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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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20.
Rosa an William Lovell.


Seitdem ich Ihren Brief erhalten habe, thut
es mir mehr leid als je, daß ich mit dem me-
lancholischen Balder hiehergereist bin: ich werde
so schnell als möglich zurückkommen. Er wird
mit jedem Tage finstrer und verschlossener, eine
seltsame Art von Schwärmerei scheint seinen
Geist in einer unaufhörlichen Spannung zu er-
halten. Sie werden wissen, daß bei ihm die
gewöhnlichen Zerstreuungen und Freuden des
Lebens übel angebracht sind, sie dienen nur, sei-
ner Laune einen noch finstrern Anstrich zu ge-
ben. -- Ist es nicht kindisch, sich selbst und
der ganzen Natur deswegen zu fluchen, weil
nicht alles so ist, wie wir es mit unsern be-
schränkten Sinnen fordern? -- Aber ich kenne
auch die Reize, die diese Schwärmerei uns an-
fangs gewährt; wir ahnden eine Vertraulichkeit
mit Geistern, die uns entzückt, die Seele ba-
det sich im reinsten Glanze des Aethers und ver-

20.
Roſa an William Lovell.


Seitdem ich Ihren Brief erhalten habe, thut
es mir mehr leid als je, daß ich mit dem me-
lancholiſchen Balder hiehergereiſt bin: ich werde
ſo ſchnell als moͤglich zuruͤckkommen. Er wird
mit jedem Tage finſtrer und verſchloſſener, eine
ſeltſame Art von Schwaͤrmerei ſcheint ſeinen
Geiſt in einer unaufhoͤrlichen Spannung zu er-
halten. Sie werden wiſſen, daß bei ihm die
gewoͤhnlichen Zerſtreuungen und Freuden des
Lebens uͤbel angebracht ſind, ſie dienen nur, ſei-
ner Laune einen noch finſtrern Anſtrich zu ge-
ben. — Iſt es nicht kindiſch, ſich ſelbſt und
der ganzen Natur deswegen zu fluchen, weil
nicht alles ſo iſt, wie wir es mit unſern be-
ſchraͤnkten Sinnen fordern? — Aber ich kenne
auch die Reize, die dieſe Schwaͤrmerei uns an-
fangs gewaͤhrt; wir ahnden eine Vertraulichkeit
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det ſich im reinſten Glanze des Aethers und ver-

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[299[297]/0307] 20. Roſa an William Lovell. Neapel. Seitdem ich Ihren Brief erhalten habe, thut es mir mehr leid als je, daß ich mit dem me- lancholiſchen Balder hiehergereiſt bin: ich werde ſo ſchnell als moͤglich zuruͤckkommen. Er wird mit jedem Tage finſtrer und verſchloſſener, eine ſeltſame Art von Schwaͤrmerei ſcheint ſeinen Geiſt in einer unaufhoͤrlichen Spannung zu er- halten. Sie werden wiſſen, daß bei ihm die gewoͤhnlichen Zerſtreuungen und Freuden des Lebens uͤbel angebracht ſind, ſie dienen nur, ſei- ner Laune einen noch finſtrern Anſtrich zu ge- ben. — Iſt es nicht kindiſch, ſich ſelbſt und der ganzen Natur deswegen zu fluchen, weil nicht alles ſo iſt, wie wir es mit unſern be- ſchraͤnkten Sinnen fordern? — Aber ich kenne auch die Reize, die dieſe Schwaͤrmerei uns an- fangs gewaͤhrt; wir ahnden eine Vertraulichkeit mit Geiſtern, die uns entzuͤckt, die Seele ba- det ſich im reinſten Glanze des Aethers und ver-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 299[297]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/307>, abgerufen am 23.11.2024.