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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Religion, Sitten, Sprache etc. der Ceyloner.
selben das Loch im Ohre und der Ohrlappen gar sehr
verlängert wird, und das Ohr wohl bis auf die Schul-
ter herabreicht. Viele lassen in diese Ohrringe, eine
kleine runde, mit kleinen rundlichen Erhabenheiten be-
setzte Frucht fassen, die der Sage nach, auf einem hei-
ligen Berge im Lande Kaschi wächst. Die Frucht heißt
Uteratie, und ist gemeiniglich so groß, wie eine kleine
Erbse, manchmal aber auch wohl wie eine Flintenku-
gel. Einige glauben in den Löchern und Falten der-
selben gleichsam sieben menschliche Gesichte zu sehen;
alsdenn ist sie von hohem Werth, und wird von den
Vornehmen und Reichen mit zweyhundert Thalern be-
zahlt. Sobald die Kinder drey Jahr alt sind, wird
ihnen ein kleiner Ohrring zum Schmuck gegeben. Ei-
gentlich sind es nur die Reichen, welche viele Gehänge
in den Ohren tragen, so, daß man aus der Beschaf-
fenheit, Größe und Menge der Ringe auf den grössern
oder geringern Reichthum derselben schliessen kann.

Unter den mancherley Arten Kattun und Sitse,
die aus Malabar und Coromandel hieher kommen,
schienen mir die von Suratte und Bengalen, und na-
mentlich die letztern, die allerschönsten zu seyn. Von
Tutucorin sah ich auch solche, die nicht gedruckt, son-
dern worauf die Blumen, wie auf Tapeten, mit dem
Pinsel gemahlt waren. Es ist unglaublich, zu welcher
Feinheit die Baumwolle auf den indischen Küsten ge-
sponnen wird. Ich hatte Gelegenheit, baumwollene
Zeuge zu sehen, die so fein waren, daß ich ein halbes
Dutzend Hemden davon in eine Hand ganz von allen
Seiten zusammen fassen konnte.

Auf Ceylon giebt es, so wie in ganz Indien eine
Menge giftiger Thiere, Säfte und Früchte. Dage-
gen sind die Einwohner auch mit sogenannten Gegen-

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Religion, Sitten, Sprache ꝛc. der Ceyloner.
ſelben das Loch im Ohre und der Ohrlappen gar ſehr
verlaͤngert wird, und das Ohr wohl bis auf die Schul-
ter herabreicht. Viele laſſen in dieſe Ohrringe, eine
kleine runde, mit kleinen rundlichen Erhabenheiten be-
ſetzte Frucht faſſen, die der Sage nach, auf einem hei-
ligen Berge im Lande Kaſchi waͤchſt. Die Frucht heißt
Uteratie, und iſt gemeiniglich ſo groß, wie eine kleine
Erbſe, manchmal aber auch wohl wie eine Flintenku-
gel. Einige glauben in den Loͤchern und Falten der-
ſelben gleichſam ſieben menſchliche Geſichte zu ſehen;
alsdenn iſt ſie von hohem Werth, und wird von den
Vornehmen und Reichen mit zweyhundert Thalern be-
zahlt. Sobald die Kinder drey Jahr alt ſind, wird
ihnen ein kleiner Ohrring zum Schmuck gegeben. Ei-
gentlich ſind es nur die Reichen, welche viele Gehaͤnge
in den Ohren tragen, ſo, daß man aus der Beſchaf-
fenheit, Groͤße und Menge der Ringe auf den groͤſſern
oder geringern Reichthum derſelben ſchlieſſen kann.

Unter den mancherley Arten Kattun und Sitſe,
die aus Malabar und Coromandel hieher kommen,
ſchienen mir die von Suratte und Bengalen, und na-
mentlich die letztern, die allerſchoͤnſten zu ſeyn. Von
Tutucorin ſah ich auch ſolche, die nicht gedruckt, ſon-
dern worauf die Blumen, wie auf Tapeten, mit dem
Pinſel gemahlt waren. Es iſt unglaublich, zu welcher
Feinheit die Baumwolle auf den indiſchen Kuͤſten ge-
ſponnen wird. Ich hatte Gelegenheit, baumwollene
Zeuge zu ſehen, die ſo fein waren, daß ich ein halbes
Dutzend Hemden davon in eine Hand ganz von allen
Seiten zuſammen faſſen konnte.

Auf Ceylon giebt es, ſo wie in ganz Indien eine
Menge giftiger Thiere, Saͤfte und Fruͤchte. Dage-
gen ſind die Einwohner auch mit ſogenannten Gegen-

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[233/0529] Religion, Sitten, Sprache ꝛc. der Ceyloner. ſelben das Loch im Ohre und der Ohrlappen gar ſehr verlaͤngert wird, und das Ohr wohl bis auf die Schul- ter herabreicht. Viele laſſen in dieſe Ohrringe, eine kleine runde, mit kleinen rundlichen Erhabenheiten be- ſetzte Frucht faſſen, die der Sage nach, auf einem hei- ligen Berge im Lande Kaſchi waͤchſt. Die Frucht heißt Uteratie, und iſt gemeiniglich ſo groß, wie eine kleine Erbſe, manchmal aber auch wohl wie eine Flintenku- gel. Einige glauben in den Loͤchern und Falten der- ſelben gleichſam ſieben menſchliche Geſichte zu ſehen; alsdenn iſt ſie von hohem Werth, und wird von den Vornehmen und Reichen mit zweyhundert Thalern be- zahlt. Sobald die Kinder drey Jahr alt ſind, wird ihnen ein kleiner Ohrring zum Schmuck gegeben. Ei- gentlich ſind es nur die Reichen, welche viele Gehaͤnge in den Ohren tragen, ſo, daß man aus der Beſchaf- fenheit, Groͤße und Menge der Ringe auf den groͤſſern oder geringern Reichthum derſelben ſchlieſſen kann. Unter den mancherley Arten Kattun und Sitſe, die aus Malabar und Coromandel hieher kommen, ſchienen mir die von Suratte und Bengalen, und na- mentlich die letztern, die allerſchoͤnſten zu ſeyn. Von Tutucorin ſah ich auch ſolche, die nicht gedruckt, ſon- dern worauf die Blumen, wie auf Tapeten, mit dem Pinſel gemahlt waren. Es iſt unglaublich, zu welcher Feinheit die Baumwolle auf den indiſchen Kuͤſten ge- ſponnen wird. Ich hatte Gelegenheit, baumwollene Zeuge zu ſehen, die ſo fein waren, daß ich ein halbes Dutzend Hemden davon in eine Hand ganz von allen Seiten zuſammen faſſen konnte. Auf Ceylon giebt es, ſo wie in ganz Indien eine Menge giftiger Thiere, Saͤfte und Fruͤchte. Dage- gen ſind die Einwohner auch mit ſogenannten Gegen- P 5

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/529>, abgerufen am 22.11.2024.