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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Reise von Batavia nach Japan u. s. w.
fährlich er auch seiner Klippen und Sandbänke wegen ist.
Die Portugiesen lehrten sie zuerst den Weg nach Nanga-
saki
, wo sie nunmehr allezeit einlaufen müssen. Anfangs
stieg die Zahl ihrer Kauffahrtey-Schiffe auf hundert bis
zwey hundert, davon jedes mit funfzig Mann und drü-
ber bemannt war. Obgleich die Chineser die nächsten
Nachbaren der Japaner sind, unterscheiden sie sich doch
in verschiednen Stücken von ihnen. Jene tragen Busa-
ronen, oder ein weites Wamms und weite lange Hosen;
diese gehen allezeit in weiten Röcken wie unsre Schlafrö-
cke. Jene brauchen Stiefeln von Leinwand und Schuhe
mit Oberleder; diese gehen mit bloßen Beinen, und haben
nur Socken und Sohlen an. Ihrer beyder Sprache ist
eben so wesentlich verschieden, als ihre Grund-Religion.
Dagegen sind sie einander an Farbe und Bildung gleich;
sie schreiben auf Eine Art, und haben mehrere Reli-
gions-Secten und Sitten gemein. Auch sind von alten
Zeiten her Auswanderungen von China nach Japan ge-
schehen, besonders nach den südlichen Inseln, die Liquejo
heißen, und unter Japanischer Herrschaft stehen, aber
doch dem Kaiser in China jährliche Geschenke geben.

Die Freyheit, deren sie hier ehemahls im Handel
genossen, ist ebenfalls jetzt sehr eingeschränkt, seitdem
man sie im Verdacht hat, sie möchten den katholischen
Missionairen in China ergeben seyn, und seitdem sie die
Unvorsichtigkeit begangen haben, in China gedruckte,
katholische Bücher nach Japan zu bringen. Heutiges
Tages werden sie eben so argwöhnisch und strenge, und in
einigen Rücksichten noch strenger, als die Holländer be-
handelt. Man schließt sie auf eine kleine Insel ein, und
visitirt sie genau, wenn sie kommen und weggehen. In-
dessen haben sie den Vorzug vor den Holländern, daß
sie in der Stadt zur Verrichtung ihres Gottesdienstes ei-

Reiſe von Batavia nach Japan u. ſ. w.
faͤhrlich er auch ſeiner Klippen und Sandbaͤnke wegen iſt.
Die Portugieſen lehrten ſie zuerſt den Weg nach Nanga-
ſaki
, wo ſie nunmehr allezeit einlaufen muͤſſen. Anfangs
ſtieg die Zahl ihrer Kauffahrtey-Schiffe auf hundert bis
zwey hundert, davon jedes mit funfzig Mann und druͤ-
ber bemannt war. Obgleich die Chineſer die naͤchſten
Nachbaren der Japaner ſind, unterſcheiden ſie ſich doch
in verſchiednen Stuͤcken von ihnen. Jene tragen Buſa-
ronen, oder ein weites Wamms und weite lange Hoſen;
dieſe gehen allezeit in weiten Roͤcken wie unſre Schlafroͤ-
cke. Jene brauchen Stiefeln von Leinwand und Schuhe
mit Oberleder; dieſe gehen mit bloßen Beinen, und haben
nur Socken und Sohlen an. Ihrer beyder Sprache iſt
eben ſo weſentlich verſchieden, als ihre Grund-Religion.
Dagegen ſind ſie einander an Farbe und Bildung gleich;
ſie ſchreiben auf Eine Art, und haben mehrere Reli-
gions-Secten und Sitten gemein. Auch ſind von alten
Zeiten her Auswanderungen von China nach Japan ge-
ſchehen, beſonders nach den ſuͤdlichen Inſeln, die Liquejo
heißen, und unter Japaniſcher Herrſchaft ſtehen, aber
doch dem Kaiſer in China jaͤhrliche Geſchenke geben.

Die Freyheit, deren ſie hier ehemahls im Handel
genoſſen, iſt ebenfalls jetzt ſehr eingeſchraͤnkt, ſeitdem
man ſie im Verdacht hat, ſie moͤchten den katholiſchen
Miſſionairen in China ergeben ſeyn, und ſeitdem ſie die
Unvorſichtigkeit begangen haben, in China gedruckte,
katholiſche Buͤcher nach Japan zu bringen. Heutiges
Tages werden ſie eben ſo argwoͤhniſch und ſtrenge, und in
einigen Ruͤckſichten noch ſtrenger, als die Hollaͤnder be-
handelt. Man ſchließt ſie auf eine kleine Inſel ein, und
viſitirt ſie genau, wenn ſie kommen und weggehen. In-
deſſen haben ſie den Vorzug vor den Hollaͤndern, daß
ſie in der Stadt zur Verrichtung ihres Gottesdienſtes ei-

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[57/0091] Reiſe von Batavia nach Japan u. ſ. w. faͤhrlich er auch ſeiner Klippen und Sandbaͤnke wegen iſt. Die Portugieſen lehrten ſie zuerſt den Weg nach Nanga- ſaki, wo ſie nunmehr allezeit einlaufen muͤſſen. Anfangs ſtieg die Zahl ihrer Kauffahrtey-Schiffe auf hundert bis zwey hundert, davon jedes mit funfzig Mann und druͤ- ber bemannt war. Obgleich die Chineſer die naͤchſten Nachbaren der Japaner ſind, unterſcheiden ſie ſich doch in verſchiednen Stuͤcken von ihnen. Jene tragen Buſa- ronen, oder ein weites Wamms und weite lange Hoſen; dieſe gehen allezeit in weiten Roͤcken wie unſre Schlafroͤ- cke. Jene brauchen Stiefeln von Leinwand und Schuhe mit Oberleder; dieſe gehen mit bloßen Beinen, und haben nur Socken und Sohlen an. Ihrer beyder Sprache iſt eben ſo weſentlich verſchieden, als ihre Grund-Religion. Dagegen ſind ſie einander an Farbe und Bildung gleich; ſie ſchreiben auf Eine Art, und haben mehrere Reli- gions-Secten und Sitten gemein. Auch ſind von alten Zeiten her Auswanderungen von China nach Japan ge- ſchehen, beſonders nach den ſuͤdlichen Inſeln, die Liquejo heißen, und unter Japaniſcher Herrſchaft ſtehen, aber doch dem Kaiſer in China jaͤhrliche Geſchenke geben. Die Freyheit, deren ſie hier ehemahls im Handel genoſſen, iſt ebenfalls jetzt ſehr eingeſchraͤnkt, ſeitdem man ſie im Verdacht hat, ſie moͤchten den katholiſchen Miſſionairen in China ergeben ſeyn, und ſeitdem ſie die Unvorſichtigkeit begangen haben, in China gedruckte, katholiſche Buͤcher nach Japan zu bringen. Heutiges Tages werden ſie eben ſo argwoͤhniſch und ſtrenge, und in einigen Ruͤckſichten noch ſtrenger, als die Hollaͤnder be- handelt. Man ſchließt ſie auf eine kleine Inſel ein, und viſitirt ſie genau, wenn ſie kommen und weggehen. In- deſſen haben ſie den Vorzug vor den Hollaͤndern, daß ſie in der Stadt zur Verrichtung ihres Gottesdienſtes ei-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/91>, abgerufen am 16.05.2024.