Pflug und Egge gebraucht man in Japan wenig. Das meiste Land, auch das Feld, wird, und zwar sehr fein und locker, umgegraben. Welchen Nutzen dies hat, darf ich nicht erinnern. Ueberhaupt bringt bey der Art, wie die Japaner ihren Acker bearbeiten, ein kleiner Platz eben so viel, als in Europa ein weit grös- serer, ein. Zum Graben gebraucht man einen etwas gekrümmten, einen Fuß langen und eine Hand breiten Spaden. Der Pflug wird von einer Kuh oder einem Ochsen gezogen.
Wenn der Bauer sein Feld umgräbt, oder pflügt, folgt ihm allezeit eine Parthey schöne, weißliche Rei- her (Ardea) nach, welche die mit aufgegrabenen Wür- mer und anderes Ungeziefer, auflesen; Solchergestalt kön- nen auch diese der Saat und den Gewächsen nichts scha- den. Diese Reiher sind ganz zahm, und um des Nutzens willen, den sie stiften, thut ihnen niemand et- was zu Leide.
Von Hecken, Zäunen, Feldmauren und andern Befriedigungen des Ackers, weiß man hier nichts. Alles liegt frey und offen. Vieh, keiner Art geht draussen, kann also auch nichts beschädigen. Von den Wegen abweichen, und über den Acker fahren, oder gehen, würde sich hier niemand unterstehen. Der Platz, welchen der Zaun, oder dergleichen einnehmen würde, wird also auch benutzt.
Die vornehmste Getreideart ist Reis. Buch- weitzen, Rocken, Gersten und Weitzen, wird wenig gesäet.
Das Land, worauf Reis gepflanzt werden soll, fängt der Landmann schon im April an umzugraben. Es steht alsdenn beynahe ganz und gar unter Wasser,
Von der Landwirthſchaft der Japaner.
Pflug und Egge gebraucht man in Japan wenig. Das meiſte Land, auch das Feld, wird, und zwar ſehr fein und locker, umgegraben. Welchen Nutzen dies hat, darf ich nicht erinnern. Ueberhaupt bringt bey der Art, wie die Japaner ihren Acker bearbeiten, ein kleiner Platz eben ſo viel, als in Europa ein weit groͤſ- ſerer, ein. Zum Graben gebraucht man einen etwas gekruͤmmten, einen Fuß langen und eine Hand breiten Spaden. Der Pflug wird von einer Kuh oder einem Ochſen gezogen.
Wenn der Bauer ſein Feld umgraͤbt, oder pfluͤgt, folgt ihm allezeit eine Parthey ſchoͤne, weißliche Rei- her (Ardea) nach, welche die mit aufgegrabenen Wuͤr- mer und anderes Ungeziefer, aufleſen; Solchergeſtalt koͤn- nen auch dieſe der Saat und den Gewaͤchſen nichts ſcha- den. Dieſe Reiher ſind ganz zahm, und um des Nutzens willen, den ſie ſtiften, thut ihnen niemand et- was zu Leide.
Von Hecken, Zaͤunen, Feldmauren und andern Befriedigungen des Ackers, weiß man hier nichts. Alles liegt frey und offen. Vieh, keiner Art geht drauſſen, kann alſo auch nichts beſchaͤdigen. Von den Wegen abweichen, und uͤber den Acker fahren, oder gehen, wuͤrde ſich hier niemand unterſtehen. Der Platz, welchen der Zaun, oder dergleichen einnehmen wuͤrde, wird alſo auch benutzt.
Die vornehmſte Getreideart iſt Reis. Buch- weitzen, Rocken, Gerſten und Weitzen, wird wenig geſaͤet.
Das Land, worauf Reis gepflanzt werden ſoll, faͤngt der Landmann ſchon im April an umzugraben. Es ſteht alsdenn beynahe ganz und gar unter Waſſer,
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Von der Landwirthſchaft der Japaner.
Pflug und Egge gebraucht man in Japan wenig.
Das meiſte Land, auch das Feld, wird, und zwar ſehr
fein und locker, umgegraben. Welchen Nutzen dies
hat, darf ich nicht erinnern. Ueberhaupt bringt bey
der Art, wie die Japaner ihren Acker bearbeiten, ein
kleiner Platz eben ſo viel, als in Europa ein weit groͤſ-
ſerer, ein. Zum Graben gebraucht man einen etwas
gekruͤmmten, einen Fuß langen und eine Hand breiten
Spaden. Der Pflug wird von einer Kuh oder einem
Ochſen gezogen.
Wenn der Bauer ſein Feld umgraͤbt, oder pfluͤgt,
folgt ihm allezeit eine Parthey ſchoͤne, weißliche Rei-
her (Ardea) nach, welche die mit aufgegrabenen Wuͤr-
mer und anderes Ungeziefer, aufleſen; Solchergeſtalt koͤn-
nen auch dieſe der Saat und den Gewaͤchſen nichts ſcha-
den. Dieſe Reiher ſind ganz zahm, und um des
Nutzens willen, den ſie ſtiften, thut ihnen niemand et-
was zu Leide.
Von Hecken, Zaͤunen, Feldmauren und andern
Befriedigungen des Ackers, weiß man hier nichts.
Alles liegt frey und offen. Vieh, keiner Art geht
drauſſen, kann alſo auch nichts beſchaͤdigen. Von
den Wegen abweichen, und uͤber den Acker fahren,
oder gehen, wuͤrde ſich hier niemand unterſtehen. Der
Platz, welchen der Zaun, oder dergleichen einnehmen
wuͤrde, wird alſo auch benutzt.
Die vornehmſte Getreideart iſt Reis. Buch-
weitzen, Rocken, Gerſten und Weitzen, wird wenig
geſaͤet.
Das Land, worauf Reis gepflanzt werden ſoll,
faͤngt der Landmann ſchon im April an umzugraben.
Es ſteht alsdenn beynahe ganz und gar unter Waſſer,
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/351>, abgerufen am 24.11.2024.
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