Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyte Reise innerhalb Java.
seyn sollen. Wenn sie aber die Religion ändern und
sich beschneiden lassen, ist es ihnen erlaubt. Nichts-
destoweniger sind sehr viele von ihnen mit Javanerinnen
verheirathet, obgleich die Töchter der Chineser keinen
Javaner heirathen dürfen. Auch dürfen die Chineser
hier nicht, wie in China, ihre Frauen einsperren
oder ihnen die Füße verunstalten. Die hiesigen Chi-
neser tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken
Sohlen, die inwendig mit verschiednen Lagen Hut-
filz überlegt sind, damit kein Wasser eindringen, und
die Füße nicht naß werden können; diese Pantoffeln
sind aber, so wie ihre Stiefeln, die eben so eingerich-
tet sind, unbequem und schwer.

Während der übrigen Zeit meines hiesigen Auf-
enthalts, besuchte ich fleißig das Hospital. In dieser
Anstalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem-
ungeachtet sterben sie in großer Menge. Die Anzahl
der Verstorbnen hat sich fast jährlich vermehrt, und
zwar in den letzten Zeiten vorzüglich dadurch, daß
die Kanäle, welche das Wasser durch die Stadt leiten,
nicht gehörig rein gehalten werden. Mit dieser Un-
ordnung geht es so weit, daß die Chineser nicht nur
den Abfall von Grünigkeiten und Gartengewächsen,
sondern oft todtes Vieh in die Canäle werfen, wel-
ches ich nicht selten selbst gesehen habe. Besonders hat
diese schlimme Gewohnheit überhand genommen, seit-
dem die Vornehmen angefangen haben, Lusthäuser
und Gärten vor der Stadt anzulegen, und sogar
ausserhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis-
ten ersah ich unter andern das Verzeichniß der im
Hospitale von Jahr zu Jahr verstorbnen Europäer.
Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.


Zweyte Reiſe innerhalb Java.
ſeyn ſollen. Wenn ſie aber die Religion aͤndern und
ſich beſchneiden laſſen, iſt es ihnen erlaubt. Nichts-
deſtoweniger ſind ſehr viele von ihnen mit Javanerinnen
verheirathet, obgleich die Toͤchter der Chineſer keinen
Javaner heirathen duͤrfen. Auch duͤrfen die Chineſer
hier nicht, wie in China, ihre Frauen einſperren
oder ihnen die Fuͤße verunſtalten. Die hieſigen Chi-
neſer tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken
Sohlen, die inwendig mit verſchiednen Lagen Hut-
filz uͤberlegt ſind, damit kein Waſſer eindringen, und
die Fuͤße nicht naß werden koͤnnen; dieſe Pantoffeln
ſind aber, ſo wie ihre Stiefeln, die eben ſo eingerich-
tet ſind, unbequem und ſchwer.

Waͤhrend der uͤbrigen Zeit meines hieſigen Auf-
enthalts, beſuchte ich fleißig das Hoſpital. In dieſer
Anſtalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem-
ungeachtet ſterben ſie in großer Menge. Die Anzahl
der Verſtorbnen hat ſich faſt jaͤhrlich vermehrt, und
zwar in den letzten Zeiten vorzuͤglich dadurch, daß
die Kanaͤle, welche das Waſſer durch die Stadt leiten,
nicht gehoͤrig rein gehalten werden. Mit dieſer Un-
ordnung geht es ſo weit, daß die Chineſer nicht nur
den Abfall von Gruͤnigkeiten und Gartengewaͤchſen,
ſondern oft todtes Vieh in die Canaͤle werfen, wel-
ches ich nicht ſelten ſelbſt geſehen habe. Beſonders hat
dieſe ſchlimme Gewohnheit uͤberhand genommen, ſeit-
dem die Vornehmen angefangen haben, Luſthaͤuſer
und Gaͤrten vor der Stadt anzulegen, und ſogar
auſſerhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis-
ten erſah ich unter andern das Verzeichniß der im
Hoſpitale von Jahr zu Jahr verſtorbnen Europaͤer.
Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0453" n="157"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweyte Rei&#x017F;e innerhalb <placeName>Java</placeName>.</hi></fw><lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;ollen. Wenn &#x017F;ie aber die Religion a&#x0364;ndern und<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;chneiden <choice><sic>la&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t,</sic><corr>la&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t</corr></choice> es ihnen erlaubt. Nichts-<lb/>
de&#x017F;toweniger &#x017F;ind &#x017F;ehr viele von ihnen mit Javanerinnen<lb/>
verheirathet, obgleich die To&#x0364;chter der Chine&#x017F;er keinen<lb/>
Javaner heirathen du&#x0364;rfen. Auch du&#x0364;rfen die Chine&#x017F;er<lb/>
hier nicht, wie in <placeName>China</placeName>, ihre Frauen ein&#x017F;perren<lb/>
oder ihnen die Fu&#x0364;ße verun&#x017F;talten. Die hie&#x017F;igen Chi-<lb/>
ne&#x017F;er tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken<lb/>
Sohlen, die inwendig mit ver&#x017F;chiednen Lagen Hut-<lb/>
filz u&#x0364;berlegt &#x017F;ind, damit kein Wa&#x017F;&#x017F;er eindringen, und<lb/>
die Fu&#x0364;ße nicht naß werden ko&#x0364;nnen; die&#x017F;e Pantoffeln<lb/>
&#x017F;ind aber, &#x017F;o wie ihre Stiefeln, die eben &#x017F;o eingerich-<lb/>
tet &#x017F;ind, unbequem und &#x017F;chwer.</p><lb/>
            <p>Wa&#x0364;hrend der u&#x0364;brigen Zeit meines hie&#x017F;igen Auf-<lb/>
enthalts, be&#x017F;uchte ich fleißig das Ho&#x017F;pital. In die&#x017F;er<lb/>
An&#x017F;talt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem-<lb/>
ungeachtet &#x017F;terben &#x017F;ie in großer Menge. Die Anzahl<lb/>
der Ver&#x017F;torbnen hat &#x017F;ich fa&#x017F;t ja&#x0364;hrlich vermehrt, und<lb/>
zwar in den letzten Zeiten vorzu&#x0364;glich dadurch, daß<lb/>
die Kana&#x0364;le, welche das Wa&#x017F;&#x017F;er durch die Stadt leiten,<lb/>
nicht geho&#x0364;rig rein gehalten werden. Mit die&#x017F;er Un-<lb/>
ordnung geht es &#x017F;o weit, daß die Chine&#x017F;er nicht nur<lb/>
den Abfall von Gru&#x0364;nigkeiten und Gartengewa&#x0364;ch&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ondern oft todtes Vieh in die Cana&#x0364;le werfen, wel-<lb/>
ches ich nicht &#x017F;elten &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehen habe. Be&#x017F;onders hat<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;chlimme Gewohnheit u&#x0364;berhand genommen, &#x017F;eit-<lb/>
dem die Vornehmen angefangen haben, Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
und Ga&#x0364;rten vor der Stadt anzulegen, und &#x017F;ogar<lb/>
au&#x017F;&#x017F;erhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis-<lb/>
ten er&#x017F;ah ich unter andern das Verzeichniß der im<lb/>
Ho&#x017F;pitale von Jahr zu Jahr ver&#x017F;torbnen Europa&#x0364;er.<lb/>
Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0453] Zweyte Reiſe innerhalb Java. ſeyn ſollen. Wenn ſie aber die Religion aͤndern und ſich beſchneiden laſſen, iſt es ihnen erlaubt. Nichts- deſtoweniger ſind ſehr viele von ihnen mit Javanerinnen verheirathet, obgleich die Toͤchter der Chineſer keinen Javaner heirathen duͤrfen. Auch duͤrfen die Chineſer hier nicht, wie in China, ihre Frauen einſperren oder ihnen die Fuͤße verunſtalten. Die hieſigen Chi- neſer tragen Pantoffeln mit Hinterleder und dicken Sohlen, die inwendig mit verſchiednen Lagen Hut- filz uͤberlegt ſind, damit kein Waſſer eindringen, und die Fuͤße nicht naß werden koͤnnen; dieſe Pantoffeln ſind aber, ſo wie ihre Stiefeln, die eben ſo eingerich- tet ſind, unbequem und ſchwer. Waͤhrend der uͤbrigen Zeit meines hieſigen Auf- enthalts, beſuchte ich fleißig das Hoſpital. In dieſer Anſtalt werden die Kranken zwar gut behandelt, dem- ungeachtet ſterben ſie in großer Menge. Die Anzahl der Verſtorbnen hat ſich faſt jaͤhrlich vermehrt, und zwar in den letzten Zeiten vorzuͤglich dadurch, daß die Kanaͤle, welche das Waſſer durch die Stadt leiten, nicht gehoͤrig rein gehalten werden. Mit dieſer Un- ordnung geht es ſo weit, daß die Chineſer nicht nur den Abfall von Gruͤnigkeiten und Gartengewaͤchſen, ſondern oft todtes Vieh in die Canaͤle werfen, wel- ches ich nicht ſelten ſelbſt geſehen habe. Beſonders hat dieſe ſchlimme Gewohnheit uͤberhand genommen, ſeit- dem die Vornehmen angefangen haben, Luſthaͤuſer und Gaͤrten vor der Stadt anzulegen, und ſogar auſſerhalb der Stadt zu wohnen. Aus den Sterbelis- ten erſah ich unter andern das Verzeichniß der im Hoſpitale von Jahr zu Jahr verſtorbnen Europaͤer. Ich will es hier vom Jahre 1714 an mittheilen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/453
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/453>, abgerufen am 22.11.2024.