Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.Fünfte Abtheil. Erster Abschnitt, u. s. w. dem Anschein nach grundehrlicher Mann, an dem ich, aufder ganzen Reise, nicht die geringsten Merkmale wahr- nahm, daß er noch itzt oder zuvor je wahnwitzig gewesen sey. In Rücksicht auf diese Beschuldigung, geschah ihm also unerhörtes Unrecht. Man wird nicht begreifen können, warum die Regierung am Cap gar keine Notiz von dieser Sache genommen, warum sie den Unschuldigen nicht in Freyheit gesetzt und den Bösewicht nicht zur ver- dienten Strafe gezogen habe? Aber leyder habe ich in den sieben Jahren die ich im Dienste der ostindischen Com- pagnie gewesen bin, mehrere Beyspiele von Gewaltthä- tigkeit und eigenmächtigem Verfahren despotischer, schlechtdenkender und brutaler Schiffscapitaine gesehen! Zu diesen letzteren gehörte der Schiffer Klein in vorzüg- lichem Maaße; jeder bey dem ich mich nach ihm erkun- digte, sprach von ihm mit größter Verachtung nicht nur als von einem boshaften und ruchlosen, sondern, was noch unbegreiflicher ist, selbst als von einem im See- dienst ungeschickten Manne! Eine andere Merkwürdigkeit, aber freylich von ge- Zweyter
Fuͤnfte Abtheil. Erſter Abſchnitt, u. ſ. w. dem Anſchein nach grundehrlicher Mann, an dem ich, aufder ganzen Reiſe, nicht die geringſten Merkmale wahr- nahm, daß er noch itzt oder zuvor je wahnwitzig geweſen ſey. In Ruͤckſicht auf dieſe Beſchuldigung, geſchah ihm alſo unerhoͤrtes Unrecht. Man wird nicht begreifen koͤnnen, warum die Regierung am Cap gar keine Notiz von dieſer Sache genommen, warum ſie den Unſchuldigen nicht in Freyheit geſetzt und den Boͤſewicht nicht zur ver- dienten Strafe gezogen habe? Aber leyder habe ich in den ſieben Jahren die ich im Dienſte der oſtindiſchen Com- pagnie geweſen bin, mehrere Beyſpiele von Gewaltthaͤ- tigkeit und eigenmaͤchtigem Verfahren deſpotiſcher, ſchlechtdenkender und brutaler Schiffscapitaine geſehen! Zu dieſen letzteren gehoͤrte der Schiffer Klein in vorzuͤg- lichem Maaße; jeder bey dem ich mich nach ihm erkun- digte, ſprach von ihm mit groͤßter Verachtung nicht nur als von einem boshaften und ruchloſen, ſondern, was noch unbegreiflicher iſt, ſelbſt als von einem im See- dienſt ungeſchickten Manne! Eine andere Merkwuͤrdigkeit, aber freylich von ge- Zweyter
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Fuͤnfte Abtheil. Erſter Abſchnitt, u. ſ. w.
dem Anſchein nach grundehrlicher Mann, an dem ich, auf
der ganzen Reiſe, nicht die geringſten Merkmale wahr-
nahm, daß er noch itzt oder zuvor je wahnwitzig geweſen
ſey. In Ruͤckſicht auf dieſe Beſchuldigung, geſchah
ihm alſo unerhoͤrtes Unrecht. Man wird nicht begreifen
koͤnnen, warum die Regierung am Cap gar keine Notiz
von dieſer Sache genommen, warum ſie den Unſchuldigen
nicht in Freyheit geſetzt und den Boͤſewicht nicht zur ver-
dienten Strafe gezogen habe? Aber leyder habe ich in
den ſieben Jahren die ich im Dienſte der oſtindiſchen Com-
pagnie geweſen bin, mehrere Beyſpiele von Gewaltthaͤ-
tigkeit und eigenmaͤchtigem Verfahren deſpotiſcher,
ſchlechtdenkender und brutaler Schiffscapitaine geſehen!
Zu dieſen letzteren gehoͤrte der Schiffer Klein in vorzuͤg-
lichem Maaße; jeder bey dem ich mich nach ihm erkun-
digte, ſprach von ihm mit groͤßter Verachtung nicht nur
als von einem boshaften und ruchloſen, ſondern, was
noch unbegreiflicher iſt, ſelbſt als von einem im See-
dienſt ungeſchickten Manne!
Eine andere Merkwuͤrdigkeit, aber freylich von ge-
ringerem Belange, die mir waͤhrend der Ruͤckreiſe vom
Cap in meinem Fache vorkam, war, daß ſich in der
Blaſe eines Schweins, das wir von Columbo leben-
dig mitgenommen hatten, beym Schlachten ein kalk-
artiger Stein fand. Er war von der Groͤße einer
Flintenkugel, beynahe rund, allenthalben ſehr uneben
und inwendig dicht, anfangs kaſtanienbraun, wurde
aber, ſo wie er trocknete, allmaͤhlig bleicher.
Zweyter
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