauensperſonen ſtreichen das Haar, mit Oehl und ſchleimigen Sachen ſtark durchgeſchmiert und glatt gemacht, von allen Seiten dicht am Kopfe in die Hoͤhe, und zwar entweder ganz nett und einfach, oder auf den Seiten gleichſam wie Fluͤgel ausgezogen. Darauf binden ſie die Enden mitten auf dem Kopfe um einen Knoten feſt, beynahe eben ſo, als die Bauerdirnen in Schweden. Durch die Seiten- fluͤgel unterſcheiden ſich an machen Oertern die Unverhei- ratheten von den Verheiratheten. Vorn vor jenem Haar- wulſte ſtecken ſie einen breiten Kamm ein, der bey geringen Leuten von Holz, bey den Reichen von Schildkroͤtenſchale gemacht iſt. Die Reichen brauchen außerdem verſchiedne andre Zierrathen von Schildkroͤtenſchale, die ſie durch den Wulſt hindurch ſtecken, tragen auch einige wenige Blumen im Haare, und dies macht ihren ganzen Kopf- ſchmuck aus, ohne daß ſie Perlen und Juwelen gebrau- chen. Ihre Ohren mit Ringen und anderm Gehaͤnge zu ſchmuͤcken, ſo eitel ſind ſie noch nicht. Den Kopf bedecken die Japaner niemahls, weder mit Huͤten noch Muͤtzen, weder gegen die Kaͤlte, noch

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/218>, abgerufen am 16.05.2024.