Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.Erste Abtheilung. Vierter Abschnitt. kann, sammeln, so mühsam verfahren sie auch beydem Düngen selbst. Sie fahren den Mist weder im Winter noch im Sommer auf ihren Acker, daß er, wie bey uns, eine geraume Weile liegen bleibt, und von der Sonnenhitze austrocknet, oder doch seine Kraft verliert, indem die salzigen und oelichten Theile aus- dünsten; sondern sie vermischen mehrere Arten Mist, von Menschen und Vieh, wie auch alles was in der Küche abfällt, mit Wasser und Urin, und rühren es zu einem ganz dünnen Brey durcheinander. So zugerichtet tragen sie ihn, in zwey großen Eimern die an einem Holze über der Schulter hangen, auf den Acker oder in den Garten und begießen damit, vermittelst einer Kelle die Saat oder Gewächse, zu zwey verschiedenen ma- len, das erstemal wenn sie ungefehr eine Vier- telelle hoch sind, und nach Verlauf von ein paar Wochen zum zweytenmale. Auf diese Art haben Saat und Gewächse den ganzen Nutzen davon, und die beste Kraft zieht sogleich in die Wurzel. Man steht vor Erstaunen still, wenn man sieht wie unverdrossen die Leute diese eckelhafte Arbeit verrichten. Diese Methode Feld und Gärten zu düngen, ver- Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. kann, ſammeln, ſo muͤhſam verfahren ſie auch beydem Duͤngen ſelbſt. Sie fahren den Miſt weder im Winter noch im Sommer auf ihren Acker, daß er, wie bey uns, eine geraume Weile liegen bleibt, und von der Sonnenhitze austrocknet, oder doch ſeine Kraft verliert, indem die ſalzigen und oelichten Theile aus- duͤnſten; ſondern ſie vermiſchen mehrere Arten Miſt, von Menſchen und Vieh, wie auch alles was in der Kuͤche abfaͤllt, mit Waſſer und Urin, und ruͤhren es zu einem ganz duͤnnen Brey durcheinander. So zugerichtet tragen ſie ihn, in zwey großen Eimern die an einem Holze uͤber der Schulter hangen, auf den Acker oder in den Garten und begießen damit, vermittelſt einer Kelle die Saat oder Gewaͤchſe, zu zwey verſchiedenen ma- len, das erſtemal wenn ſie ungefehr eine Vier- telelle hoch ſind, und nach Verlauf von ein paar Wochen zum zweytenmale. Auf dieſe Art haben Saat und Gewaͤchſe den ganzen Nutzen davon, und die beſte Kraft zieht ſogleich in die Wurzel. Man ſteht vor Erſtaunen ſtill, wenn man ſieht wie unverdroſſen die Leute dieſe eckelhafte Arbeit verrichten. Dieſe Methode Feld und Gaͤrten zu duͤngen, ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0350" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> kann, ſammeln, ſo muͤhſam verfahren ſie auch bey<lb/> dem Duͤngen ſelbſt. Sie fahren den Miſt weder im<lb/> Winter noch im Sommer auf ihren Acker, daß er, wie<lb/> bey uns, eine geraume Weile liegen bleibt, und von<lb/> der Sonnenhitze austrocknet, oder doch ſeine Kraft<lb/> verliert, indem die ſalzigen und oelichten Theile aus-<lb/> duͤnſten; ſondern ſie vermiſchen mehrere Arten Miſt, von<lb/> Menſchen und Vieh, wie auch alles was in der Kuͤche<lb/> abfaͤllt, mit Waſſer und Urin, und ruͤhren es zu einem<lb/> ganz duͤnnen Brey durcheinander. So zugerichtet tragen<lb/> ſie ihn, in zwey großen Eimern die an einem Holze<lb/> uͤber der Schulter hangen, auf den Acker oder in den<lb/> Garten und begießen damit, vermittelſt einer Kelle<lb/> die Saat oder Gewaͤchſe, zu zwey verſchiedenen ma-<lb/> len, das erſtemal wenn ſie ungefehr eine Vier-<lb/> telelle hoch ſind, und nach Verlauf von ein paar<lb/> Wochen zum zweytenmale. Auf dieſe Art haben Saat<lb/> und Gewaͤchſe den ganzen Nutzen davon, und die<lb/> beſte Kraft zieht ſogleich in die Wurzel. Man ſteht vor<lb/> Erſtaunen ſtill, wenn man ſieht wie unverdroſſen die<lb/> Leute dieſe eckelhafte Arbeit verrichten.</p><lb/> <p>Dieſe Methode Feld und Gaͤrten zu duͤngen, ver-<lb/> ſchaft auch den Vortheil, daß alles von Unkraut rein<lb/> bleibt, und wenn ja Unkraut hervorkommt, ſo wird es<lb/> gleich aufs ſorgfaͤltigſte ausgejaͤtet. Daher kommts<lb/> denn, daß die Aecker und Gaͤrten ſo ganz leer von allem<lb/> Unkraute ſind, daß der ſcharfſichtigſte Botaniker ſchwer-<lb/> lich ein einziges fremdes Kraut unter der Saat oder<lb/> zwiſchen den Gewaͤchſen entdecken wird. Ein Reiſen-<lb/> der, der dies nicht wuͤßte, wuͤrde ſich leicht einbilden<lb/> koͤnnen, <placeName>Japan</placeName> erzeuge gar nichts von dem, was man<lb/> Unkraut nennt.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0350]
Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
kann, ſammeln, ſo muͤhſam verfahren ſie auch bey
dem Duͤngen ſelbſt. Sie fahren den Miſt weder im
Winter noch im Sommer auf ihren Acker, daß er, wie
bey uns, eine geraume Weile liegen bleibt, und von
der Sonnenhitze austrocknet, oder doch ſeine Kraft
verliert, indem die ſalzigen und oelichten Theile aus-
duͤnſten; ſondern ſie vermiſchen mehrere Arten Miſt, von
Menſchen und Vieh, wie auch alles was in der Kuͤche
abfaͤllt, mit Waſſer und Urin, und ruͤhren es zu einem
ganz duͤnnen Brey durcheinander. So zugerichtet tragen
ſie ihn, in zwey großen Eimern die an einem Holze
uͤber der Schulter hangen, auf den Acker oder in den
Garten und begießen damit, vermittelſt einer Kelle
die Saat oder Gewaͤchſe, zu zwey verſchiedenen ma-
len, das erſtemal wenn ſie ungefehr eine Vier-
telelle hoch ſind, und nach Verlauf von ein paar
Wochen zum zweytenmale. Auf dieſe Art haben Saat
und Gewaͤchſe den ganzen Nutzen davon, und die
beſte Kraft zieht ſogleich in die Wurzel. Man ſteht vor
Erſtaunen ſtill, wenn man ſieht wie unverdroſſen die
Leute dieſe eckelhafte Arbeit verrichten.
Dieſe Methode Feld und Gaͤrten zu duͤngen, ver-
ſchaft auch den Vortheil, daß alles von Unkraut rein
bleibt, und wenn ja Unkraut hervorkommt, ſo wird es
gleich aufs ſorgfaͤltigſte ausgejaͤtet. Daher kommts
denn, daß die Aecker und Gaͤrten ſo ganz leer von allem
Unkraute ſind, daß der ſcharfſichtigſte Botaniker ſchwer-
lich ein einziges fremdes Kraut unter der Saat oder
zwiſchen den Gewaͤchſen entdecken wird. Ein Reiſen-
der, der dies nicht wuͤßte, wuͤrde ſich leicht einbilden
koͤnnen, Japan erzeuge gar nichts von dem, was man
Unkraut nennt.
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