meistert, ich fühlte Konvulsionen durch meinen Körper zucken, mein Blut siedete und meine Zähne knirschten. Milford war gelassen genug, mich austoben zu lassen; dann nahm er das Wort:
Sie sehn, sagte er kalt, wie ich Ihren wahn- sinnigen Ungestüm erdulde, und meine Nachgie- giebigkeit macht sie vielleicht so frech. -- Sie sind mir überhaupt ein Räthsel. -- Welches Recht haben Sie auf meine Tochter? -- Sie lieben sie, wie Sie sagen, aber dieser Ausdruck reicht nicht hin, meine Einwilligung zu erzwin- gen: und dennoch kommen Sie mit der Wild- heit eines Verrückten zurück, ob Sie gleich recht gut wissen, daß Sie sich durch hundert Nieder- trächtigkeiten einer Verbindung mit meiner Fa- milie unwürdig gemacht haben.
Niederträchtigkeiten? schrie ich auf und riß den Degen aus der Scheide.
Nicht also! rief Milford mit einem kalten Grimme, lassen wir diese Spiegelfechterei, ich kann Ihnen Beweise geben.
Und nun fing er an, mir ein Register von Bosheiten, die ich verübt haben sollte, vorzule- gen. Das meiste war gänzlich erdichtet, oder
meiſtert, ich fuͤhlte Konvulſionen durch meinen Koͤrper zucken, mein Blut ſiedete und meine Zaͤhne knirſchten. Milford war gelaſſen genug, mich austoben zu laſſen; dann nahm er das Wort:
Sie ſehn, ſagte er kalt, wie ich Ihren wahn- ſinnigen Ungeſtuͤm erdulde, und meine Nachgie- giebigkeit macht ſie vielleicht ſo frech. — Sie ſind mir uͤberhaupt ein Raͤthſel. — Welches Recht haben Sie auf meine Tochter? — Sie lieben ſie, wie Sie ſagen, aber dieſer Ausdruck reicht nicht hin, meine Einwilligung zu erzwin- gen: und dennoch kommen Sie mit der Wild- heit eines Verruͤckten zuruͤck, ob Sie gleich recht gut wiſſen, daß Sie ſich durch hundert Nieder- traͤchtigkeiten einer Verbindung mit meiner Fa- milie unwuͤrdig gemacht haben.
Niedertraͤchtigkeiten? ſchrie ich auf und riß den Degen aus der Scheide.
Nicht alſo! rief Milford mit einem kalten Grimme, laſſen wir dieſe Spiegelfechterei, ich kann Ihnen Beweiſe geben.
Und nun fing er an, mir ein Regiſter von Bosheiten, die ich veruͤbt haben ſollte, vorzule- gen. Das meiſte war gaͤnzlich erdichtet, oder
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0266"n="258[256]"/>
meiſtert, ich fuͤhlte Konvulſionen durch meinen<lb/>
Koͤrper zucken, mein Blut ſiedete und meine<lb/>
Zaͤhne knirſchten. Milford war gelaſſen genug,<lb/>
mich austoben zu laſſen; dann nahm er das<lb/>
Wort:</p><lb/><p>Sie ſehn, ſagte er kalt, wie ich Ihren wahn-<lb/>ſinnigen Ungeſtuͤm erdulde, und meine Nachgie-<lb/>
giebigkeit macht ſie vielleicht ſo frech. — Sie<lb/>ſind mir uͤberhaupt ein Raͤthſel. — Welches<lb/>
Recht haben Sie auf meine Tochter? — Sie<lb/>
lieben ſie, wie Sie ſagen, aber dieſer Ausdruck<lb/>
reicht nicht hin, meine Einwilligung zu erzwin-<lb/>
gen: und dennoch kommen Sie mit der Wild-<lb/>
heit eines Verruͤckten zuruͤck, ob Sie gleich recht<lb/>
gut wiſſen, daß Sie ſich durch hundert Nieder-<lb/>
traͤchtigkeiten einer Verbindung mit meiner Fa-<lb/>
milie unwuͤrdig gemacht haben.</p><lb/><p>Niedertraͤchtigkeiten? ſchrie ich auf und riß<lb/>
den Degen aus der Scheide.</p><lb/><p>Nicht alſo! rief Milford mit einem kalten<lb/>
Grimme, laſſen wir dieſe Spiegelfechterei, ich<lb/>
kann Ihnen Beweiſe geben.</p><lb/><p>Und nun fing er an, mir ein Regiſter von<lb/>
Bosheiten, die ich veruͤbt haben ſollte, vorzule-<lb/>
gen. Das meiſte war gaͤnzlich erdichtet, oder<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[258[256]/0266]
meiſtert, ich fuͤhlte Konvulſionen durch meinen
Koͤrper zucken, mein Blut ſiedete und meine
Zaͤhne knirſchten. Milford war gelaſſen genug,
mich austoben zu laſſen; dann nahm er das
Wort:
Sie ſehn, ſagte er kalt, wie ich Ihren wahn-
ſinnigen Ungeſtuͤm erdulde, und meine Nachgie-
giebigkeit macht ſie vielleicht ſo frech. — Sie
ſind mir uͤberhaupt ein Raͤthſel. — Welches
Recht haben Sie auf meine Tochter? — Sie
lieben ſie, wie Sie ſagen, aber dieſer Ausdruck
reicht nicht hin, meine Einwilligung zu erzwin-
gen: und dennoch kommen Sie mit der Wild-
heit eines Verruͤckten zuruͤck, ob Sie gleich recht
gut wiſſen, daß Sie ſich durch hundert Nieder-
traͤchtigkeiten einer Verbindung mit meiner Fa-
milie unwuͤrdig gemacht haben.
Niedertraͤchtigkeiten? ſchrie ich auf und riß
den Degen aus der Scheide.
Nicht alſo! rief Milford mit einem kalten
Grimme, laſſen wir dieſe Spiegelfechterei, ich
kann Ihnen Beweiſe geben.
Und nun fing er an, mir ein Regiſter von
Bosheiten, die ich veruͤbt haben ſollte, vorzule-
gen. Das meiſte war gaͤnzlich erdichtet, oder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 258[256]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/266>, abgerufen am 01.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.