Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste Abtheilung.
da denn die Japaner es entdeckt, und in den Hafen von
Nangasaki bogsiert hatten. Da hatten diese nun alle
Ecken und Winkel durchsucht, und eine Menge, den vor-
nehmsten Officieren gehörende, mit den am schärfsten
verbothnen Waaren angefüllte, und mit ihren Nahmen
bezeichnete Kisten entdeckt. Besonders waren sie über
eine dem Chef zugehörige Kiste aufgebracht worden, die
mit falschem Som, oder Ginsengwurzel, welche durch-
aus nicht eingeführt werden darf, angefüllt war, und
daher außerhalb des Wasserthors der Factorey mit allem,
was sie enthielt, verbrannt wurde. Außerdem, daß
es für den Chef ein Schimpf ist, visitirt zu werden, ver-
lieren der Schiffs-Capitain und alle Officiere jährlich ei-
nen beträchtlichen Gewinn auf ihre Waaren, und der
erstere auch noch eine ansehnliche Summe dafür, daß er
die Waaren der letzteren mitnahm. Vor diesem hatte
der Capitain nicht nur den weiten Oberrock, sondern
auch große weite Hosen an, die ebenfalls mit Contreban-
de angefüllt waren, aber diese waren verdächtig gewor-
den, und man hatte sie schon vor mehreren Jahren able-
gen müssen; nun mußte man den Rock, diese letzte Zu-
flucht, auch fahren lassen. Uebrigens sah es gar lächer-
lich aus, wie die meisten Japaner unsern, nunmehr an
Dicke den gewöhnlichen Menschen ähnlichen Capitain
mit vieler Verwunderung ansahen, da sie sich vorher immer
eingebildet hatten, alle unsre Schiffs-Capitaine wären so
dick und fett, als sie sie zu sehen gewohnt waren.

Kaum war das Schiff vor Anker gelegt, und Nan-
gasaki
von unsern Kanonen begrüßt, als zwey Japanische
Oberbeamte (Banjosen) und einige Unterbeamte (Un-
terbanjosen) nebst Dolmetschern und Bedienten an Bord
kamen. Die Banjosen nahmen ihren Platz auf der auf-
geschlagnen Bettstelle ein, worauf eine dicke Japanische

Erſte Abtheilung.
da denn die Japaner es entdeckt, und in den Hafen von
Nangaſaki bogſiert hatten. Da hatten dieſe nun alle
Ecken und Winkel durchſucht, und eine Menge, den vor-
nehmſten Officieren gehoͤrende, mit den am ſchaͤrfſten
verbothnen Waaren angefuͤllte, und mit ihren Nahmen
bezeichnete Kiſten entdeckt. Beſonders waren ſie uͤber
eine dem Chef zugehoͤrige Kiſte aufgebracht worden, die
mit falſchem Som, oder Ginſengwurzel, welche durch-
aus nicht eingefuͤhrt werden darf, angefuͤllt war, und
daher außerhalb des Waſſerthors der Factorey mit allem,
was ſie enthielt, verbrannt wurde. Außerdem, daß
es fuͤr den Chef ein Schimpf iſt, viſitirt zu werden, ver-
lieren der Schiffs-Capitain und alle Officiere jaͤhrlich ei-
nen betraͤchtlichen Gewinn auf ihre Waaren, und der
erſtere auch noch eine anſehnliche Summe dafuͤr, daß er
die Waaren der letzteren mitnahm. Vor dieſem hatte
der Capitain nicht nur den weiten Oberrock, ſondern
auch große weite Hoſen an, die ebenfalls mit Contreban-
de angefuͤllt waren, aber dieſe waren verdaͤchtig gewor-
den, und man hatte ſie ſchon vor mehreren Jahren able-
gen muͤſſen; nun mußte man den Rock, dieſe letzte Zu-
flucht, auch fahren laſſen. Uebrigens ſah es gar laͤcher-
lich aus, wie die meiſten Japaner unſern, nunmehr an
Dicke den gewoͤhnlichen Menſchen aͤhnlichen Capitain
mit vieler Verwunderung anſahen, da ſie ſich vorher immer
eingebildet hatten, alle unſre Schiffs-Capitaine waͤren ſo
dick und fett, als ſie ſie zu ſehen gewohnt waren.

Kaum war das Schiff vor Anker gelegt, und Nan-
gaſaki
von unſern Kanonen begruͤßt, als zwey Japaniſche
Oberbeamte (Banjoſen) und einige Unterbeamte (Un-
terbanjoſen) nebſt Dolmetſchern und Bedienten an Bord
kamen. Die Banjoſen nahmen ihren Platz auf der auf-
geſchlagnen Bettſtelle ein, worauf eine dicke Japaniſche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0046" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;te Abtheilung.</hi></fw><lb/>
da denn die Japaner es entdeckt, und in den Hafen von<lb/><placeName>Nanga&#x017F;aki</placeName> bog&#x017F;iert hatten. Da hatten die&#x017F;e nun alle<lb/>
Ecken und Winkel durch&#x017F;ucht, und eine Menge, den vor-<lb/>
nehm&#x017F;ten Officieren geho&#x0364;rende, mit den am &#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten<lb/>
verbothnen Waaren angefu&#x0364;llte, und mit ihren Nahmen<lb/>
bezeichnete Ki&#x017F;ten entdeckt. Be&#x017F;onders waren &#x017F;ie u&#x0364;ber<lb/>
eine dem Chef zugeho&#x0364;rige Ki&#x017F;te aufgebracht worden, die<lb/>
mit fal&#x017F;chem Som, oder Gin&#x017F;engwurzel, welche durch-<lb/>
aus nicht eingefu&#x0364;hrt werden darf, angefu&#x0364;llt war, und<lb/>
daher außerhalb des Wa&#x017F;&#x017F;erthors der Factorey mit allem,<lb/>
was &#x017F;ie enthielt, verbrannt wurde. Außerdem, daß<lb/>
es fu&#x0364;r den Chef ein Schimpf i&#x017F;t, vi&#x017F;itirt zu werden, ver-<lb/>
lieren der Schiffs-Capitain und alle Officiere ja&#x0364;hrlich ei-<lb/>
nen betra&#x0364;chtlichen Gewinn auf ihre Waaren, und der<lb/>
er&#x017F;tere auch noch eine an&#x017F;ehnliche Summe dafu&#x0364;r, daß er<lb/>
die Waaren der letzteren mitnahm. Vor die&#x017F;em hatte<lb/>
der Capitain nicht nur den weiten Oberrock, &#x017F;ondern<lb/>
auch große weite Ho&#x017F;en an, die ebenfalls mit Contreban-<lb/>
de angefu&#x0364;llt waren, aber die&#x017F;e waren verda&#x0364;chtig gewor-<lb/>
den, und man hatte &#x017F;ie &#x017F;chon vor mehreren Jahren able-<lb/>
gen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; nun mußte man den Rock, die&#x017F;e letzte Zu-<lb/>
flucht, auch fahren la&#x017F;&#x017F;en. Uebrigens &#x017F;ah es gar la&#x0364;cher-<lb/>
lich aus, wie die mei&#x017F;ten Japaner un&#x017F;ern, nunmehr an<lb/>
Dicke den gewo&#x0364;hnlichen Men&#x017F;chen a&#x0364;hnlichen Capitain<lb/>
mit vieler Verwunderung an&#x017F;ahen, da &#x017F;ie &#x017F;ich vorher immer<lb/>
eingebildet hatten, alle un&#x017F;re Schiffs-Capitaine wa&#x0364;ren &#x017F;o<lb/>
dick und fett, als &#x017F;ie &#x017F;ie zu &#x017F;ehen gewohnt waren.</p><lb/>
        <p>Kaum war das Schiff vor Anker gelegt, und <placeName>Nan-<lb/>
ga&#x017F;aki</placeName> von un&#x017F;ern Kanonen begru&#x0364;ßt, als zwey Japani&#x017F;che<lb/>
Oberbeamte (Banjo&#x017F;en) und einige Unterbeamte (Un-<lb/>
terbanjo&#x017F;en) neb&#x017F;t Dolmet&#x017F;chern und Bedienten an Bord<lb/>
kamen. Die Banjo&#x017F;en nahmen ihren Platz auf der auf-<lb/>
ge&#x017F;chlagnen Bett&#x017F;telle ein, worauf eine dicke Japani&#x017F;che<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0046] Erſte Abtheilung. da denn die Japaner es entdeckt, und in den Hafen von Nangaſaki bogſiert hatten. Da hatten dieſe nun alle Ecken und Winkel durchſucht, und eine Menge, den vor- nehmſten Officieren gehoͤrende, mit den am ſchaͤrfſten verbothnen Waaren angefuͤllte, und mit ihren Nahmen bezeichnete Kiſten entdeckt. Beſonders waren ſie uͤber eine dem Chef zugehoͤrige Kiſte aufgebracht worden, die mit falſchem Som, oder Ginſengwurzel, welche durch- aus nicht eingefuͤhrt werden darf, angefuͤllt war, und daher außerhalb des Waſſerthors der Factorey mit allem, was ſie enthielt, verbrannt wurde. Außerdem, daß es fuͤr den Chef ein Schimpf iſt, viſitirt zu werden, ver- lieren der Schiffs-Capitain und alle Officiere jaͤhrlich ei- nen betraͤchtlichen Gewinn auf ihre Waaren, und der erſtere auch noch eine anſehnliche Summe dafuͤr, daß er die Waaren der letzteren mitnahm. Vor dieſem hatte der Capitain nicht nur den weiten Oberrock, ſondern auch große weite Hoſen an, die ebenfalls mit Contreban- de angefuͤllt waren, aber dieſe waren verdaͤchtig gewor- den, und man hatte ſie ſchon vor mehreren Jahren able- gen muͤſſen; nun mußte man den Rock, dieſe letzte Zu- flucht, auch fahren laſſen. Uebrigens ſah es gar laͤcher- lich aus, wie die meiſten Japaner unſern, nunmehr an Dicke den gewoͤhnlichen Menſchen aͤhnlichen Capitain mit vieler Verwunderung anſahen, da ſie ſich vorher immer eingebildet hatten, alle unſre Schiffs-Capitaine waͤren ſo dick und fett, als ſie ſie zu ſehen gewohnt waren. Kaum war das Schiff vor Anker gelegt, und Nan- gaſaki von unſern Kanonen begruͤßt, als zwey Japaniſche Oberbeamte (Banjoſen) und einige Unterbeamte (Un- terbanjoſen) nebſt Dolmetſchern und Bedienten an Bord kamen. Die Banjoſen nahmen ihren Platz auf der auf- geſchlagnen Bettſtelle ein, worauf eine dicke Japaniſche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/46
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/46>, abgerufen am 29.04.2024.