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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Erste Abtheilung. Dritter Abschnitt.
Man bekommt diese Krankheit auch wohl mehr als ein-
mal während eines Aufenthals in Japan.

Die Lustseuche ist ohne Zweifel durch die Euro-
päer nach Japan gekommen. Venerische Zufälle und
Krankheiten sind hier jetzt sehr allgemein und man trift
eine Menge Leute an, die damit behaftet sind. Bis
auf meine Zeit wußten die hiesigen Aerzte dergleichen
nicht anders, als durch blutreinigende Decocte zu
schwächen oder zu vertreiben. Ich hatte eine Partey
ätzenden Quecksilbersublimat aus Holland mitgebracht,
und fand, wie nöthig man dies Mittel habe. Nichts
desto weniger konnte ich nichts davon an die hiesigen
Aerzte verkaufen, denn diese waren in Ansehung des
Nutzens und Gebrauchs dieses sichern, aber zugleich
gefährlichen, Mittels ganz unwissend. -- Von der
Speichelcur hatten sie durch die holländischen Feld-
scheere zwar etwas gehört, und einigen Begrif davon;
hielten sie aber für eben so schwer vorzunehmen, als
dem Patienten gefährlich. Die übrige Arten den
Mercurius zu gebrauchen, kannten sie nicht. Ich
nahm mir daher vor, den Practisirenden, sowohl den
eigentlichen Aerzten als den Dolmetschern, von Zeit
zu Zeit kleine Parteyen von meinem Sublimate zu
schenken, und sie zugleich im Gebrauch desselben,
zu unterrichten. Sie machten sich diesen Un-
terricht dankbar zu Nutze. Namentlich von
den Dolmetschern fingen verschiedene an, mit diesem,
bisher hier unbekannten Heilmittel, venerische Zu-
fälle zu heilen. Die oft so schleunige Wirksamkeit die-
ser Curart, hielten sie anfänglich fast für ein Wunder-
werk; und wirklich macht es mich äußerst glücklich,
dieses Heilmittel hier bekannt gemacht zu haben, wenn
ich bedenke, daß durch dasselbe in Zukunft viele Tausende

Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
Man bekommt dieſe Krankheit auch wohl mehr als ein-
mal waͤhrend eines Aufenthals in Japan.

Die Luſtſeuche iſt ohne Zweifel durch die Euro-
paͤer nach Japan gekommen. Veneriſche Zufaͤlle und
Krankheiten ſind hier jetzt ſehr allgemein und man trift
eine Menge Leute an, die damit behaftet ſind. Bis
auf meine Zeit wußten die hieſigen Aerzte dergleichen
nicht anders, als durch blutreinigende Decocte zu
ſchwaͤchen oder zu vertreiben. Ich hatte eine Partey
aͤtzenden Queckſilberſublimat aus Holland mitgebracht,
und fand, wie noͤthig man dies Mittel habe. Nichts
deſto weniger konnte ich nichts davon an die hieſigen
Aerzte verkaufen, denn dieſe waren in Anſehung des
Nutzens und Gebrauchs dieſes ſichern, aber zugleich
gefaͤhrlichen, Mittels ganz unwiſſend. — Von der
Speichelcur hatten ſie durch die hollaͤndiſchen Feld-
ſcheere zwar etwas gehoͤrt, und einigen Begrif davon;
hielten ſie aber fuͤr eben ſo ſchwer vorzunehmen, als
dem Patienten gefaͤhrlich. Die uͤbrige Arten den
Mercurius zu gebrauchen, kannten ſie nicht. Ich
nahm mir daher vor, den Practiſirenden, ſowohl den
eigentlichen Aerzten als den Dolmetſchern, von Zeit
zu Zeit kleine Parteyen von meinem Sublimate zu
ſchenken, und ſie zugleich im Gebrauch deſſelben,
zu unterrichten. Sie machten ſich dieſen Un-
terricht dankbar zu Nutze. Namentlich von
den Dolmetſchern fingen verſchiedene an, mit dieſem,
bisher hier unbekannten Heilmittel, veneriſche Zu-
faͤlle zu heilen. Die oft ſo ſchleunige Wirkſamkeit die-
ſer Curart, hielten ſie anfaͤnglich faſt fuͤr ein Wunder-
werk; und wirklich macht es mich aͤußerſt gluͤcklich,
dieſes Heilmittel hier bekannt gemacht zu haben, wenn
ich bedenke, daß durch daſſelbe in Zukunft viele Tauſende

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[42/0330] Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. Man bekommt dieſe Krankheit auch wohl mehr als ein- mal waͤhrend eines Aufenthals in Japan. Die Luſtſeuche iſt ohne Zweifel durch die Euro- paͤer nach Japan gekommen. Veneriſche Zufaͤlle und Krankheiten ſind hier jetzt ſehr allgemein und man trift eine Menge Leute an, die damit behaftet ſind. Bis auf meine Zeit wußten die hieſigen Aerzte dergleichen nicht anders, als durch blutreinigende Decocte zu ſchwaͤchen oder zu vertreiben. Ich hatte eine Partey aͤtzenden Queckſilberſublimat aus Holland mitgebracht, und fand, wie noͤthig man dies Mittel habe. Nichts deſto weniger konnte ich nichts davon an die hieſigen Aerzte verkaufen, denn dieſe waren in Anſehung des Nutzens und Gebrauchs dieſes ſichern, aber zugleich gefaͤhrlichen, Mittels ganz unwiſſend. — Von der Speichelcur hatten ſie durch die hollaͤndiſchen Feld- ſcheere zwar etwas gehoͤrt, und einigen Begrif davon; hielten ſie aber fuͤr eben ſo ſchwer vorzunehmen, als dem Patienten gefaͤhrlich. Die uͤbrige Arten den Mercurius zu gebrauchen, kannten ſie nicht. Ich nahm mir daher vor, den Practiſirenden, ſowohl den eigentlichen Aerzten als den Dolmetſchern, von Zeit zu Zeit kleine Parteyen von meinem Sublimate zu ſchenken, und ſie zugleich im Gebrauch deſſelben, zu unterrichten. Sie machten ſich dieſen Un- terricht dankbar zu Nutze. Namentlich von den Dolmetſchern fingen verſchiedene an, mit dieſem, bisher hier unbekannten Heilmittel, veneriſche Zu- faͤlle zu heilen. Die oft ſo ſchleunige Wirkſamkeit die- ſer Curart, hielten ſie anfaͤnglich faſt fuͤr ein Wunder- werk; und wirklich macht es mich aͤußerſt gluͤcklich, dieſes Heilmittel hier bekannt gemacht zu haben, wenn ich bedenke, daß durch daſſelbe in Zukunft viele Tauſende

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/330>, abgerufen am 24.11.2024.