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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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37.
Rosaline an Anthonio.

Und warum wurdest Du denn nun doch so ver-
drießlich, als ich gestern das Liedchen sang? --
Was willst Du von mir? -- Seh ich Dich nicht
gern kommen und ungern fortgehen? Denk' ich
nicht fleißig an Dich? Hab' ich nicht gestern
die versprochenen Küsse gewissenhaft abbezahlt,
und sogar noch einige, ich weiß nicht wie viel,
mehr gegeben? Was kannst Du denn noch ver-
langen? -- Aber Du machst mich immer mit
traurig, und ich weiß gar nicht, was ich Dir
zu Gefallen thun kann; Dir ist nichts recht,
und Du weißt gewiß selbst nicht, was Du
willst. -- Siehst Du, ich kann auch einmal
böse werden, aber gewiß nur jetzt, nicht, wenn
ich Dich vor mir sehe, dann hab' ich alles ver-
gessen, worüber ich klagen könnte.

Meine Mutter hat heute schon ein ernsthaf-
tes Gespräch mit mir gehabt, ich soll nicht so
viel bey Dir seyn, hat sie gesagt. Ich seh aber
nicht, warum. Sie ist alt und ein wenig ei-
gensinnig, fast so ein Gemüth, wie Dein Va-

37.
Roſaline an Anthonio.

Und warum wurdeſt Du denn nun doch ſo ver-
drießlich, als ich geſtern das Liedchen ſang? —
Was willſt Du von mir? — Seh ich Dich nicht
gern kommen und ungern fortgehen? Denk’ ich
nicht fleißig an Dich? Hab’ ich nicht geſtern
die verſprochenen Kuͤſſe gewiſſenhaft abbezahlt,
und ſogar noch einige, ich weiß nicht wie viel,
mehr gegeben? Was kannſt Du denn noch ver-
langen? — Aber Du machſt mich immer mit
traurig, und ich weiß gar nicht, was ich Dir
zu Gefallen thun kann; Dir iſt nichts recht,
und Du weißt gewiß ſelbſt nicht, was Du
willſt. — Siehſt Du, ich kann auch einmal
boͤſe werden, aber gewiß nur jetzt, nicht, wenn
ich Dich vor mir ſehe, dann hab’ ich alles ver-
geſſen, woruͤber ich klagen koͤnnte.

Meine Mutter hat heute ſchon ein ernſthaf-
tes Geſpraͤch mit mir gehabt, ich ſoll nicht ſo
viel bey Dir ſeyn, hat ſie geſagt. Ich ſeh aber
nicht, warum. Sie iſt alt und ein wenig ei-
genſinnig, faſt ſo ein Gemuͤth, wie Dein Va-

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[153/0159] 37. Roſaline an Anthonio. Und warum wurdeſt Du denn nun doch ſo ver- drießlich, als ich geſtern das Liedchen ſang? — Was willſt Du von mir? — Seh ich Dich nicht gern kommen und ungern fortgehen? Denk’ ich nicht fleißig an Dich? Hab’ ich nicht geſtern die verſprochenen Kuͤſſe gewiſſenhaft abbezahlt, und ſogar noch einige, ich weiß nicht wie viel, mehr gegeben? Was kannſt Du denn noch ver- langen? — Aber Du machſt mich immer mit traurig, und ich weiß gar nicht, was ich Dir zu Gefallen thun kann; Dir iſt nichts recht, und Du weißt gewiß ſelbſt nicht, was Du willſt. — Siehſt Du, ich kann auch einmal boͤſe werden, aber gewiß nur jetzt, nicht, wenn ich Dich vor mir ſehe, dann hab’ ich alles ver- geſſen, woruͤber ich klagen koͤnnte. Meine Mutter hat heute ſchon ein ernſthaf- tes Geſpraͤch mit mir gehabt, ich ſoll nicht ſo viel bey Dir ſeyn, hat ſie geſagt. Ich ſeh aber nicht, warum. Sie iſt alt und ein wenig ei- genſinnig, faſt ſo ein Gemuͤth, wie Dein Va-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/159>, abgerufen am 21.11.2024.