Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

mit vielen Lobeserhebungen spreche. -- Ich
glaubte meines Glücks schon gewiß zu seyn, ich
machte hundert Entwürfe, ich dankte Waterloo
wie ein entzückter Liebhaber, ich schwur, daß ich
ihn mehr als meinen Vater, oder jeden andern
Menschen liebe. -- Meine Zuneigung für Lady
Milford fing sich itzt an öffentlicher zu zeigen,
ich war weniger scheu und zurückhaltend, meine
Liebe ward erwiedert, ich war der glücklichste
Mensch unter der Sonne.

Plötzlich ward meine Freude durch einen
Schlag unterbrochen, der für mich desto schreck-
licher war, je weniger ich ihn erwartet hatte.
Ich erhielt an einem Morgen ein Billet vom
Lord Milford, worinn er mich in wenigen Wor-
ten bat, ich möchte künftig aus Ursachen, die
er mir itzt nicht deutlich machen könne, sein
Haus vermeiden. -- Ich stand lange wie be-
täubt, ich konnte mich kaum von der Wirklich-
keit dessen, was ich las, überzeugen. Ich such-
te hundert Ursachen zu entdecken, die diesen
Schritt hervorgebracht hätten, aber keine war
befriedigend; ich ritt eiligst nach dem Landgute
Milfords, um mit ihm selber zu sprechen, um
mir dies Räthsel erklären zu lassen, aber ich

mit vielen Lobeserhebungen ſpreche. — Ich
glaubte meines Gluͤcks ſchon gewiß zu ſeyn, ich
machte hundert Entwuͤrfe, ich dankte Waterloo
wie ein entzuͤckter Liebhaber, ich ſchwur, daß ich
ihn mehr als meinen Vater, oder jeden andern
Menſchen liebe. — Meine Zuneigung fuͤr Lady
Milford fing ſich itzt an oͤffentlicher zu zeigen,
ich war weniger ſcheu und zuruͤckhaltend, meine
Liebe ward erwiedert, ich war der gluͤcklichſte
Menſch unter der Sonne.

Ploͤtzlich ward meine Freude durch einen
Schlag unterbrochen, der fuͤr mich deſto ſchreck-
licher war, je weniger ich ihn erwartet hatte.
Ich erhielt an einem Morgen ein Billet vom
Lord Milford, worinn er mich in wenigen Wor-
ten bat, ich moͤchte kuͤnftig aus Urſachen, die
er mir itzt nicht deutlich machen koͤnne, ſein
Haus vermeiden. — Ich ſtand lange wie be-
taͤubt, ich konnte mich kaum von der Wirklich-
keit deſſen, was ich las, uͤberzeugen. Ich ſuch-
te hundert Urſachen zu entdecken, die dieſen
Schritt hervorgebracht haͤtten, aber keine war
befriedigend; ich ritt eiligſt nach dem Landgute
Milfords, um mit ihm ſelber zu ſprechen, um
mir dies Raͤthſel erklaͤren zu laſſen, aber ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0260" n="252[250]"/>
mit vielen Lobeserhebungen &#x017F;preche. &#x2014; Ich<lb/>
glaubte meines Glu&#x0364;cks &#x017F;chon gewiß zu &#x017F;eyn, ich<lb/>
machte hundert Entwu&#x0364;rfe, ich dankte Waterloo<lb/>
wie ein entzu&#x0364;ckter Liebhaber, ich &#x017F;chwur, daß ich<lb/>
ihn mehr als meinen Vater, oder jeden andern<lb/>
Men&#x017F;chen liebe. &#x2014; Meine Zuneigung fu&#x0364;r Lady<lb/>
Milford fing &#x017F;ich itzt an o&#x0364;ffentlicher zu zeigen,<lb/>
ich war weniger &#x017F;cheu und zuru&#x0364;ckhaltend, meine<lb/>
Liebe ward erwiedert, ich war der glu&#x0364;cklich&#x017F;te<lb/>
Men&#x017F;ch unter der Sonne.</p><lb/>
          <p>Plo&#x0364;tzlich ward meine Freude durch einen<lb/>
Schlag unterbrochen, der fu&#x0364;r mich de&#x017F;to &#x017F;chreck-<lb/>
licher war, je weniger ich ihn erwartet hatte.<lb/>
Ich erhielt an einem Morgen ein Billet vom<lb/>
Lord Milford, worinn er mich in wenigen Wor-<lb/>
ten bat, ich mo&#x0364;chte ku&#x0364;nftig aus Ur&#x017F;achen, die<lb/>
er mir itzt nicht deutlich machen ko&#x0364;nne, &#x017F;ein<lb/>
Haus vermeiden. &#x2014; Ich &#x017F;tand lange wie be-<lb/>
ta&#x0364;ubt, ich konnte mich kaum von der Wirklich-<lb/>
keit de&#x017F;&#x017F;en, was ich las, u&#x0364;berzeugen. Ich &#x017F;uch-<lb/>
te hundert Ur&#x017F;achen zu <choice><sic>entdeckeu</sic><corr>entdecken</corr></choice>, die die&#x017F;en<lb/>
Schritt hervorgebracht ha&#x0364;tten, aber keine war<lb/>
befriedigend; ich ritt eilig&#x017F;t nach dem Landgute<lb/>
Milfords, um mit ihm &#x017F;elber zu &#x017F;prechen, um<lb/>
mir dies Ra&#x0364;th&#x017F;el erkla&#x0364;ren zu la&#x017F;&#x017F;en, aber ich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252[250]/0260] mit vielen Lobeserhebungen ſpreche. — Ich glaubte meines Gluͤcks ſchon gewiß zu ſeyn, ich machte hundert Entwuͤrfe, ich dankte Waterloo wie ein entzuͤckter Liebhaber, ich ſchwur, daß ich ihn mehr als meinen Vater, oder jeden andern Menſchen liebe. — Meine Zuneigung fuͤr Lady Milford fing ſich itzt an oͤffentlicher zu zeigen, ich war weniger ſcheu und zuruͤckhaltend, meine Liebe ward erwiedert, ich war der gluͤcklichſte Menſch unter der Sonne. Ploͤtzlich ward meine Freude durch einen Schlag unterbrochen, der fuͤr mich deſto ſchreck- licher war, je weniger ich ihn erwartet hatte. Ich erhielt an einem Morgen ein Billet vom Lord Milford, worinn er mich in wenigen Wor- ten bat, ich moͤchte kuͤnftig aus Urſachen, die er mir itzt nicht deutlich machen koͤnne, ſein Haus vermeiden. — Ich ſtand lange wie be- taͤubt, ich konnte mich kaum von der Wirklich- keit deſſen, was ich las, uͤberzeugen. Ich ſuch- te hundert Urſachen zu entdecken, die dieſen Schritt hervorgebracht haͤtten, aber keine war befriedigend; ich ritt eiligſt nach dem Landgute Milfords, um mit ihm ſelber zu ſprechen, um mir dies Raͤthſel erklaͤren zu laſſen, aber ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/260
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 252[250]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/260>, abgerufen am 01.11.2024.