Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Rose aber gar nicht viel. Aber wenn ein Ge-
mählde gut seyn soll, so muß es doch die Sa-
che, die es nachmachen will, so natürlich nach-
machen, daß man sie selber zu sehn glaubt; aber
das ist bei den übrigen großen Gemählden gar
nicht möglich. So glaub' ich immer, daß die
Mahler aus der römischen Schule, (so heißen
die Gemählde die mir nicht gefallen wollen) kei-
nen recht guten Schulmeister gehabt haben, der
nicht strenge genug mit ihnen umgegangen ist,
oder er hat selber seine Sachen nicht recht ver-
standen, denn sonst würden sie wohl vieles bes-
ser und natürlicher gemacht haben. -- Herr
William hält aber diese Gemählde gerade für
die schönsten, ich glaube aber, daß Herr Rose
daran schuld ist, weil der aus Rom gebür-
tig ist.

An den Statüen finde ich auch nichts beson-
ders; die, welche sich als Antiken ausgeben,
wollen mir gar nicht gefallen, diese sollen viele
tausend Jahre alt seyn, aber das Alter ist viel-
leicht das beste an ihnen; manche sehn auch
schon ganz verfallen und ungesund aus. An
allen diesen Arten von Künsten ist nicht viel, es
sind mit einem Worte brodlose Künste.


Roſe aber gar nicht viel. Aber wenn ein Ge-
maͤhlde gut ſeyn ſoll, ſo muß es doch die Sa-
che, die es nachmachen will, ſo natuͤrlich nach-
machen, daß man ſie ſelber zu ſehn glaubt; aber
das iſt bei den uͤbrigen großen Gemaͤhlden gar
nicht moͤglich. So glaub’ ich immer, daß die
Mahler aus der roͤmiſchen Schule, (ſo heißen
die Gemaͤhlde die mir nicht gefallen wollen) kei-
nen recht guten Schulmeiſter gehabt haben, der
nicht ſtrenge genug mit ihnen umgegangen iſt,
oder er hat ſelber ſeine Sachen nicht recht ver-
ſtanden, denn ſonſt wuͤrden ſie wohl vieles beſ-
ſer und natuͤrlicher gemacht haben. — Herr
William haͤlt aber dieſe Gemaͤhlde gerade fuͤr
die ſchoͤnſten, ich glaube aber, daß Herr Roſe
daran ſchuld iſt, weil der aus Rom gebuͤr-
tig iſt.

An den Statuͤen finde ich auch nichts beſon-
ders; die, welche ſich als Antiken ausgeben,
wollen mir gar nicht gefallen, dieſe ſollen viele
tauſend Jahre alt ſeyn, aber das Alter iſt viel-
leicht das beſte an ihnen; manche ſehn auch
ſchon ganz verfallen und ungeſund aus. An
allen dieſen Arten von Kuͤnſten iſt nicht viel, es
ſind mit einem Worte brodloſe Kuͤnſte.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0234" n="226[224]"/>
Ro&#x017F;e aber gar nicht viel. Aber wenn ein Ge-<lb/>
ma&#x0364;hlde gut &#x017F;eyn &#x017F;oll, &#x017F;o muß es doch die Sa-<lb/>
che, die es nachmachen will, &#x017F;o natu&#x0364;rlich nach-<lb/>
machen, daß man &#x017F;ie &#x017F;elber zu &#x017F;ehn glaubt; aber<lb/>
das i&#x017F;t bei den u&#x0364;brigen großen Gema&#x0364;hlden gar<lb/>
nicht mo&#x0364;glich. So glaub&#x2019; ich immer, daß die<lb/>
Mahler aus der ro&#x0364;mi&#x017F;chen Schule, (&#x017F;o heißen<lb/>
die Gema&#x0364;hlde die mir nicht gefallen wollen) kei-<lb/>
nen recht guten Schulmei&#x017F;ter gehabt haben, der<lb/>
nicht &#x017F;trenge genug mit ihnen umgegangen i&#x017F;t,<lb/>
oder er hat &#x017F;elber &#x017F;eine Sachen nicht recht ver-<lb/>
&#x017F;tanden, denn &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rden &#x017F;ie wohl vieles be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er und natu&#x0364;rlicher gemacht haben. &#x2014; Herr<lb/>
William ha&#x0364;lt aber die&#x017F;e Gema&#x0364;hlde gerade fu&#x0364;r<lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten, ich glaube aber, daß Herr Ro&#x017F;e<lb/>
daran &#x017F;chuld i&#x017F;t, weil der aus Rom gebu&#x0364;r-<lb/>
tig i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>An den Statu&#x0364;en finde ich auch nichts be&#x017F;on-<lb/>
ders; die, welche &#x017F;ich als Antiken ausgeben,<lb/>
wollen mir gar nicht gefallen, die&#x017F;e &#x017F;ollen viele<lb/>
tau&#x017F;end Jahre alt &#x017F;eyn, aber das Alter i&#x017F;t viel-<lb/>
leicht das be&#x017F;te an ihnen; manche &#x017F;ehn auch<lb/>
&#x017F;chon ganz verfallen und unge&#x017F;und aus. An<lb/>
allen die&#x017F;en Arten von Ku&#x0364;n&#x017F;ten i&#x017F;t nicht viel, es<lb/>
&#x017F;ind mit einem Worte brodlo&#x017F;e Ku&#x0364;n&#x017F;te.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226[224]/0234] Roſe aber gar nicht viel. Aber wenn ein Ge- maͤhlde gut ſeyn ſoll, ſo muß es doch die Sa- che, die es nachmachen will, ſo natuͤrlich nach- machen, daß man ſie ſelber zu ſehn glaubt; aber das iſt bei den uͤbrigen großen Gemaͤhlden gar nicht moͤglich. So glaub’ ich immer, daß die Mahler aus der roͤmiſchen Schule, (ſo heißen die Gemaͤhlde die mir nicht gefallen wollen) kei- nen recht guten Schulmeiſter gehabt haben, der nicht ſtrenge genug mit ihnen umgegangen iſt, oder er hat ſelber ſeine Sachen nicht recht ver- ſtanden, denn ſonſt wuͤrden ſie wohl vieles beſ- ſer und natuͤrlicher gemacht haben. — Herr William haͤlt aber dieſe Gemaͤhlde gerade fuͤr die ſchoͤnſten, ich glaube aber, daß Herr Roſe daran ſchuld iſt, weil der aus Rom gebuͤr- tig iſt. An den Statuͤen finde ich auch nichts beſon- ders; die, welche ſich als Antiken ausgeben, wollen mir gar nicht gefallen, dieſe ſollen viele tauſend Jahre alt ſeyn, aber das Alter iſt viel- leicht das beſte an ihnen; manche ſehn auch ſchon ganz verfallen und ungeſund aus. An allen dieſen Arten von Kuͤnſten iſt nicht viel, es ſind mit einem Worte brodloſe Kuͤnſte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/234
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 226[224]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/234>, abgerufen am 21.11.2024.