Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite
Religion der Japaner.

Religiöse Gelübde geschehen häufig von abergläu-
bigen Leuten. Einer unter unsern besten Dolmetschern,
ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge-
lübde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch
dies Jahr in den Wintermonathen auf diese Art die Reise
mit der Holländischen Gesandschaft nach Jedo, und
ertrug, mit seinen bloßen Füßen, alles Ungemach der
Kälte sehr geduldig, und ohne die mindesten nach-
theiligen Folgen davon zu spüren.

Von den religiösen Festen und Feyertagen, ist schon
im sechsten Abschnitte der fünften Abtheilung vorläufig
einiges vorgekommen. Jetzt will ich sie ausführlicher
beschreiben.

Die gewöhnlichen Feste, sind die monathlichen.
Von diesen ist das vornehmste, der erste Tag jedes Mo-
naths, an welchem die Japaner des Morgens früh
aufstehen, sich festlich ankleiden, ihre Vorgesetzten und
Freunde besuchen, und denselben zum neuen Monathe
Glück wünschen; dieser Tag wird seit uralten Zeiten
überall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll-
mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird
der zweyte Festtag gefeyert; an diesem besuchen die
Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden.
Der dritte Feyertag ist von geringerer Erheblichkeit,
und fällt auf den acht und zwanzigsten, oder den Tag
vor dem Neumonde.

Ausser diesen monathlichen Festtagen feyern sie
noch fünf andre, die jährlich einmal einfallen. Der
erste unter diesen ist das Neujahrsfest. An diesem
Tage gehen sie des Morgens sehr zeitig, in ihrem kost-
barsten Anzuge, zu ihren Vorgesetzten, Freunden und
Anverwandten, um ihnen ein glückliches Jahr zu wün-
schen. Der übrige Theil des Tages wird mit Essen,

Religion der Japaner.

Religioͤſe Geluͤbde geſchehen haͤufig von aberglaͤu-
bigen Leuten. Einer unter unſern beſten Dolmetſchern,
ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge-
luͤbde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch
dies Jahr in den Wintermonathen auf dieſe Art die Reiſe
mit der Hollaͤndiſchen Geſandſchaft nach Jedo, und
ertrug, mit ſeinen bloßen Fuͤßen, alles Ungemach der
Kaͤlte ſehr geduldig, und ohne die mindeſten nach-
theiligen Folgen davon zu ſpuͤren.

Von den religioͤſen Feſten und Feyertagen, iſt ſchon
im ſechſten Abſchnitte der fuͤnften Abtheilung vorlaͤufig
einiges vorgekommen. Jetzt will ich ſie ausfuͤhrlicher
beſchreiben.

Die gewoͤhnlichen Feſte, ſind die monathlichen.
Von dieſen iſt das vornehmſte, der erſte Tag jedes Mo-
naths, an welchem die Japaner des Morgens fruͤh
aufſtehen, ſich feſtlich ankleiden, ihre Vorgeſetzten und
Freunde beſuchen, und denſelben zum neuen Monathe
Gluͤck wuͤnſchen; dieſer Tag wird ſeit uralten Zeiten
uͤberall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll-
mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird
der zweyte Feſttag gefeyert; an dieſem beſuchen die
Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden.
Der dritte Feyertag iſt von geringerer Erheblichkeit,
und faͤllt auf den acht und zwanzigſten, oder den Tag
vor dem Neumonde.

Auſſer dieſen monathlichen Feſttagen feyern ſie
noch fuͤnf andre, die jaͤhrlich einmal einfallen. Der
erſte unter dieſen iſt das Neujahrsfeſt. An dieſem
Tage gehen ſie des Morgens ſehr zeitig, in ihrem koſt-
barſten Anzuge, zu ihren Vorgeſetzten, Freunden und
Anverwandten, um ihnen ein gluͤckliches Jahr zu wuͤn-
ſchen. Der uͤbrige Theil des Tages wird mit Eſſen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0315" n="27"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Religion der Japaner.</hi> </fw><lb/>
            <p>Religio&#x0364;&#x017F;e Gelu&#x0364;bde ge&#x017F;chehen ha&#x0364;ufig von abergla&#x0364;u-<lb/>
bigen Leuten. Einer unter un&#x017F;ern be&#x017F;ten Dolmet&#x017F;chern,<lb/>
ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge-<lb/>
lu&#x0364;bde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch<lb/>
dies Jahr in den Wintermonathen auf die&#x017F;e Art die Rei&#x017F;e<lb/>
mit der Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ge&#x017F;and&#x017F;chaft nach <placeName>Jedo</placeName>, und<lb/>
ertrug, mit &#x017F;einen bloßen Fu&#x0364;ßen, alles Ungemach der<lb/>
Ka&#x0364;lte &#x017F;ehr geduldig, und ohne die minde&#x017F;ten nach-<lb/>
theiligen Folgen davon zu &#x017F;pu&#x0364;ren.</p><lb/>
            <p>Von den religio&#x0364;&#x017F;en Fe&#x017F;ten und Feyertagen, i&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
im &#x017F;ech&#x017F;ten Ab&#x017F;chnitte der fu&#x0364;nften Abtheilung vorla&#x0364;ufig<lb/>
einiges vorgekommen. Jetzt will ich &#x017F;ie ausfu&#x0364;hrlicher<lb/>
be&#x017F;chreiben.</p><lb/>
            <p>Die gewo&#x0364;hnlichen Fe&#x017F;te, &#x017F;ind die monathlichen.<lb/>
Von die&#x017F;en i&#x017F;t das vornehm&#x017F;te, der er&#x017F;te Tag jedes Mo-<lb/>
naths, an welchem die Japaner des Morgens fru&#x0364;h<lb/>
auf&#x017F;tehen, &#x017F;ich fe&#x017F;tlich ankleiden, ihre Vorge&#x017F;etzten und<lb/>
Freunde be&#x017F;uchen, und den&#x017F;elben zum neuen Monathe<lb/>
Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;chen; die&#x017F;er Tag wird &#x017F;eit uralten Zeiten<lb/>
u&#x0364;berall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll-<lb/>
mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird<lb/>
der zweyte Fe&#x017F;ttag gefeyert; an die&#x017F;em be&#x017F;uchen die<lb/>
Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden.<lb/>
Der dritte Feyertag i&#x017F;t von geringerer Erheblichkeit,<lb/>
und fa&#x0364;llt auf den acht und zwanzig&#x017F;ten, oder den Tag<lb/>
vor dem Neumonde.</p><lb/>
            <p>Au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;en monathlichen Fe&#x017F;ttagen feyern &#x017F;ie<lb/>
noch fu&#x0364;nf andre, die ja&#x0364;hrlich einmal einfallen. Der<lb/>
er&#x017F;te unter die&#x017F;en i&#x017F;t das Neujahrsfe&#x017F;t. An die&#x017F;em<lb/>
Tage gehen &#x017F;ie des Morgens &#x017F;ehr zeitig, in ihrem ko&#x017F;t-<lb/>
bar&#x017F;ten Anzuge, zu ihren Vorge&#x017F;etzten, Freunden und<lb/>
Anverwandten, um ihnen ein glu&#x0364;ckliches Jahr zu wu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;chen. Der u&#x0364;brige Theil des Tages wird mit E&#x017F;&#x017F;en,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0315] Religion der Japaner. Religioͤſe Geluͤbde geſchehen haͤufig von aberglaͤu- bigen Leuten. Einer unter unſern beſten Dolmetſchern, ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge- luͤbde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch dies Jahr in den Wintermonathen auf dieſe Art die Reiſe mit der Hollaͤndiſchen Geſandſchaft nach Jedo, und ertrug, mit ſeinen bloßen Fuͤßen, alles Ungemach der Kaͤlte ſehr geduldig, und ohne die mindeſten nach- theiligen Folgen davon zu ſpuͤren. Von den religioͤſen Feſten und Feyertagen, iſt ſchon im ſechſten Abſchnitte der fuͤnften Abtheilung vorlaͤufig einiges vorgekommen. Jetzt will ich ſie ausfuͤhrlicher beſchreiben. Die gewoͤhnlichen Feſte, ſind die monathlichen. Von dieſen iſt das vornehmſte, der erſte Tag jedes Mo- naths, an welchem die Japaner des Morgens fruͤh aufſtehen, ſich feſtlich ankleiden, ihre Vorgeſetzten und Freunde beſuchen, und denſelben zum neuen Monathe Gluͤck wuͤnſchen; dieſer Tag wird ſeit uralten Zeiten uͤberall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll- mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird der zweyte Feſttag gefeyert; an dieſem beſuchen die Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden. Der dritte Feyertag iſt von geringerer Erheblichkeit, und faͤllt auf den acht und zwanzigſten, oder den Tag vor dem Neumonde. Auſſer dieſen monathlichen Feſttagen feyern ſie noch fuͤnf andre, die jaͤhrlich einmal einfallen. Der erſte unter dieſen iſt das Neujahrsfeſt. An dieſem Tage gehen ſie des Morgens ſehr zeitig, in ihrem koſt- barſten Anzuge, zu ihren Vorgeſetzten, Freunden und Anverwandten, um ihnen ein gluͤckliches Jahr zu wuͤn- ſchen. Der uͤbrige Theil des Tages wird mit Eſſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/315
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/315>, abgerufen am 09.06.2024.